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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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»Lieber Schläfer, weck den Schäfer!« Da sprang er vom Lager und eilte zu dem Schäfer, und sie redeten alles miteinander ab. In der nächsten Nacht schlich sich Ursulus aus dem Schloß. Der König Jerum konnte nicht ruhen, er hatte eine große Angst im Herzen; er stand allein auf, wickelte sich in seinen Mantel und ging dem Schloß hinaus. Er wollte zu dem Pumpelirio Holzebocke gehn und ihn fragen, ob er bald wieder seine Stadt Besserdich erhalten würde, denn er hatte ein rechtes Heimweh. Er war seit jener schrecklichen Nacht, da die Messer auf ihn regneten, nicht mehr hingegangen. Als er an dem Ort vorüberkam, wo er den zwei Dienern befohlen hatte, die Ursula umzubringen, konnte er vor Bangigkeit nicht weiter; er lehnte an einen Baum und wünschte, nie geboren zu sein; da hörte er auf einmal ein wunderbares Tönen sich nahen und sah eine Reihe von Lichtern über das Feld herziehen. Der Anblick war so wunderbar, daß er sich an den Baum andrückte. Jetzt war es ganz nah, er sah den kleinen Ursulus vorausgehen mit einem Kreuz von Rosen; dann flogen eine ungeheure Menge Vögel, welche allerlei Gebeine trugen; dann kam der alte Schäfer und blies eine sehr bewegliche Weise auf der Schalmei und weinte bitterlich; hinter ihm schwebten alle die Gestalten der armen Mägdelein, die Jerum umgebracht hatte, und sangen:
Endlich, endlich schweigen die Raben,
Endlich werden wir ehrlich begraben
Weit von hier, von hierio,
Weit vom Pumpelirio,
Weit vom Holzebocke,
Hübsch mit Kreuz und Glocke,
Mit Chorgesang, Posaunenspiel;
Giebt uns Ruh und kost nicht viel.
     
    Und nun schlossen die Schäflein des alten Hirten den Zug; sie gingen still und paarweis, hatten alle Glöcklein anhängen, und nur dann und wann blökten sie gar traurig; an beiden Seiten des Zugs aber zogen zwei Reihen von großen Irrlichtern, welche leuchteten. Als der Zug vor Jerum vorüberging, war alles ganz still, und das betrübte ihn noch weit mehr. Da der Zug aber ganz in der Ferne war, nahm Jerum seine Streitaxt und rannte mit großem Zorn nach dem Orte, wo der Pumpelirio Holzebock stand, und sprach zornig zu ihm: »Du böser gottloser Pumpelirio! du hast mich zu allen meinen großen Verbrechen beredet; um deinetwillen habe ich alle die lieben Jungfrauen ermordet; nun sollst du auch nicht länger leben.« Da holte Jerum weit mit seiner Axt aus und, paff! hieb er den Pumpelirio mitten voneinander. Aber es fuhr ein schwarzer Rauch aus den Trümmern, und aus dem Rauch ward ein ungeheurer scheußlicher Bock, der sah den Jerum mit schrecklichen Augen an, meckerte abscheulich die Worte heraus: »Den Pumpelirio konntest du zerschlagen, aber den Holzebock nie.« Dann ging er einige Schritte zurück, beugte den Kopf nieder, rannte gewaltig gegen Jerum, faßte ihn auf die Hörner und warf ihn weit in das Feld hinaus, wo er wie tot niederfiel. – Er hatte schon zwei Stunden so dagelegen, als Ursulus von dem Begräbnis zurück nach Hause ging und auf einmal über den König Jerum stolperte. Der Knabe fühlte bald an der Krone, daß es Jerum sei. Er rüttelte und schüttelte ihn und benetzte ihn mit seinen Tränen. Da wachte der König Jerum wieder auf; aber er konnte nicht gehen, er hatte sich ein Bein gebrochen. Da lief Ursulus ins Schloß und holte die Diener; die trugen ihn nach seinem königlichen Bett und der Doktor verband ihn und die Königin sprach: »Das kommt davon, wenn man zu nachtschlafender Zeit herumrennt.« Ursulus aber verließ das Lager des Königs nie, und dieser gewann ihn immer lieber. Einstens nahm der Jerum die Hand des Ursulus und sagte: »Lieber Junge, erzähle mir, wo habt ihr dann die Gebeine der armen Fräulein begraben?« Da erzählte ihm Ursulus von dem kühlen Lindenhain und dem Brunnen und dem alten Hirten und seinen Schafen und sagte: »Herr König, es wäre sehr schön, wenn Ihr ein Kirchlein dort bauen ließet.« – »Ja«, sagte der König, »aber wenn es die Königin erfährt, so bin ich verloren; ich habe ihr zuschwören müssen, nie eine Kirche zu bauen. Wenn du es recht heimlich zustande kriegst, so bin ich es zufrieden und will dir gerne Geld dazu geben; und baue auch ein kleines Häuslein dabei, worin ein armer Mann wohnen kann.« Ursulus dankte dem Jerum herzlich für seine Erlaubnis und setzte sich nun hin und zeichnete allerlei Gestalten von Kirchen, um sich eine auszusuchen; auch redete er oft mit Maurern und Steinmetzen. Die böse Königin Würgipumpa, welche immer einen heimlichen Haß auf den Ursulus hatte, wurde

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