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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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abschlagen wird.« – »Ach!« sagte Jerum, »so gut werde ich niemals, daß ich wieder verdiene, auf dem Throne meines frommen seligen Vaters zu sitzen.« – »Ja«, erwiderte Würgipumpa, »darüber magst du nun denken, wie du willst; aber du bist es der Stadt schuldig, denn Jungfer Fanferlieschen kann der Regierung nicht länger vorstehen: soeben habe ich die Nachricht erhalten, daß sie blind geworden.« Hier sah Jerum die Königin erschrocken an und sprach zu ihr: »Würgipumpa, lasse mich allein; ich muß über das, was du mir gesagt, nachdenken.« Die Königin ging, und Jerum fiel in tiefe Gedanken. Der Spruch des Pumpelirio:
Fanferlieschen blind,
Ein unschuldig Kind
Besserdich gewinnt.
     
    fiel ihm ein, und er war in der größten Unruhe, ob er nicht nach Besserdich hinziehen sollte. Als er aber dachte, wie der böse Holzebock ihm allzeit zum Bösen geraten hatte, entschloß er sich anders. Er ließ den Ursulus zu sich kommen und die Königin, und sprach: »Da ich gehört, wie die weise und fromme Jungfer Fanferlieschen blind ist, so ist mein sehnlicher Wunsch, daß sie wieder sehend werde, damit sie die guten Leute in Besserdich noch länger so treu regiere, als sie es bis jetzt getan. Ich begehre euern Rat, wie dies zu machen sei.« Ursulus fing an zu weinen, als er das Unglück der Jungfer Fanferlieschen hörte, von welcher seine Mutter ihm so viel Gutes erzählt hatte. Würgipumpa aber sprach: »Ich habe immer gehört, daß nichts so gut für die Augen sei als Schwalbenkot: wenn es möglich wäre, daß Jungfer Fanferlieschen diesen in die Augen brächte, so würde sie gleich geheilt sein. Kommtzeitkommtrat ist ja mit den Vögeln so gut Freund, mit seinen Baumeistern, daß er ihr ein wenig von dem Kalke könnte ins Auge fallen lassen, der neulich bei dem Luftbau auf mich niederfiel. Ich muß sagen, daß ich meine Augen seit jener Zeit sehr gestärkt finde.« – »Ach«, erwiderte Ursulus, »wenn das möglich wäre, ich wollte die guten Vögel sehr darum bitten.« – »Wohlan, mein Geliebter«, sprach der König, »wenn es dir gelingt, sollst du begehren von mir, was du willst, ich will es dir halten.« Nach diesen Worten gingen sie auseinander. Die böse Würgipumpa wußte wohl, daß man von Schwalbenkot blind werde, und sie dachte: in jedem Falle werde ich den verhaßten Knaben los; denn wenn Fanferlieschen ihn erwischt, so läßt sie ihn umbringen, und sie erwischt ihn gewiß, weil sie wohl weiß, daß sie sterben muß, wenn sie blind wird, denn es steht im Zauberkalender; so läßt sie sich immer streng bewachen. Ursulus saß in seiner Kammer und lauerte auf den Neuntöter. Pick, pick, pick, da war er am Fenster. Ursulus öffnete und erzählte seinem Freund alles, was er von dem König und der Königin gehört. Der Neuntöter ward sehr nachdenklich darüber und bauschte seine Federn am Kopf einigemal auf, als ob er sehr zornig sei. »Was machst du für wunderliche Gesichter?« fragte Ursulus. »Nichts, nichts«, sagte der Vogel, sich beruhigend, um zu überlegen. »Gut, ja, ja, morgen früh will ich dir sagen, was du zu tun hast«, und fort flog er. Am andern Morgen war er richtig wieder da und sprach: »Auf, auf, Ursulus! mache dich auf die Reise; du hast einen weiten Weg nach Besserdich.« Da sprang Ursulus aus dem Bett, zog seine Reisekleider an und machte sich auf den Weg. Der Vogel aber flog immer vor ihm her, um ihm den Weg zu zeigen. Als sie in den Wald kamen um Mittag, machte der Vogel bei einem Eichbaum halt und sagte: »Hier mußt du ausruhen, essen und trinken. Hier in dem Baume wohne ich; hier, lieber Ursulus, hat deine arme Mutter, als sie aus Besserdich ging, meinen Jungen das Leben gerettet durch einen Stein, den sie nach dem Marder warf; hier hat sie ihren Kuchen mit mir geteilt. Hier esse du auch, was ich dir aus der Hofküche hierhergetragen.« Ursulus setzte sich auf das Moos am Fuße der Eiche und dachte mit vieler Liebe an seine liebe Mutter im Turm und mußte recht weinen, als er gedachte, wie sie einst hier so unschuldig in das Elend ging. Da brachte der Neuntöter die Frau Neuntöter und die jungen Herren und das junge Fräulein Neuntöter und diese hießen den Ursulus bei sich sehr willkommen mit Kopfnicken und Flügelschlagen und sich Verneigen, denn sie kannten die Menschensprache nicht. Der Neuntöter aber übersetzte dem Ursulus alles, was sie sagten. Da gefielen ihm die Reden des Fräulein besonders wohl, denn sie sprach: »Ach, liebster Ursulus, ich wollte gern ewig

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