Italienische Novellen, Band 3
willen!«
Herr Anastasius, erwacht, sprang sofort im Hemde aus dem Bett. Er rief die Mägde, die schnell mit entzündeter Öllampe herbeieilten, um der zu helfen, die nicht aufhörte weh zu schreien und sich zu beklagen. Sie sagte, der ganze Körper täte ihr weh, und sie fühle, wie ihr Leib sich aufblähe. Die andern wärmten Tücher und Kohlblätter, aber wußten dann nicht mehr was tun, als sie sahen, daß nichts half und der Schmerz und das Geschrei schlimmer wurden, während sie rief: »O ich Unglückliche, ich Arme! O mein lieber Gemahl, ich platze, ich platze, mein lieber, süßer Gemahl! Helft mir, helft mir, ich fleh' Euch an«; und sie verdrehte die Augen auf die unwahrscheinlichste Art.
Herr Anastasius, vor Zärtlichkeit weinend und fürchtend, sie möchte ihm unter den Händen sterben, beschloß zum Arzt zu gehen. Und um ihr etwas Trost zu geben, sagte er es zu seiner Frau, worauf sie antwortete: »Mach schnell, mein guter Gemahl, um Gottes willen! Schnell, sag' ich, damit es nicht zu spät sei!«
»Beruhigt Euch«, erwiderte der Herr, »denn ich will, um so schnell wie möglich zu machen, hier um die Ecke gehen, zu Magister Julius, unserm Nachbarn.«
»Ja, gut,« sagte Fiammetta, »zögert nicht! 0 weh, ich werde sterben, wenn er nicht sofort kommt, um mir irgendwie zu helfen.«
Der Notar verlor keine Zeit und machte sich sofort auf den Weg. Ohne allzulange zu klopfen, gab ihm der Arzt, der bereit stand, Antwort, und so standen sie in wenigen Augenblicken in dem Zimmer, wo sie in Verzweiflung lag. Der Magister grüßte sie und sprach ihr fürs erste Mut zu; dann untersuchte und befühlte er sie am ganzen Körper, wandte sich zum Gatten und sagte: »Sie hat entweder etwas Giftiges gegessen, oder es ist ein Frauenleiden. Ihr müßt, wenn Ihr sie retten wollt, zur Sternenapotheke gehen um eine Latwerge, die ich verordnen werde, ein hervorragendes und besonders angezeigtes Heilmittel gegen Gift wie gegen Frauenleiden.«
»Das ist wenig«, antwortete der Herr und fügte hinzu: »Wachet hier, bis ich wieder da bin.«
»Seid versichert«, sagte der Magister, »daß ich ihr inzwischen ein Hausmittel auf den Leib geben werde, das ich hier mit diesen Mägden zubereiten will.«
»Jetzt werde ich gehen«, sagte Herr Anastasius.
Nachdem man ihm Schreibzeug gebracht, schrieb ihm der Magister ein außergewöhnliches Rezept und sandte ihn eiligst zu jenem Apotheker, der seinen Laden im Wohnhaus hatte. Er aber blieb um Fiammetta, die fortwährend schrie. Aber als sie den Gatten das Tor schließen hörte, begann sie noch stärker zu jammern und beherrschte das ganze Haus mit ihrem Geschrei, indem sie tat, als ob der Schmerz zunähme. Daher sagte der Arzt zu den Mägden, die Mehl und Öl für den Umschlag brachten, daß er einen Zauber machen wolle, da er kein anderes Mittel mehr sehe, sie am Leben zu erhalten. Er wandte sich zu ihnen und befahl, ihm hurtig einen Becher Wein und einen mit Wasser zu bringen, was auch sogleich geschah; worauf der Arzt in jede Hand einen nahm, sich den Anschein gab, als ob er über jedem einzelnen ich weiß nicht welche Formeln spräche und sie der Fiammetta darreichte, den Wein mit der rechten Hand, das Wasser mit der linken, und ihr gebot, vier Schlucke von dem einen und von dem andern zu trinken; und jenen Mägden machte er begreiflich, daß sie, wenn sie die Herrin am Leben erhalten wollten, sofort, die eine auf den höchsten, die andere zum tiefsten Punkt des Hauses gehen müßten, um dort vier Rosenkränze zu beten, je einen zu Ehren der vier Evangelisten. Er gebot ihnen sehr aufmerksam zu sein, damit sie langsam und vollständig beteten und sich durch nichts abbringen ließen, bevor sie nicht fertig gebetet hätten. Die Mägde glaubten fest daran, und obwohl es ihnen verdrießlich erschien, gingen, ohne an anderes zu denken, die Alte hinab in den Keller und die Junge hinauf auf das Dach, jede mit ihrem Rosenkranz; denn sie wollten ihre Herrin heilen, die ununterbrochen mit lauter Stimme schrie und jeden Augenblick ihren Geist aufzugeben schien.
Aber kaum waren die Mägde aus dem Zimmer, ließ Magister Julius Wein und Wasser und Zauber beiseite und sie die Schreie und das Jammern. Welches Vergnügen einer am andern hatte, werdet ihr euch leicht vorstellen können. Und sie hatten Muße, denn Herr Anastasius befand sich auf der Straße nach Fiesole, und bevor er dort war und vom Apotheker die Latwerge zubereitet war, verbrachte er eine gute Weile, und das nahm so viel Zeit in
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