Italienische Novellen, Band 3
willst. Und wenn die fünfzig Dukaten, die du mir läßt, alle sind, so bleibt mir armem Weibe nichts übrig, als mit den Kinderchen betteln zu gehen.«
Die betrübte Frau hörte Tag und Nacht nicht auf zu weinen und zu jammern, worüber denn Fazio, der sie liebte wie seinen Augapfel, ja wie sein Leben teuer hielt, so gerührt und mitleidig ward, daß er sie eines Tages nach Tische allein mit in seine Kammer nahm und, um sie zu trösten und zu ermutigen, ihr genau vom Anfang an erzählte, was ihm mit Guglielmo geschehen war. Darauf nahm er sie bei der Hand und führte sie in seine Schreibstube, wo er sie die mit Gold angefüllten Beutel sehen ließ.
Es läßt sich nicht mit Worten beschreiben, nicht mit Gedanken ermessen, in wie freudiges Erstaunen die Frau über das geriet, was sie hörte und sah. Tausendmal umarmte und küßte sie, aus überströmendem Entzücken, den geliebten Mann, der ihr mit umständlichen Worten dartat, wie notwendig es sei, über diese Dinge zu schweigen, und ihr fernerhin auseinandersetzte, was er im Sinne habe zu tun, und wie ruhig und glückselig ihr Leben nach seiner Wiederkunft sein werde. Der Frau gefiel alles über die Maßen, und sie gab ihrem Manne gern die Erlaubnis, so bald als möglich abzureisen, damit er nur desto eher wieder bei ihr sei. Fazio ordnete mit seiner Pippa alles an, ließ des andern Tages einen starken Kasten mit festem Doppelschloß machen, tat zuunterst drei seiner Goldsäcke, indem er für alle möglichen Fälle den vierten seiner Frau zur Aufbewahrung einhändigte, legte zwölf bis vierzehn aus einer Mischung von Blei, Zinn, Quecksilber und anderen Materien gemachte Brote darauf und ließ die wohlverwahrte Kiste zu Schiffe bringen, gegen den Willen seines Schwiegervaters, seiner Verwandten und Freunde, ja, anscheinend seiner Gattin auch, die ihm mit verstellten Tränen nachging. Ganz Pisa lachte und spottete über den Törichten, und manche, die ihn vorher als schlau und erfinderisch gekannt hatten, glaubten nicht anders, als daß er, wie schon so viele, übergeschnappt und zugrunde gegangen sei über die vermaledeite Alchemie.
Die Pippa blieb vor den Leuten schwerbetrübt daheim, besorgte ihre Wirtschaft und erzog ihre Kinder. Das Schiff aber spannte mit günstigem Winde seine Segel auf, fuhr von dannen und langte zu guter Zeit in Marseille an, wo Fazio, nachdem er eines Nachts zuvor alle seine alchemischen Brote in die See geworfen hatte, mit seinem Kasten landete. Er reiste mit Mauleseltreibern sofort weiter nach Lyon, trug einige Tage nach seiner Ankunft seine Beutel in eine der ersten Banken dieser Stadt und nahm dafür zwei Wechselbriefe auf Pisa, einen an die Firma Lanfranchi, den andern auf das Haus der Gualandi ausgestellt. Dann schrieb er einen Brief an seine zurückgebliebene Frau, worin er sie benachrichtigte, er habe sein Silber gut verkauft und werde bald als reicher Mann wieder in Pisa sein. Verwandte und Freunde, die die wohlunterrichtete Pippa diesen Brief lesen ließ, glaubten freilich von seinem Inhalte nichts und erwarteten geradezu das Gegenteil. Fazio selbst verließ aber wirklich nach einiger Zeit Lyon wieder, reiste nach Marseille, bestieg ein mit Getreide beladenes Biskayisches Schiff und fuhr mit ihm nach Livorno, von wo er vollends zu Lande nach Pisa ging. Dort angekommen, eilte er zuerst zu seiner Frau und zu seinen Kindern, küßte und umhalste vor Freude und Fröhlichkeit jeden, der ihm auf der Straße begegnete, und sagte, er sei mit Gottes Hilfe reich zurückgekehrt, indem sich sein Silber bei jeder Probe gut und echt erwiesen habe. Dann begab er sich mit seinen Wechselbriefen nach den Banken der Gualandi und Lanfranchi und erhielt neuntausend Dukaten dafür ausgezahlt, die er zum Erstaunen und zur Freude seiner Verwandten und Bekannten nach Hause tragen ließ, während ihn alles liebkoste und ihm schöntat und seine Fähigkeiten unerhört pries.
Fazio, der sich nunmehr der reichste unter seinesgleichen sah und bei ganz Pisa festen Glauben fand, daß sein Reichtum aus der Alchemie entstanden sei, dachte daran, ihn geltend zu machen und zu vertun. Er löste zuvörderst sein Gütchen ein, kaufte ein sehr schönes Haus, dem seinigen gegenüber, sowie vier der fettesten Meiereien, die es in der Grafschaft gab, nahm ferner für zweitausend Skudi Schuldverschreibungen des römischen Stuhls und lieh zweitausend in einen Tuchladen, auf zehn vom hundert Zinsen, so daß er sich wie ein Fürst befand. Als er in das neue große Haus
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