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Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Istanbul: Ein historischer Stadtführer

Titel: Istanbul: Ein historischer Stadtführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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sich, wie der Baumeister gesagt hatte, vier bis fünf Ellen gesenkt hatte. Da gab man dem Meister Ehrenkleider und lobte ihn.
    Dem Verfasser der Chronik war daran gelegen zu zeigen, dass die damaligen Padischahs bei ihren Bauwerken der Bevölkerung keine ungerechten Lasten aufbürdeten. Hier erkennen wir eine offene Kritik an den erzwungenen Bauleistungen für Mehmed II.
    Damals ließ man nicht mit Bedrückung bauen, alles wurde mit Bezahlung gearbeitet. Wenn man jetzt einen Bau machen wollte, würde man aus den Ländern und Städten Geld ansammeln und ebenso Baumeister und Arbeiter aus den Ländern mit Gewalt verpflanzen, und keiner von den Hingehenden, sei es ein Baumeister oder Schüler, geht wieder weg (kommt in seine Heimat zurück). Dem Baumeister und dem Arbeiter gibt man Material und Geld angeblich für drei Monate und läßt sie fünf bis sechs Monate arbeiten, damit man dann aus den Untertanen mit Zwang das Geld heraushole und damit Baumeister und Arbeiter mit Gewalt exiliert werden.
    Plan 1:
Lageplan der Hagia Sophia. A = Baptisterium mit Grablegen von Mustafâ I. und İbrâhîm; B = Türbe Mehmeds III.; C = Türbe Selîms II.; D = Türbe Murâds III.; E = Prinzen-Türbe; F = Muvakkithane; H = Bibliothek Mahmûds I.
    Die Legende von der Hagia Sophia enthält auch den Topos vom Stocken des Baufortschritts aus Geldmangel. Ein Heiliger weist dem Baumeister einen verborgenen Schatz und verschwindet dann am Fuß einer Marmorsäule.
    Jetzt reiben sich die Besucher entweder an der Säule oder kratzen mit einem Messer etwas davon ab, da sie glauben, daß jene Säule Wunderkraft hat. Da man sah, daß sie jene Säule zerstören würden, bedeckte man die Säule mit Bronze. Noch jetzt ist die Säule mit Bronze bedeckt. Einige sagen, jener Heilige sei der Prophet Circis (Georg) gewesen. Wenn jemand irgendwo einen Schmerz hat, so reibt er noch jetzt die schmerzende Stelle an jener Säule und findet Heilung.
    Die wichtigsten Bauteile der Hagia Sophia stammen nach unserem Bericht aus den Palästen, die der Prophet Salomon in Jerusalem und Aydıncık durch die ihm dienenden Riesen hatte bauen lassen. «Denn wenn man sagt, dass außer den Riesen niemand die Marmorsteinbrüche kennt, so ist das richtig.» Der Chronist setzt sich an dieser Stelle mit einer Behauptung seiner Zeitgenossen auseinander, die Porphyrsäulen der Kirche seien künstlich gemacht.
    Sie berichten folgendermaßen: In früherer Zeit machte man für jede Säule, wie man sie haben wollte, eine Form und goß Wasser hinein und gab von der Farbe, die man haben wollte, dem Wasser zu. Es gab auch ein Kraut, das legte man ins Wasser. Das Wasser gefror und so entstand Marmor. Wenn dies eine Erklärung wäre, dann müßte auch jetzt ein Mensch vorhanden sein, der diese Kunst verstände. Denn was für Künste auch in den früheren Zeiten ausgeübt wurden, so gibt es heute Leute, die sie verstehen, aber einen Menschen, der die Kunst verstünde, Marmor zu gießen, gibt es nicht. Daraus ist klar, daß diese Rede Unsinn ist … Aber es ist verständlich und tatsächlich, daß der Prophet Salomon sie durch die Riesen hat bringen lassen. Wenn man sagt, die Riesen können alles, so ist das richtig und der Verstand läßt das auch gelten. Danach zerbrach man die
Köşks
und Gebäude, die der Prophet Salomon durch die Riesen hatte bauen lassen, und holte die darin befindlichen wunderbaren Marmorstücke und Säulen bis auf die beschädigten und erbaute (damit) die Aya Sofya.

II.
Die Stadt
und ihre Bevölkerung
    Wenn die Bevölkerung der heutigen Zehnmillionen-Stadt Istanbul zwischen den Volkszählungen nicht genauer als mit Plus-Minus-Hunderttausend erfasst werden kann, erwartet niemand exakte Angaben für die osmanischen Jahrhunderte. Tatsächlich hat in der Vergangenheit niemand das Bedürfnis empfunden, Einwohner zu zählen. Dagegen waren die Behörden an der Erfassung aller steuerpflichtigen Haushalte und Personen interessiert. So sind die kopfsteuerpflichtigen Juden und Christen oft besser dokumentiert als die muslimische Mehrheit. Brauchbare Zahlen für die Bevölkerung Istanbuls gibt es für das späte 15. und frühe 16. Jahrhundert. Für die Zeit zwischen 1550 und 1850 sind nur Schätzungen möglich. Danach haben wir wieder sehr genaue Werte, die es sogar erlauben, die einzelnen Altersgruppen zu unterscheiden.
Haushaltszahlen
    Ein Zensus, der 25 Jahre nach der Eroberung veranstaltet wurde (1478), erfasste die Haushalte von Istanbul und Galata. Wenn man bei einer

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