Italienische Märchen
standen oben herum, und weil die Haare noch auf ihnen waren, spielten diese recht schön im Wind und sausten. Es war gar nicht so übel ausgedacht.
Wellewatz blieb mit Willwischen auf dem Rücken eine Zeitlang vor dem Schloß in stiller Bewunderung stehen; endlich sagte er: »Wie gefällt dir das, mein Schatz? Siehe, alle die Knochen haben meine Vorfahren und ich selbst abgenagt, und mit welchem Geschmack sind sie geordnet! Ist das nicht modisch? Ist das nicht gothisch? Aber jetzt, mein Schatz! auf unserm Hochzeitsschmaus da soll es so hergehen, daß der ganze Turm auf dem linken Flügel mit den Knochen soll fertig gebaut werden. Wie gefällt dir das, mein Schatz?« – »O Gott! entsetzlich schön«, seufzte Willwischen. Nun führte er sie hinein; alles Knochen und alles Knochen.
»Da ist dein Kabinett«, sagte Wellewatz; ach! es war mit lauter Kinderknöchelchen tapeziert! »Hier hast du was zu essen«, sagte Wellewatz; es waren lebendige Krebse. »Ich habe keinen Appetit«, sagte Willwischen. »Wird schon kommen«, sagte Wellewatz und aß die Krebse ruhig hinunter. »Wenn sie einen im Magen so mit den Scheren kneipen«, sagte er, »das macht Appetit. Aber gute Nacht, laß dir was Gutes träumen; ich will auf die Jagd gehen und Vorrat anschleppen. Morgen lade ich meine Vettern ein, da soll Hochzeit werden«, und damit ging er fort und schlug die Türe zu, daß der ganze Knochenpalast eine halbe Stunde lang klapperte.
Willwischen war vor Schreck und Hunger und Jammer ganz von Sinnen, sie konnte es vor Angst nicht mehr in dem Hause aushalten, auch quälte sie der Hunger. Sie schlich zur Türe hinaus und setzte sich in den Wald und riß Gras aus und aß es und sagte einmal übers andere Mal: »Ach Gott! warum heiße ich Willwischen? Ach Gott, warum bin ich so neugierig? Ach! wäre ich wieder bei meinem Vater! Ich wollte ja in meinem Leben gar nichts mehr erfahren. O! wer hilft mir aus diesem schrecklichen Elend?«
Während sie so jammerte, hörte sie im Walde reden und glaubte schon, Wellewatz kehre mit einigen guten Freunden zurück. Sie wollte geschwind wieder in das Knochenschloß laufen, aber sie fiel über ein Bein und stürzte vor Mattigkeit lautschreiend an die Erde.
Als sie wieder zu sich kam, war die Sonne aufgegangen, und sie lag in den Armen einer freundlichen alten Frau, welche ihr Zuckerbrot und Wein gab und zu ihr sprach: »Ei Kind Willwischen! wie lange habe ich dich nicht gesehen, und in welchem elenden Zustande muß ich dich wieder finden!« Willwischen erstaunte sehr, daß die Frau ihren Namen nannte; aber sie fragte gar nicht, wer sie sei, weil ihr die Neugierde auf ewig vergangen war. Die Frau aber fing von selbst an und sagte: »Mein Kind Willwischen! ich kenne dein ganzes Unglück, und ich will dir helfen. Als deine sterbende Mutter dich in den Armen hatte, sagte sie: ›Die Woche, welche du zu früh auf die Welt kamst, möge dir einst gute Dienste leisten.‹ Nun sieh! ich bin die Woche; ich habe dich sieben Nächte neben meinen sieben Söhnchen an meiner Brust ernährt, bis dein Vater mich fand und fortschickte, und da hab ich den Hüpfenstich zu ihm geschickt, den verzauberten Floh, dessen Haut dich in das Elend mit dem Wellewatz gebracht. Aber ein ander Mal mehr! halte dich nun ruhig und geh in das Schloß, und lasse dir nichts merken, wenn der Wellewatz wiederkömmt. Morgen nacht um ein Uhr komme ich mit meinen sieben Söhnen, das sind erstaunlich geschickte und kluge Bursche, die sollen dich nach Hause fuhren.« Nun gab sie dem Willwischen noch Wein und Zuckerbrot und befahl ihr, heimlich davon zu essen, küßte sie und ging weg.
Willwischen sah ihr lange mit Tränen nach und schlich dann in das gräßliche Schloß zurück. Gegen Mittag kam Wellewatz zurück; er trug ein Wildschwein an einer jungen Fichte gespießt auf der Schulter und brachte noch ein Nest voll junger wilder Katzen. »Holla! Willwischen!« schrie er, »da ist Mundvorrat, hungern sollst du mir nicht, und Gesellschaft kriegst du auch; ich muß heute abend wieder weg, ich muß mir einige Handwerksburschen zum Hochzeitsbraten einfangen, die Bäckerknechte in deines Vaters Stadt schmeckten vortrefflich; ich habe dir deswegen eine Dame von hohem Stande auf heute nacht zur Gesellschaft gebeten, die Frau von Euler; das wilde Katzennest kannst du ihr vorsetzen; daß du mir keine von den kleinen Katzen herausfrißt, ehe die Dame kömmt.« – »Ach, gewiß nicht, mir ekelt, und gar lebendig!« sagte Willwischen. »Ja, ja,
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