Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)
auf der anderen Seite das Sternenbanner der Vereinigten Staaten. Der Reisende hörte Englisch, Französisch, Chippewa oder ein Gemisch aus allen drei Sprachen. Die Pelzhändler und Waldläufer heute unterschieden sich vermutlich nur gering von den Trappern, die die Siedlung vor zwei Jahrhunderten gegründet hatten. In Fell und Lederhäute gekleidet saßen sie in der düsteren, überfüllten Taverne und tranken mit den Geschäftsleuten aus den großen Städten wie Milwaukee, Detroit, Duluth und Cleveland.
Die Huren waren so freundlich wie immer, und Tom waren ihre weichen liebevollen Arme nicht fremd. Dieses Mal jedoch ging er mit einem Augenzwinkern und einem Winken an ihnen vorbei. Vor einer alten Frau blieb er stehen und drückte ihr ein paar Kupfermünzen in die zitternde Hand. Die Chippewas hatten sich nur widerwillig mit dem Ansturm von Minenarbeitern, Holzfällern und Fischern auf die Gegend an den Stromschnellen abgefunden. Fisch in den Stromschnellen zu fangen, wilden Reis in den Marschen zu sammeln und der Transport von Pelzen über die Wasserstrudel hatte ihnen jahrhundertelang ein gutes Auskommen beschert. Großzügige Versorgung mit Whiskey bekam ihnen weit weniger.
Martin Eagle hatte den Handel stets dem Trinken vorgezogen. Er war Besitzer des gut gehenden Ladens, den Tom soeben betreten hatte, war ein gewiefter Geschäftsmann und wollte wenig mit den Männern zu tun haben, die über den Gehsteig draußen torkelten und sich übergaben. Er grüßte Tom mit einem herzlichen Nicken. „Auf dem Rückweg zur Insel?“, erkundigte er sich.
Tom nickte. „Ich brauche ein paar Sachen.“
„Wird nicht lange dauern, bis der See zufriert“, bemerkte Eagle, während Tom eine große Holzkiste auf die verkratzte Holztheke stellte.
„Das ist Tatsache.“ Er listete die gewohnte Bestellung an Vorräten auf – Mehl, Salz, Kaffee, Bohnen und Öl. Tom legte auch noch frische Äpfel und einen Laib Käse dazu. „Ich brauche Seife“, teilte er Martin Eagle mit. „Und ein Rasiermesser samt Streichriemen“, fügte er noch hinzu, rieb sich die bärtigen Wangen.
Eagle reichte ihm ein in Pergament gewickeltes Stück öliger Laugenseife. Tom zögerte, dann gab er es zurück. „Äh, hast du nicht etwas, das ein bisschen besser riecht?“
Der andere zuckte die Achseln und warf ihm ein rundes Seifenstück zu, das nach Flieder duftete. „Das stellt eine nette kanadische Dame her.“
„Sind das Bettbezüge?“, fragte Tom und deutete auf einen Stapel zusammengelegter Laken auf einem Regal.
„Ja.“ Der Ladenbesitzer reichte ihm ein Paar. „Ein Federbett gehört auch noch dazu.“
„Ein Federbett?“
„Du weißt schon, wie eine Matratze.“
„Eine echte Matratze“, murmelte Tom halblaut vor sich hin.
„Was?“
„Nichts. Ich nehme die Bezüge und die Federmatratze.“
Während Eagle ein Stück Zeitung ausrollte, um alles einzupacken, schaute Tom sich im Laden um. „Was ist das hier?“, fragte er und hielt ein zartes Kleidungsstück zwischen Daumen und Zeigefinger in die Höhe.
„Damenunterwäsche, ein Paar Unaussprechliche“, erklärte Eagle. „Echter Batist und Spitze.“
„Das nehme ich ebenfalls.“
Martin Eagle grinste vieldeutig. „Schaffst du Vorräte für eine Braut an, Tom Silver?“
„Himmel, nein.“ Tom spürte, wie sein Hals und seine Ohren ganz rot wurden. „Hab einen Passagier an Bord der Suzette . Einen weiblichen Passagier“, ergänzte er noch. „Dachte, ein paar neue Kleidungsstücke könnten da gelegen kommen.“
Eagles Grinsen wurde breiter, entblößte Zähne in verschiedenen Stadien der Fäulnis. „Warum, zur Hölle, hast du das nicht gleich gesagt?“ Der winzige Mann machte einen Schritt nach hinten und verschränkte die Arme vor der Brust. „Du hast keine Ahnung, was eine Frau so alles braucht, nicht wahr?“
Tom deutete auf die Kiste. „Seife, Leinen, Unaussprechliche. Was sollte sie sonst noch benötigen?“
Eagle starrte ihn kurz mit offenem Mund an, dann brach er in hektische Geschäftigkeit aus, nahm Handschuhe und einen Hut, ein paar einfache Kleider von der Stange und ein paar bauschige weiße Dinge, deren Zweck Tom sich nicht denken konnte. „Das Zeug brauche ich nicht alles“, erklärte er. „Es ist ja nur vorübergehend.“
„Vielleicht. Aber der Stolz einer Frau währt ewig.“ Martin Eagle bereitete es sichtlich Vergnügen, Tom mit Dutzenden von damenhaften Dingen auszustatten.
Tom hatte nicht den blassesten Schimmer, wofür die meisten der
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