Italienische Märchen
selber.« Da ritt er weiter, hielt wieder an und rief wieder, an das Schild schlagend:
Pumpelirio Holzebocke,
Hörst du deine Totenglocke?
Da stürzte auf einmal der König Jerum ihm in den Weg und hielt ihm die Zügel des Pferdes und sprach wie der Schäfer: »Tue dem Pumpelirio nichts, sonst muß ich sterben.« Aber Ursulus schrie wieder:
Tritt aus dem Weg zur Seiten,
Sonst muß ich dich überreiten.
Und machte die Augen wieder zu und ritt den König über den Haufen. Da kam der Vogel wieder zu Ursulus und lobte ihn sehr, daß er sich nicht irremachen ließ. Denn dieser Jerum war wieder nur der verstellte Holzebocke. Als Ursulus zum dritten Male auf das Schild schlug und den Pumpelirio rief, ach! welche Gestalt trat ihm da in den Weg, wer kniete vor seinem Pferd? Niemand anders war es als seine Mutter Ursula. Sie rang die Hände und rief aus: »Mein Sohn, mein Sohn! wenn du dem Pumpelirio etwas tust, so muß ich sterben.« Ach, bei diesem Anblick brach dem Ursulus das Herz, und schon wollte er umwenden, da stieß der Vogel das Pferd mit seinem Schnabel in die Seite, und das rannte auch diese Gestalt des Pumpelirio über den Haufen, welcher ganz zornig, daß es ihm nicht gelungen war, den Ursulus zu betrügen, nun in Gestalt eines Ungeheuern schwarzen Bockes auf ihn zukam und ihn fragte:
Ei, was willst du, Ursulus?
Da sagte dieser:
Fanferlieschen
Schönefüßchen,
Die ich wieder heilen muß.
Da sagte der Bock wieder:
Pumpelirio biet dir Trutz,
Holzebocke machet Stutz.
Und nun rannte der Bock auf ihn zu und stieß seinen weißen Schimmel über den Haufen, daß er tot niedersank, und die Lanze, mit welcher Ursulus nach dem Bock gestochen, zerbrach. Die guten Vögel aber hatten alle die neunundvierzig Messer, welche sie schon einmal auf den Jerum geworfen hatten, schon auf einem Baum zurechtgelegt und ließen sie eins nach dem andern auf den Holzebock fallen. Er machte sich nichts draus, denn sie blieben alle in ihm stecken und jedes ward ein Horn, so daß er endlich wie ein Stachelschwein aussah. Ursulus hatte sich vom Pferde geschwungen und schlug mit seinem Schwerte auf den Holzebock, aber das zerbrach, und Ursulus ward über den Haufen gerannt. Da bedeckte er sich mit seinem Schilde, und der Bock trampelte mit seinen Füßen auf ihm herum. Das tat dem Fräulein Neuntöter so leid, daß sie dem Bock zwischen die Hörner flog und ihm die Augen aushackte, worüber er erschrecklich zu meckern anfing. Nun griff Ursulus unter dem Schild hervor und faßte den Bock beim Bart und zog das Messer hervor, das ihm seine Mutter gegeben, und stach es dem Holzebock ins Herz. Da machte er noch einen Seitensprung und fiel tot nieder. »Gott sei Dank!« rief Ursulus und raffte sich von der Erde auf: »Ach, wo ist nun Fanferlieschen Schönefüßchen, die ich nun gleich heilen muß?« Da sagte ihm der Neuntöter, daß sie gleich hier in einer Höhle liege und schlafe. Ursulus lief in die Höhle, da lag Fanferlieschen tot auf einer steinernen Bank. Ursulus glaubte, sie schlafe, aber sie war nicht zu wecken, da klagte er Jammer und Not. Überdem kam der Vogel und sagte: »Ursulus, das Blut vom Holzebock ist auf dein Pferd gespritzt, da ist es wieder lebendig geworden.« Da nahm Ursulus gleich von dem Blut und bestrich die Fanferlieschen damit. Da wurde sie wieder lebendig, und nun bestrich er ihr die Augen mit der Fischgalle, da ward sie wieder sehend. Ach, wie glücklich war da Ursulus, auch sie weinte vor Freuden und drückte ihn an ihr Herz. »Geschwind wollen wir nun zu Jerum«, rief sie, »denn der ist in großer Angst.« Da setzte sie der Ursulus hinter sich auf sein Pferd und ritt mit ihr nach der Kirche. Da war große Not und Kummer, denn es war die Nachricht gekommen, daß die Königin Würgipumpa tot mit einem Stich im Herzen auf ihrer Stube gefunden worden sei, und daß ihr die Augen aus dem Kopf gesprungen seien. Der König aber vergaß bald seine Betrübnis, da Ursulus und Fanferlieschen angeritten kamen. Er küßte der Fanferlieschen das schone Füßchen und hob sie vom Pferd und küßte den Ursulus viel tausendmal. Da sagte Fanferlieschen: »Es ist mir lieb, Jerum, daß du dich gebessert hast; aber wo ist Ursula, meine Pflegetochter? Zeige mir sie, daß ich sie umarme.« Bei diesen Worten riß sich der König die Haare aus und schrie: »Weh, weh! ich Elender, ich bin ein Mörder und bleib ein Mörder.« – »Ja«, sagte Fanferlieschen, »das bist du, und deswegen sollst du lebendig in den Turm
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