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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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Gackeleia leise mitsangen:
Wie so leis die Blätter wehn
In dem lieben, stillen Hain!
Sonne will schon schlafen gehn,
Läßt ihr goldnes Hemdelein
Sinken auf den grünen Rasen,
Wo die schlanken Hirsche grasen
In dem roten Abendschein.
Gute Nacht! Heiapopeia!
Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia.
     
In der Quellen klarer Flut
Treibt kein Fischlein mehr sein Spiel;
Jedes suchet, wo es ruht,
Sein gewöhnlich Ort und Ziel
Und entschlummert überm Lauschen
Auf der Wellen leises Rauschen
Zwischen bunten Kieseln kühl.
Gute Nacht! Heiapopeia!
Singt Gockel, Hinket und Gackeleia.
     
Schlau schaut auf der Felsenwand
Sich die Glockenblume um;
Denn verspätet über Land
Will ein Bienchen mit Gebrumm
Sich zur Nachtherberge melden
In den zarten blauen Zelten,
Schlüpft hinein und wird ganz stumm.
Gute Nacht! Heiapopeia!
Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia.
     
Vöglein, euer schwaches Nest,
Ist das Abendlied vollbracht,
Wird wie eine Burg so fest;
Fromme Vöglein schützt zur Nacht
Gegen Katz und Marderkrallen,
Die im Schlaf sie überfallen,
Gott, der über alle wacht.
Gute Nacht! Heiapopeia!
Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia.
     
Treuer Gott, du bist nicht weit,
Und so ziehn wir ohne Harm
In die wilde Einsamkeit,
Aus des Hofes eitelm Schwarm.
Du wirst uns die Hütte bauen,
Daß wir fromm und voll Vertrauen
Sicher ruhn in deinem Arm.
Gute Nacht! Heiapopeia!
Singt Gockel, Hinkel und Gackeleia.
     
    Als dies Lied zu Ende war, ward der Wald etwas lichter, und sie sahen den feurigen Abendhimmel durch die leeren Fensterbogen des Schlosses schimmern, an dessen offnem Tore sie standen. Ihr Empfang war feierlich. Der Hahn Alektryo saß auf dem steinernen Wappen über dem Tore, schüttelte sich, schlug mit den Flügeln und krähte als ein rechtschaffener Schloßtrompeter dreimal lustig in die Luft, und alle Vöglein, die in dem verlassenen, baumdurchwachsenen Baue wohnten, und welchen der Hahn die Ankunft der gnädigen Herrschaft verkündigt hatte, waren aus ihren Nestern herausgeschlüpft und schmetterten lustige Lieder in die Luft, indem sie sich auf den blühenden Holunderbäumen und wilden Rosenhecken schaukelten, welche ihre Blüten vor den Eintretenden niederstreuten. Der Storch auf dem Schloßgiebel klapperte dazu mit seiner ganzen Familie, daß es schier wie eine große Musik mit Pauken und Trompeten klang.
    Gockel, Hinkel und Gackeleia hießen alle willkommen und traten in die alte, zerfallene Kapelle, wo sie sich an dem Altar neben die wilden Waldblumen niederknieten, ganz nahe dem Grabstein des alten Urgockels von Hanau, und Gott für ihre glückliche Reise dankten und ihn um Schutz und Hülfe anflehten. Während ihrem Gebet waren alle Vögel ganz stille, und da sie sich von den Knien erhoben, lockten Alektryo und Gallina, als Schloßhauptmann und Schlüsseldame, an der Türe, sie sollten ihnen nach dem ausgesuchten Gemache folgen. Sie taten dies, und der Hahn und die Henne schritten gackernd und majestätisch über den Schloßhof auf den wohlerbauten, ganz erhaltenen Hühnerstall zu, der eine große Türe hatte; als Alektryo über die Schwelle schritt, bückte er sich tief mit dem Kopf, als befürchte er, mit seinem hohen roten Kamme oben anzustoßen, da die Türe doch für einen starken Mann hoch genug war; aber dieses war im Gefühle seines Adels, denn alle hohen Adeligen und alle gekrönten Häupter pflegen es so zu machen.
    In diesem Hühnerstalle nun, dessen Fenster in ein kleines Gärtchen gingen, richteten sie sich ein, so gut sie konnten. Gockel machte von grünen Zweigen einen Besen und fegte mit Hinkel den Boden rein; dann machten sie ein Lager von Moos und dürren Blättern, worüber Gockel seinen Mantel und Hinkel ihre Schürze breitete und sich darauf schlafen legten, Gockel rechts, Hinkel links, das Töchterlein Gackeleia in der Mitte zwischen beiden. Der Hahn und die Henne nahmen auch ihren Platz ein, und von der Reise ermüdet, entschliefen sie alle bald.
    Gegen Mitternacht rührte sich Alektryo auf seiner Stange, und Gockel, der vor allerlei Gedanken, was er alles vornehmen wolle, seine Familie zu ernähren, nicht fest schlief, ward munter und sah umher, was vorging. Da bemerkte er an der Türe, durch welche der Mond schien, eine lauernde große Katze; sie tat auf einmal einen Sprung herein, und in demselben Augenblick hörte Gockel ein Gepfeife und fühlte, daß ihm etwas in den weiten Ärmel seiner Jacke lief. Der Hahn und die Henne flatterten schreiend wegen der Katze herum, Gockel sprang auf und trieb die

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