Italienische Märchen
ein Mensch mit einem schönen lackierten Gesicht, und der Vater hat mir selbst diese Puppen verboten.«
Während Gackeleia so in schweren Puppensorgen auf ihrer Rasenbank saß, hörte sie auf einmal eine angenehme, summende, aber sehr leise Musik ganz nahe hinter ihr vor dem Garten, der an einem Feldweg lag. Da guckte sie durch die Blätter und sah etwas gar Kurioses. Dicht vor dem Gitter saß ein Mann in einem schwarzen Mantel ohne Kopf an der Erde zusammengehuckt, und unter dem Mantel hervor schnurrte die Musik. Gackeleia legte sich ganz dicht an die Erde, um zu sehen, wo nur in aller Welt die feine Musik herkomme, und wie war sie erstaunt, als sie da unten ein Paar allerliebste Puppenbeinchen in himmelblauen, mit Silber gestickten Pantoffelchen ganz im Takte der Musik herumschnurren sah! Sie wußte gar nicht, was sie vor Neugierde, die Puppe ganz zu sehen, anfangen sollte. Oft war sie im Begriff, die Hand durchs Gitter zu stecken und den schwarzen Mantel ein wenig aufzuheben, aber die Furcht, weil sie an dieser Gestalt keinen Kopf sah, hielt sie immer wieder zurück. Endlich brach sie sich eine lange Weidenrute ab, steckte sie durch das Gitter und lüftete den Mantel ein wenig. Da schnurrte eine wunderschöne Puppe in den artigsten Kleidern, wie eine Gärtnerin geputzt, unter dem Mantel hervor und rannte grade auf das Gitter des Gartens zu, stieß einigemal an die goldnen Gitterstäbe und würde gewiß zu ihr hineingekommen sein, wenn nicht eine hagere Hand aus dem Mantel sich nach ihr hingestreckt und sie wieder in die Verborgenheit zurückgezogen hätte, wo die kleine Puppe von einer rauhen Stimme sehr ausgeschimpft wurde, daß sie sich unterstanden habe, unter dem Mantel hervorzulaufen.
Gackeleia konnte sich nicht mehr länger zurückhalten und rief ein Mal über das andere Mal: »Ach, du schwarzer Mantel, schimpfe doch die liebe, schöne Puppe nicht so; ach, lasse sie doch ein wenig heraus, zu mir in den Garten!« Da tat sich auf einmal der Mantel auf, und ein alter Mann mit einem langen weißen Bart richtete sich vor Gackeleia auf und sprach: »Ich bitte dich sehr um Verzeihung, daß ich meine Puppe hier ein wenig unter meinem Mantel tanzen ließ und auf der Maultrommel dazu spielte; ich habe nicht gewußt, daß mir jemand zusah. Ich wollte nur versuchen, ob sie mir auf der Reise nicht verdorben sei, denn ich will sie hier in Gelnhausen vor Geld auf dem Rathause tanzen lassen. Sieh nur, sie ist ganz artig, jetzt ist sie wie eine Gärtnerin gekleidet und hat einen Harken in der einen Hand und eine Gießkanne in der andern; aber ich habe noch viele andre Kleider für sie. Sieh nur, mein Kind, hier ist ein Schäferkleid und Hut und Stab und ein Lämmchen, und hier ein Jagdröckchen und ein Spieß und ein Hündchen und noch gar viele Kleider, daß ich sie ankleiden kann, wie ich will.« Bei diesen Worten zog der Alte allerlei bunte Puppenkleider aus allen Taschen hervor und reichte sie der kleinen Gackeleia durch das Gitter, welche sie mit großer Freude betrachtete. Die kleine Puppe aber guckte dem alten Manne aus dem Ärmel hervor und wackelte immer mit dem Kopf.
»Ach«, sagte Gackeleia, »wie allerliebst sind die Kleider! Lieber alter Mann, leih mir doch die Puppe nur einen Augenblick, daß ich sie nur einmal recht betrachte!« Der Alte aber sagte: »Kind, das kann ich nicht; gieb mir die Kleider wieder, ich muß machen, daß ich in meine Herberge komme. Willst du mir aber einen Gefallen tun, so sollst du die Puppe und alle die Kleider von mir zum Geschenke erhalten.« – »Ach, ich darf keine Puppe haben«, sagte Gackeleia, »und hätte diese doch so gern!« Da erwiderte der Alte: »Diese darfst du haben, denn es ist keine Puppe, sondern eine Kunstfigur mit einem Uhrwerk im Leibe, und wenn ich das aufziehe, läuft sie wie ein lebendiger Mensch eine halbe Stunde allein herum. Schau nur her!« Da zog er die Puppe aus dem Ärmel, nahm einen Uhrschlüssel und steckte ihr denselben in eine Öffnung an der Brust, und drehte knirr, knirr, knirr, wie man eine Taschenuhr aufzieht, setzte dann die kleine Gärtnerin an die Erde, und sie lief, mit dem Kopfe nickend, immer vor dem Gitter des Gartens herum. »Ach, sie winkt mir«, rief Gackeleia und patschte in die kleinen Hände, »sie möchte gern zu mir in den Garten. Ach, sage mir doch, alter Mann, was soll ich dir zu Gefallen tun, daß du mir die kleine Puppe giebst?« – »Es ist nur eine Kleinigkeit«, erwiderte der Alte. »Sieh, mein liebes Kind, ich bin ein
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