Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)
unter Kontrolle zu bringen. Da war die ganze Nachbarschaft schon ein Flammenmeer gewesen, der Weg zurück zu seinem Haus unpassierbar.
Das alles berichtete er Pinkerton mit flacher, ausdrucksloser Stimme.
„Also haben Sie sie zuletzt hier in der Gasse hinter dem Haus gesehen. Und der einzige andere Zeuge war der Plünderer.“
Wieder dieses eisige Brennen in seinem Herzen. Er starrte auf seine Schuhe. Feiner grauer Staub überzog sie, lag auch in den Falten seiner Hosen und dem Umschlag am Saum unten. „Er war kein …“ Sinclair brach ab. Wie viel sollte er verraten? „Er behauptete, er stamme aus dem Norden. Isle Royale im Lake Superior. Ich hatte letzten Sommer versucht, dort oben eine Kupfermine zu eröffnen, aber es endete in einem tragischen Malheur.“
„Einem Malheur.“
„Es gab eine Explosion, die als Unfall bewertet wurde. Ich denke, der Mann mit der Waffe …“
„Er hatte eine Waffe?“
„Schien auf Rache aus zu sein. Es war nicht wirklich Zeit …“ Wieder unterbrach er sich, war entsetzt über das Zittern in seiner Stimme. „Ich will, dass sie gefunden wird“, erklärte abschließend. „Heute noch.“
„Sir, ich würde mir gerne die Personenbeschreibung Ihrer Tochter notieren“, sagte Price Foster und zog ein Stück Papier aus seiner Tasche und einen Bleistiftstumpf.
„Ich habe dies hier vom Haus am See mitgebracht.“ Arthur reichte ihm eine kleine Fotografie von Deborah auf einem rüschenbehängten Hocker und mit einem albernen Porzellanmops neben sich. Der Maler, der später daraus ein Ölgemälde gefertigt hatte, hatte Hund und Mädchen echt und natürlich wirken lassen. Arthur fiel auf, dass Deborah auf dem Bild so steif und leblos aussah wie die Hundestatue.
Aber ihre Schönheit ließ sich nicht leugnen; er konnte das an Fosters Reaktion erkennen. Alle reagierten so auf Deborah – ein Moment intensiver, erstaunter Bewunderung, wie man sie vielleicht beim Anblick der ersten Rose des Sommers empfand.
Arthur sann über seine letzte Unterhaltung mit seiner Tochter nach. Es war nicht nötig, ihren Streit hier vor diesem Fremden auszubreiten. Trotz der Augenklappe hatte Foster etwas an sich, eine gewisse Scharfsinnigkeit, als könnte er Gedanken lesen. „Manchmal möchten Leute, die verschwinden“, erklärte er sachlich, „nicht gefunden werden.“
„Das ist hier nicht der Fall“, erwiderte Arthur barsch. Dennoch verfolgte ihn Deborahs Bedrücktheit in der Nacht, in der sie ihn gebeten hatte, die Verlobung mit Philip zu lösen.
Während Foster ihn weiter befragte und sich dabei Notizen machte, kam eine Kutsche schaukelnd vor dem schmiedeeisernen Tor zum Stehen. Philip Ascot stieg aus und kam mit langen Schritten näher. Er war makellos gekleidet, seine Frisur akkurat. Es war, als ob das Feuer jemandem wie ihm nichts hatte anhaben können.
Arthur blickte den Mann an und sah alles, was er sich für seine Tochter wünschte – einen Aristokraten. Einen Gentleman aus einer der ältesten Siedlerfamilien, dem einfach kein Missgeschick zustieß. Ascot hatte nie einen Tag erlebt, an dem es ihm an etwas gemangelt hätte. Nicht den magenkrampfenden Hunger eines Waisenkindes, das die Küchenabfälle hinter dem Haus eines reichen Mannes nach etwas Essbarem durchsuchte, oder die beißende Kälte einer Januarnacht, die es zusammengekauert in einem Holzverschlag verbrachte. Ihm war der dunkle Fleck, der wie ein Schatten auf Arthurs Seele lag, fremd. Aber Arthur konnte ihm nicht entkommen, egal, wie viel Geld er dafür ausgab, seine Vergangenheit zu vergolden. Mit einem Mann wie Ascot würde Deborahs Leben voller Licht, Freude und Leichtigkeit sein, etwas, das Arthur ihr nie würde geben können. Gütiger Himmel. Was sollte er Ascot nur sagen?
„Ich habe sie gesehen“, sagte Philip. „Ich habe gesehen, was passiert ist.“
Während er von dem Vorfall in Lincoln Park berichtete, fraß sich das eisige Feuer weiter in Arthurs Brust, brannte dort mit einem heftigen, stetigen Schmerz.
11. KAPITEL
D ie uralten Holzbalken des Forts aus den Anfängen der Siedlung erhoben sich wie eine Staketenreihe vor dem sich verdunkelnden bernsteinfarbenen Himmel. Tom eilte über den Holzbohlengehsteig und grüßte ab und an, wenn er ein bekanntes Gesicht erspähte. Seit er den Handelsposten auf Isle Royale eröffnet hatte, hatte er einiges an Geschäften hier in Sault Sainte Marie abgeschlossen. Es war eine vielsprachige Grenzstadt, über der auf der einen Seite die rote Flagge Kanadas wehte und
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