Italienische Märchen
war kein Herr von Hüpfenstich, der ihr zur Ader gelassen hätte. Wellewatz stieß ihr einen Bund Zwiebel unter die Nase, und sie kam zu sich. Sie stürzte sich in die Arme des Vaters: »Ist es wahr? Ist es wahr?« weinte sie. »Es ist wahr«, sagte er und erzählte die ganze Geschichte des Herrn von Hüpfenstich. »Mein Kind Willwischen! Deine Neugier hat dich so weit gebracht, du mußt nun mit dem Wellewatz fortgehen, denn ich muß Wort halten.«
Nun hätte man Willwischens Jammer hören sollen; sie warf sich an die Erde und umklammerte die Füße ihres Vaters und flehte so beweglich, daß es hätte einen Stein bewegen sollen. Aber der König sprach immer: »Mein liebes Kind! du heißt Willwischen, und ich heiße Haltewort, und da kommt es nun so heraus, du mußt nun fort mit dem Wellewatz.« Aber sie wimmerte immerfort, und Wellewatz ward schon ungeduldig und sprach: »Liebste Frau! Ich rate dir, werde ruhig und schreie mir die Ohren nicht voll, sonst werde ich andere Saiten aufspannen.«
Der König machte nun dem Wellewatz allerlei Vorschläge, damit er von Willwischen ablassen solle. Er wollte ihn zum Hoftürken, zum Generalissimus, zum Theaterdirektor, zum Oberjägermeister machen. Wellewatz wollte nicht. Der König hängte ihm alle verflossenen, gegenwärtigen und zukünftigen Orden um den Hals. Wellewatz wollte nicht. Der König machte ihn zum Herzoge Watz von Wellenwurz. Er wollte nicht. Endlich sagte er: »Ich sehe, daß Er gar keine Ehre im Leibe hat.« Da antwortete der Wellewatz: »Nein, aber zwei Bäckerknechte«, und erwischte die Prinzessin Willwischen beim Rockzipfel und zerrte sie zur Stadt hinaus. Weil sie sich aber so gar erbärmlich stellte, so ward der König auch auf sie zornig und schimpfte und zankte hintendrein. Die ganze Stadt war in Auflauf, und es ward auf allen Straßen folgendes Lied gesungen:
Heil dir, o Wellewatz!
Der sich so schnelle Platz
Bei uns gemacht,
Du rietst dir halt den Schatz,
Hast nun die Braut beim Latz,
Giebst ihr so laut den Schmatz,
Daß es nur kracht.
Heil dir, Willwischen Braut!
Die wissen will die Haut
Vom Hüpfenstich,
Wer auf die Neugier baut,
Durch Schlüssellöcher schaut
Und auf Husaren traut,
Den triffts wie dich.
Ach! Herr von Hüpfenstich!
Wer ließ entschlüpfen dich
Aus deiner Haut?
Dein Balg am Galgen hing,
Mancher sich balgen ging,
Durch deinen Balg nun fing
Wellewatz die Braut.
Der König aber sperrte sich mit seinem Nachdenker ein und ließ stark über seinen Unfall nachdenken.
Wellewatz packte vor dem Tor das Willwischen auf seine Schulter und ging mit ihr querfeldein immer fort, fort, über Stock und Stein, durch Distel und Dorn, über Berg und Tal, und kam am Abend in einen dicken dunkeln Wald, wo sich die Wölfe einander gute Nacht sagen. »Du magst wohl Hunger haben«, sagte er zu Willwischen; »warte, ich will dir gleich etwas Süßes zu schmecken geben. Ich höre meinen Zuckerbäcker schon brummen.« Willwischen zitterte und bebte, denn sie kamen zu einem großen Bären, der mit einem großen Bienenkorb unter dem Arm nach seiner Höhle spazierte. Wellewatz holte ihn bald ein und gab ihm eine Ohrfeige, daß er um und um fiel, dann riß er eine Honigwabe aus dem Korb, wo alle Bienen und alles Wachs noch drin staken, und wollte, Willwischen sollte sie essen. Aber ihr schauderte.
»Potz Leckermaul!« sagte der Wellewatz »so hungere!« und fraß den ganzen Honigkorb allein aus. Willwischen aber aß einige wilde Brombeeren, die da herum wuchsen.
Der Wellewatz packte sie wieder auf und sagte: »In einigen Stunden werden wir in meinem Schlosse Knochenruh ankommen.« Das war ein schrecklicher Name. Der Mond schien, der Wind wehte, und in den hohen Fichten klapperte es. »Das ist mein Lustgarten Klapperbach«, sagte Wellewatz; »die Totengerippe, die da in den Bäumen rappeln, scheuchen mir die Raben weg; ich habe die Kerls alle selbst aufgezehrt und brauche keine Schwarzröcke dazu.« Willwischen war vor Angst und Schrecken eine einzige Gänsehaut; sie zitterte so, daß der Wellewatz zu ihr sagte: »Klappere nicht so mit den Beinen, du kitzelst mich, und wenn du mich lachen machst, so freß ich dich vor Liebe auf.« Ach, wie still hielt sich da Willwischen. Endlich kamen sie an einen freien Platz im Walde vor ein wunderbares, hohes Gebäude. Der Mond schien. Das Haus war nicht ganz fertig gebaut. Auf der linken Seite fehlte ein Turm, auf der rechten war es fertig. Es war nicht ohne Kunst gebaut. Lauter Totenbeine und Totenköpfe, die
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