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Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Titel: Istanbul: Ein historischer Stadtführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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Süleymân Beg. Und in alle seine Länder sandte er Boten mit dem Aufruf: «Wer Lust hat, soll kommen und zu Istanbul Häuser, Weinberge und Gärten in Besitz nehmen!» Und er beteiligte jeden, der da kam. Die Stadt war aber damit noch nicht wieder bevölkert. Nunmehr erließ der Großherr den Befehl, aus jedem Lande Familien herbeizuschaffen, arme wie reiche. Zu den Kadi und
Subaşi
jedes Gebietes wurden Knechte mit diesem Befehl entsandt, und diese hoben der Weisung entsprechend zahllose Familien aus und brachten sie herbei. Auch diesen wurden Häuser gegeben, und nunmehr begann sich die Stadt zu bevölkern.
    Auf die Häuser, die man diesen Leuten gegeben hatte, legte man dann einen Pachtzins, und das kam die zugewanderten Bewohner hart an. Sie sagten:«Habt ihr uns aus unserem Besitz ausgehoben und hierher gebracht, nur damit wir für diese Giaurenhäuser hier Miete bezahlen sollen?» Und viele ließen Weib und Kind im Stich und machten sich wieder davon. Sultan Mehmed hatte einen Knecht, der war Kula Şahin geheißen und hatte schon seinem Vater und seinem Ahn gedient. Dieser sagte zum Großherm: «Ei, mein glorreicher Sultan, dein Vater und dein Ahn haben so viele Länder erobert, aber in keinem haben sie einen Pachtzins eingeführt! Das ist auch deiner nicht würdig, mein Sultan.»
    Der Großherr gab ihm Gehör und hob den Pachtzins auf. Er ließ den Befehl ergehen: «Jedes Haus, das ihr vergebt, soll als freier Besitz gelten.» Fortan verlieh man zu jedem Haus, das vergeben wurde, eine Besitzurkunde, und die Bewohner verfügten darüber als ihr Eigentum. Als dies so gehandhabt wurde, begann die Stadt wieder aufzublühen. Man ging daran, Moscheen zu errichten, die einen bauten Derwischklöster und die anderen Eigenhäuser, und die Stadt erlangte wieder ihren früheren Zustand.
    Mehmed II. hatte zunächst den griechischstämmigen «Rum» Mehmed Pascha, der 1468/69 seinen Rivalen Mahmûd Pascha ablöste, mit der Besteuerung der Immobilien der Neusiedler beauftragt. Der Chronist sieht darin eine Finte, mit welcher der Großwesir seine griechischen Landsleute für die Einnahme der Stadt rächen will:
    Dann kam zum Großherrn ein neuer Wesir, der der Sohn eines Giauren war, und gewann des Großherm höchstes Vertrauen. Der Vater und die Freunde dieses Wesirs waren lauter Giauren, die seit altersher in Istanbul ansässig waren. Sie kamen nun zu ihm und sagten: «He, was tut ihr? Diese Türken haben die Stadt wieder zur Blüte gebracht! Hast du denn gar keine Ehre? Die Heimat deines Vaters und unsere Heimat haben sie uns da weggenommen und schalten und walten darin vor unseren Augen. Du bist doch der Vertraute des Großherrn; setze also alles daran, daß die Leute davon ablassen, diese Stadt wieder zu bevölkern – dann bleibt sie wie früher in unserer Hand!»
    Befriedigt schließt Aşikpaşa-Zâde mit dem Hinweis, dass Mehmed II. seinen Wesir später «wie einen Hund» erwürgen ließ. Von Rum Mehmed Pascha stammt die weithin sichtbare Moschee oberhalb von Üsküdar. In ihrer Verbindung von byzantinischen und altosmanischen Motiven ist sie ein sprechendes Denkmal ihres Stifters (1471/72).
Legenden um die Entstehung der Hagia Sophia
    Nachdem die Osmanen im Besitz der Hagia Sophia waren, erzählte man sich Berichte über ihren Ursprung, die z.T. schon in byzantinischer Zeit bekannt waren. Am Anfang der anonymen Chronik steht eine typische Baumeistersage, nach der Konstantin einen genialen Architekten aus dem Frankenland berufen hatte, der den Bau bis auf die große Kuppel ausführte, dann aber auf Nimmerwiedersehen verschwand. Als er nach achtzehn Jahren zurückkehrte, ist der Kaiser erwartungsgemäß sehr zornig:
    «He, du Mensch, wenn du nicht einen derartigen Bau zu Ende führen konntest, warum hast du mich so viel Geld ausgeben und so viel Mühe darauf verwenden lassen?» Der Meister sagte: «Padischah, ich bin nicht deswegen gegangen, weil ich diesen Bau nicht ausführen konnte, sondern der Grund meines Weggehens war der, daß du, wenn ich damals nicht gegangen wäre, ohne Aufschub’ mich die Kuppel hättest bauen lassen, bevor sich der Bau gesenkt hätte, und weil dann der Bau, bevor er sich gesenkt hätte, eingestürzt und zerstört wäre, und meine Kunst und dein Geld vergeblich gewesen wären. Ich bin deswegen gegangen, daß der Bau sich erst ordentlich senke und daß ich dann die Kuppel vollende. Wenn du mir nicht glaubst, komm, daß ich es dir zeige.» Sie gingen sofort hin und sahen, daß er (der Bau)

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