Italienische Märchen
Glocke hängen und tüchtig läuten, und da habe ich sie auch gehört.
Das Märchen von Gockel und Hinkel
In Deutschland in einem wilden Wald lebte ein altes graues Männchen, und das hieß Gockel. Gockel hatte ein Weib, und das hieß Hinkel. Gockel und Hinkel hatten ein Töchterchen, und das hieß Gackeleia. Ihre Wohnung war in einem alten Schloß, woran nichts auszusetzen war, denn es war nichts drin, aber viel einzusetzen, nämlich Tür und Tor und Fenster. Mit frischer Luft und Sonnenschein und allerlei Wetter war es wohl ausgerüstet, denn das Dach war eingestürzt und die Treppen und Decken und Böden auch. Gras und Kraut wuchs überall, aus allen Winkeln, und Vögel vom Zaunkönig bis zum Storch nisteten in dem wüsten Haus. Es versuchten zwar einigemal auch Geier, Habichte, Weihen, Falken, Eulen, Raben und solche verdächtige Vögel sich da anzusiedeln, aber Gockel schlug es ihnen rund ab, wenn sie ihm gleich allerlei Braten und Fische als Miete bezahlen wollten. Einst aber sprach sein Weib Hinkel: »Mein lieber Gockel, es geht uns sehr knapp, warum willst du die vornehmen Vögel nicht hier wohnen lassen? Wir könnten die Miete doch wohl brauchen; du läßt ja das ganze Schloß von allen möglichen Vögeln bewohnen, welche dir gar nichts dafür bezahlen!« Antwortete Gockel: »O du unvernünftiges Hinkel, vergißt du denn ganz und gar, wer wir sind? Schickt es sich auch wohl für Leute unsrer Herkunft, von der Miete solches Raubgesindels zu leben? Und gesetzt auch, Gott suchte uns mit solchem Elend heim, daß uns die Verzweiflung zu solch unwürdigen Hilfsmitteln triebe, was doch nie geschehen wird, denn eher wollte ich Hungers sterben: womit würden die räuberischen Einwohner uns vor allem die Miete bezahlen? Gewiß würden sie uns alle unsre lieben Gastfreunde erwürgt in die Küche werfen, und zwar auf ihre mörderische Art zerrupft und zerfleischt. Die freundlichen Singvögel, welche uns mit ihrem lieben Gezwitscher unsre wüste Wohnung zu einem anmutigen, herzerfreuenden Aufenthalt machen, willst du doch wohl lieber singen hören als sie gebraten essen? Würde dir das Herz nicht brechen, eine liebe Nachtigall, eine treuliche Grasmücke, einen fröhlichen Distelfink oder gar das liebe, treue Rotkehlchen in der Pfanne zu rösten oder am Spieße zu braten, und dann zuletzt, wenn sie alle die Miete bezahlt hätten, nichts als das Geschrei und Geächze der greulichen Raubtiere zu hören? Aber wenn auch alles dieses zu überwinden wäre, bedenkst du dann in deiner Blindheit nicht, daß diese Spitzbuben allein so gerne hier wohnen möchten, weil sie wissen, daß wir uns von der Hühnerzucht nähren wollen? Haben wir nicht die schöne alte Glucke Gallina jetzt über dreißig Eiern sitzen, werden diese nicht dreißig Hühner werden, und kann nicht jedes wieder dreißig Eier legen, welche es wieder ausbrütet zu dreißig Hühnern? Macht schon dreißigmal dreißig, also neunhundert Hühner, welchen wir entgegensehen. O du unvernünftiges Hinkel! und zu diesen willst du dir Geier und Habichte ins Schloß ziehen! Hast du denn gänzlich vergessen, daß du ein Nachkömmling aus dem hohen Stamme der Grafen von Hennegau bist, und kannst du solche Vorschläge einem gebornen, leider armen, leider verkannten Rauhgrafen von Hanau machen? Ich kenne dich nicht mehr! – O du entsetzliche Armut, ist es denn also wahr, daß du auch die edelsten Herzen endlich mit der Last deines leeren und doch so schweren Sackes zum Staube niederdrückest?« Also redete der arme alte Rauhgraf Gockel von Hanau in edlem, hohem Zorne zu Hinkel von Hennegau, seiner Gattin, welche so betrübt und beschämt und kümmerlich vor ihm stand, als ob sie den Pips hätte.
Hinkel aber sammelte sich und wollte soeben sprechen: »Die Raubvögel bringen aber wohl manchmal junge Hasen«; doch da krähte der alte schwarze, ungemein große Haushahn ihres Mannes, der über ihr auf einem Mauerrande saß, in demselben Augenblick so hell und scharf, daß er ihr das Wort wie mit einer Sichel vor dem Munde wegschnitt, und als er dabei mit den Flügeln schlug und Gockel von Hanau sein zerrissenes Mäntelchen auch auf der Schulter hin und her warf, so sagte die Frau Hinkel von Hennegau auch kein Pipswörtchen mehr; denn sie wußte den Hahn und den Gockel zu ehren.
Sie wollte eben umwenden und weggehn, da sagte Gockel: »O Hinkel! ich brauche dir nichts mehr zu sagen, der ritterliche Alektryo, der Herold, Wappenprüfer und Kreiswärter, Notarius publicus und
Weitere Kostenlose Bücher