Italienische Märchen
herausweinen!
Diesen Fluch gibt dir die Mademoiselle
Zephise Marquise de Pimpernelle.
Und als sie diese Worte in heftigem Zorne ausgesprochen, fing sie an, an allen Orten wie ein Feuerwerk zu brennen; die zwei Tanzmeister drehten sich auch wie Feuerräder; sie knisterten und knasterten, und mit Zisch und Zasch und Rakedakdakdak fuhr die ganze Gesellschaft wie Raketen in die Luft und verschwand über der Stadt mit einem Pech- und Schwefelgeruch. Eine alte Schnürbrust, eine Perücke und ein paar Fischbeine fielen an die Erde; sonst sah man nichts mehr.
Der König begab sich nun voller Freuden zu Liebseelchen, um ihr für ihr Lachen zu danken. Er fand in ihrem Vorzimmer einen jungen Pagen. Der warf sich ihm zu Füßen und sprach: »Gnädiger König! wollt mir eine Belohnung geben, denn ich bin eigentlich schuld an dem ganzen Gelächter. Da die abscheuliche Pimpernelle so lächerlich auf dem Tragstuhl stand, reichte ich den beiden Tanzmeistern, welche den Tragstuhl hielten, eine Prise vom feinsten Schnupftabak, und weil sie mit beiden Händen die Arme des Tragstuhls hielten, mußte ich ihnen die Prise in die Nase reiben, worauf sie so heftig niesten, daß die Pimpernelle durch die Erschütterung samt ihnen über den Haufen fiel.« Der König lachte hierüber nochmals von Herzen und machte ihm eine goldene Schnupftabaksdose mit seinem Gemälde in Brillanten gefaßt zum Geschenke, mit dem Befehl, daß er sie an dem Strumpfband der Pimpernelle, das man auf dem Platz gefunden, an dem Hals tragen solle. Hierauf gab er ihm noch den Auftrag, daß heute abend die ganze Stadt solle erleuchtet sein, und ging dann in die Stube der Liebseelchen.
Aber wie erstaunte der König, da er diese nichts weniger als lachend antraf; sie war vielmehr trauriger als je, und wiederholte immer den Fluch der Pimpernelle:
Aus dem kalten Grab von Marmorsteinen
Sollst du den Prinzen Röhropp herausweinen.
Der König gab sich alle Mühe, ihr dies auszureden, aber alles war vergebens, so daß er sie endlich verließ, um nähere Anstalten zu der Beleuchtung zu treffen, in der Hoffnung, sie werde vielleicht heute nacht die Grillen verschlafen.
Die Sonne ging unter, die Nacht kam heran, und viele tausend Lampen brannten an allen Fenstern der Stadt. Alle Gassen waren voll lustiger, lachender Leute; besonders waren viele junge Fräuleins, welche die garstige Mademoiselle Zephise Marquise Pimpernelle sehr gequält hatte, voller Freude und sangen durch alle Straßen:
Die Mademoiselle
Zephise Marquise
De Pimpernelle
Fuhr in die Hölle.
Und so ging der Zug nach der Wohnung der alten Zauberin. Man brach die Türen ein und warf alle ihre Perücken und Schnürbrüste und Schminktöpfe und Fischbeine und allen Lumpenkram zum Fenster hinaus, machte ein großes Feuer daraus und tanzte und sprang herum; dabei stand der lustige König und lachte so herzlich, daß er ganz seine Tochter Liebseelchen vergaß.
Während dieser allgemeinen Freude hatte Liebseelchen etwas ganz anderes vor. Der Gedanke an den Prinzen Röhropp, den sie aus dem Grab weinen sollte, hatte ihre Seele so eingenommen, daß sie keine Ruhe und keine Rast mehr hatte. Sie machte sich ein Bündel Kleider zusammen, legte alle ihre Juwelen hinein, schlich sich in den Stall, packte das Bündelchen auf ihr kleines weißes Pferdchen, setzte sich darauf und ritt hinten durch den Schloßgarten zur Stadt hinaus. Kein Mensch bemerkte sie, denn alle Dienerschaft des Schlosses lief in der Stadt herum, die Beleuchtung zu sehen.
Bald verlor sie die lärmende, flimmernde Stadt aus den Augen und ritt in einen tiefen Wald hinein, wo sie in der Dunkelheit der Nacht ihrer Trauer recht nachhängen konnte. Auf einmal kam sie mit ihrem Pferdchen an einen reißenden Bach, an welchem drei alte Mütterchen saßen. Die waren steinalt, krumm gebückt und stützten sich auf Krücken und sprachen:
Da stehn wir mit der Krücke
Am Wasser ohne Brücke,
Wir tragen wohl hundert Jahre schwer,
Ach! wer nur erst überm Wasser wär.
Da sprach Liebseelchen zu ihnen:
Meinem Schimmelchen sein Rücken,
Der ist so gut wie Brücken,
Sitzt hinter mich hübsch nach der Reih,
Hinüber trag ich euch alle drei.
Da setzte sich das eine alte Mütterchen hinter Liebseelchen, und sie trieb ihr Pferdchen ins Wasser, schwamm hinüber und setzte die Alte ans Land, schwamm wieder zurück und holte die zweite und zuletzt auch die dritte Alte glücklich hinüber. Als sie alle drüben waren, dankten sie Liebseelchen sehr, und da sie
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