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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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Würgipumpa auf, morgen früh auf den Altan zu treten, weil er vor ihnen sein Schloß bauen wolle. Die Königin sagte: »Ja, wir werden kommen; so du aber dein Gebäude nicht in die Luft bauest, will ich dir eines in die Luft bauen, in dem du sterben sollst, nämlich einen Galgen.« Ursulus verbeugte sich und ging weg. Am andern Morgen fand er den König und die Würgipumpa schon auf dem Altan, als er mit einer kleinen Glocke in der Hand kam. »Was soll die Glocke?« sprach die Königin. Da sprach Ursulus:
Ich muß jetzt von allen Seiten
Meine Baumeister zusammenläuten.
     
    Da fing er an zu klingeln, Klingling, Klingling, und es kamen eine Menge große Vögel herbeigeflogen: Adler und Geier und Falken, und auch mancherlei kleinere: Tauben und Finken und Amseln und Stare, kurz alle möglichen Vögel; worüber sich der König und die Königin sehr verwunderten. Da sprach Ursulus:
Willkommen! ihr Meister und Gesellen,
Ich will einen Bau in die Lüfte stellen;
Nun schafft einen schönen Grund herbei,
Worauf mein Werk zu richten sei!
     
    Da flogen die Adler weg und brachten auf einmal eine große starke Pappe getragen, auf welcher von Moos eine schöne Wiese ausgelegt war, aus der allerlei grüne Zweige als Bäume hervorragten. Nun sprach Ursulus:
Eine schöne Kirche bauet mir,
Ein hoher Turm sei ihre Zier.
     
    Da flogen wieder viele Vögel fort und brachten allerlei einzelne Stücke von einer sehr schönen papiernen Kirche und einem hohen Turm und setzten alles das auf der Mooswiese zusammen, so daß es wunderlieblich anzuschauen war. Als aber alles fertig war, brachte auch der Kreuzschnabel einen kleinen Altar und ein Kreuz hineingetragen, und der Dompfaff trug eine kleine Kanzel hinein, und eine Amsel, wie ein schwarzer Kantor, brachte eine kleine Orgel hinein. Dann flogen ein paar Nachtigallen als Sängerinnen hinein, und eine Menge Finken und Grasmücken als Choristen. Da begannen allerlei Glöckchen im Turm zu läuten, und in der Kirche fingen die Vögel so lieblich an zu singen und zu klingen, als wenn der feierlichste Gottesdienst drin gehalten würde. Darüber ward der König Jerum ganz gerührt und umarmte den Ursulus mit den Worten: »Kommtzeitkommtrat, wie schön hast du dein Gebäude erbaut.« Würgipumpa aber hatte alles mit dem entsetzlichsten Zorne angesehn und geriet in eine solche Wut, daß sie einen Stein von dem Altan nahm und nach der Kirche warf; aber auf einen Wink des Ursulus flogen die Vögel mit dem schönen Bau über ihrem Haupt hinweg, und da bei dieser Gelegenheit einiger Schmutz auf die Königin herabfiel, wollte sie erzürnt den kleinen Ursulus schlagen; aber der König nahm ihn in seine Arme und sprach: »Würgipumpa, wer nach den Bauleuten mit Steinen wirft, dem antworten sie mit Kalk.« Da ging die Königin erzürnt nach ihrer Kammer. Der König Jerum aber hatte den Ursulus noch viel lieber als vorher, und ließ in dem Lindenhain, wo die Jungfräulein begraben waren, eine Kirche bauen, ganz nach der Gestalt der Kirche, die Ursulus in die Luft gebaut und welche die Vögel zu dem Schäfer im Lindenhain getragen. Alles das erzählte Ursulus dem Neuntöter, und der Neuntöter der Ursula, so daß diese sehr erfreut wurde, daß Jerum so gut werde, und herzlich in ihrer Einsamkeit dem lieben Gott dafür dankte. Die Königin Würgipumpa aber sah nun ein, daß sie mit ihrem Zorn gegen Ursulus gar nichts mehr ausrichtete, weil der König ihn zu sehr liebte, und fing deswegen an, ihm auf alle mögliche Weise zu schmeicheln und schönzutun. Heimlich aber dachte sie immer auf eine Gelegenheit, ihn in Lebensgefahr zu bringen. Sie wußte, daß der Pumpelirio Holzebock dem Jerum, als er ihn fragte, wann er seine Stadt Besserdich wieder erhalten werde, sprechend:
Pumpelirio Holzebock,
Sag mir doch,
Wann wird Jungfer Fanferlieschen
Schönefüßchen
Länger nicht vertreiben mich?
Wann kehr ich nach Besserdich?
     
    geantwortet hatte:
Fanferlieschen blind,
Ein unschuldig Kind
Besserdich gewinnt.
     
    Das ging der Würgipumpa immer im Kopf herum, und sie dachte hin und her, wie sie den Kommtzeitkommtrat brauchen wolle, um Jungfer Fanferlieschen blind zu machen. Weil sich aber Jerum so sehr verändert hatte, getraute sie sich nicht, ihm ihr Vorhaben gradheraus zu sagen, und sprach einstens zu ihm: »Lieber Jerum, ich glaube, du könntest doch einmal bei Jungfer Fanferlieschen fragen lassen, ob sie dir deine Stadt nicht wiedergeben will; du bist jetzt so fromm und gut, daß sie es dir gewiß nicht

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