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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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Bürgerschaft, um ihre Freude zu bezeigen, kam mit fliegenden Fahnen gezogen, jede Zunft mit ihrem Schutzheiligen und schöner Musik; sie standen alle vor dem Schloß, feuerten ihre rostigen Flinten in die Luft und schrien: »Vivat der Graf Gockel von Hanau! Vivat die Gräfin Hinkel und die Komtesse Gackeleia! Vivat hoch! und abermals hoch!« Gockel und Hinkel und Gackeleia standen auf dem Balkon am Fenster und warfen Geld unter das Volk, und der Kellermeister wälzte ein Stückfaß Wein aus dem Keller und schenkte jedem ein, der trinken wollte.
    Der König von Gelnhausen wohnte damals nicht in der Stadt, sondern eine Meile davon in seinem schönen Lustschloß Kastellovo, auf deutsch Eierburg, denn das ganze Schloß war von lauter ausgeblasenen Eierschalen errichtet, und in die Wände waren bunte Sterne von Ostereiern hineingemauert. Dieses Schloß war des Königs Lieblingsaufenthalt, denn der ganze Bau war seine Erfindung, und alle diese Eierschalen waren bei seiner eignen Haushaltung ausgeleert worden. Das Dach der Eierburg aber ward in Gestalt einer brütenden Henne wirklich von lauter Hühnerfedern zusammengesetzt, und inwendig waren alle Wände eiergelb ausgeschlagen. Grade der Bau dieses Schlosses war schuld gewesen, daß Gockel einstens aus den Diensten des Königs gegangen war, weil er sich der entsetzlichen Hühner- und Eierverschwendung widersetzte und dadurch den König erbittert hatte. Täglich kam nun der königliche Küchenmeister mit seinem Küchenwagen nach Gelnhausen gefahren, um die nötigen Vorräte für den Hofstaat einzukaufen. Wie erstaunte er, als er die ganze Stadt in einem allgemeinen Bürgerfest vor einem nie gesehenen Palast erblickte und den Namen Gockels an allen Ecken ausrufen hörte! Aber sein Erstaunen war bald in einen großen Ärger verwandelt, denn wo er zu einem Bäcker oder Fleischer oder Krämer mit seinem Küchenwagen hinfuhr, um einzukaufen, hieß es überall: »Alles ist schon für Seine hochgräfliche Gnaden Gockels von Hanau gekauft.« Da nun der königliche Küchenmeister endlich sich mit Gewalt der nötigen Lebensmittel bemächtigen wollte, widersetzten sich die Bürger, und es entstand ein Getümmel. Gockel, der die Ursache davon erfuhr, ließ sogleich dem Küchenmeister sagen, er möge ohne Sorge sein, denn er wolle Seine Majestät den König und seine ganze Familie und seine ganze Dienerschaft alleruntertänigst heute auf einen Löffel Suppe zu sich einladen lassen, und er, der Küchenmeister, möchte nur mit seinem Küchenwagen vor seine Schloßspeisekammer heranfahren, um ein kleines Frühstück für den König mitzunehmen. Der Küchenmeister fuhr nun hinüber, und Gockel ließ ihm den ganzen Küchenwagen mit Kiebitzeneiern anfüllen und setzte seine zwei Kammermohren obendrauf, welche den König unterrichten sollten, wie man die Kiebitzeneier mit Anstand esse, denn der König hatte sein Lebtage noch keine gegessen.
    Mit höchster Verwunderung hörte König Eifrasius die Geschichte von dem Schloß und dem Gockel von dem Küchenmeister erzählen und ließ sich sogleich einhundert von den Kiebitzeneiern hart sieden. Als nun die zwei schwarzen Kammermohren in ihren goldbordierten Röcken mit der silbernen Schüssel voll Salz, in welches die Eier festgestellt waren, hereintraten und mit ihrer schwarzen Farbe so schön gegen den weißen Eierpalast abstachen, hatte König Eifrasius große Freude daran. Er ließ seine Gemahlin Eilegia und seinen Kronprinzen Kronovus berufen zum Frühstück und erzählte ihnen das große Wunder vom Palast und Gockel. »Ach«, sagte Kronovus, »da ist wohl die kleine Gackeleia, mit welcher ich sonst spielte, auch wieder dabei?« – »Natürlich«, sprach Eifrasius, »und wir wollen gleich nach diesem Frühstück hineinfahren und uns den ganzen Spektakel ansehen. Aber seht nur die kuriosen Eier, die er uns zum Frühstück sendet! Grün sind sie mit schwarzen Punkten, man nennt sie Kibitkeneier; sie kommen weit aus Rußland und werden so genannt, weil sie in Kibitken, einer Art von Hühnerstall auf vier Rädern, gefunden oder gelegt oder hierhergefahren werden.«
    Da sprach der eine Kammermohr: »Ich bitte Euer Majestät um Vergebung, man nennt sie Kibitzeneier; sie werden vom Kiebitz, einem Vogel gelegt, der ungefähr so groß wie eine Taube und grau wie eine Schnepfe ist und wie eine französische Schildwache beim Eierlegen immer »qui vit« schreit; wenn man dann »Gut Freund!« antwortet, so kann man hingehen und ihm die Eier nehmen, worauf

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