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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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und Lederhändler und Riemer und Sattler und Säckler und Gerber und Schuster und Buchbinder und Kürschner und Pelzhändler und Jäger und Seelenverkäufer und Juden und Professoren der Naturgeschichte, und wer nur mit Häuten und Leder zu tun hatte und mit dergleichen Bescheid wußte, kam, um seine großen Kenntnisse an den Tag zu legen und die schöne Prinzessin Willwischen zu gewinnen.
    Als die Leute vom hundertsten ins tausendste hin und her rieten und den König immer fragten, ob sie recht geraten hätten, ward er ungeduldig und sagte: »Es kömmt hier nicht drauf an, zu erraten, sondern zu wissen, was für eine Haut es ist, drum sage jeder seine Meinung.« Da sagte einer: Es ist ein Meerochse; der andere: ein Landkraken; der dritte: ein Muhdrache; ein Prenzlauer Rhinozeros; ein Kümmeltürke; mir scheint es eine Gensdarmenhaut, sagte ein armer Dorfschuster, wurde aber gleich eingesteckt. Endlich trat ein Professor auf und behauptete, es sei die Haut eines afrikanischen Buschmanns. Der Seelenverkäufer aber behauptete, sie sei von einem Amsterdamer Juden. Kurz, keiner konnte es erraten, und alle zogen ab.
    So ging dies mehrere Monate lang, und die Neugier Willwischens stieg immer höher. Schier war im ganzen Reiche kein Mensch, der nicht schon geraten hatte.
    Nun kam eines Morgens, da die Stadt noch zu war, ein gewaltiger Grobian vors Tor und pochte mit seiner Faust an, daß die Angeln krachten: »Aufgemacht! aufgemacht!« schrie er, »ihr Schlafmützen!« Die Torschreiber sprangen aus den Betten und fragten durchs Schlüsselloch: wer so anpoche; da antwortete eine Stimme wie ein Büffelochse: »Macht auf! ich bin der Wellewatz.«
    Zitternd öffnete der Torwächter und sah einen abscheulichen Kerl hereinschreiten. Er stieß beinahe oben am Tor an und war so breit und zottig wie ein Pelznickel. »Ach, dürfte ich um Ihren Charakter bitten«, sagte der Torschreiber, »daß ich Sie aufschreiben kann.« Aber der Herr Wellewatz donnerte so auf ihn ein: »Ich heiße Wellewatz und bin ein privatisierender Menschenfresser«, daß der arme Torschreiber vor Schrecken hinter das Schilderhaus fiel.
    Wellewatz trabte mit seinen breiten Füßen durch die Straßen; alles schlief noch, und da er Hunger hatte und einige Bäckerknechte am Backofen beschäftigt sah, griff er zu und fraß sie wie Krametsvögel ohne Brot hinunter. Als er auf den Markt kam, sah er den Galgen mit der Haut und las den Anschlagzettel, daß der die Prinzessin zum Weibe erhalte, wer rate, was es für eine Haut sei. Er schüttelte den Kopf und lachte und rief mit lauter Stimme: »Auf! auf! König Haltewort! Dein Schwiegersohn ist da. Auf auf! Prinzessin Willwischen! Dein Mann ist da.«
    Da flogen alle Fensterläden auf, und tausend erschrockene Gesichter guckten heraus, und die Sonne ging auf und schien dem Wellewatz in die Augen, da nieste er, daß die Fenster im Schlosse sprangen und die Scherben der Prinzessin ins Bett fielen. Weil ihm aber niemand »zur Gesundheit« gesagt hatte, wurde der Wellewatz so böse, daß er das Steinpflaster aufriß und nach den Leuten warf.
    Endlich kam der König ans Fenster und wollte soeben wegen dem großen Lärm recht tüchtig zanken; aber als er den entsetzlichen Wellewatz vor Augen sah, wurde er vor Schrecken ganz sanft und sagte: »Was steht zu Seinen Diensten, mein Freund?« – Da antwortete der Wellewatz: »König Haltewort! Rufe deine Tochter Willwischen herbei, ich will die Haut erraten.« – »Es ist zwar noch ein wenig früh«, sagte Haltewort, »aber meinethalben. Er hat doch einmal die ganze Stadt aus den Federn gejagt.« Schon wollte der König zu Willwischen gehen, da kam sie selbst; die Neugierde, was für ein Lärm in der Stadt sei, ließ sie nicht ruhen. Als sie an das Fenster trat, patschte der Wellewatz in die Hände und lachte, daß die große Stadtmühle vor Schrecken darüber stillestand. »Ei potz tausend Büffelochsen!« schrie er, »welche schöne Prinzessin für eine Flohhaut!« Bei den Worten Flohhaut lief dem König der Angstschweiß von der Stirne, und in der Stadt lief das Wort Flohhaut von Mund zu Mund, und alle Türmer bliesen Flohhaut, und alle Trommelschläger trommelten Flohhaut, alle Chorschüler sangen Flohhaut, Flohhaut ward die Parole der braunen Husaren, und alle Kanonen wurden losgebrannt; denn Haltewort hatte mit dem Schnupftuch geweht, und das war das bestimmte Zeichen, daß die Haut erraten sei.
    Die Prinzessin lag in Ohnmacht, und Wellewatz stieg die Treppen hinauf; ach! da

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