Italienische Novellen, Band 3
du bisher mit den Deinigen versunken, und damit du also mit ihnen deines zukünftigen Daseins dich ebensowohl und redlich zu erfreuen habest wie deines ehemaligen, so geben wir dir zu gleicher Zeit dein sämtliches Vermögen zurück. Nur nimm du dich deinerseits hinwieder wohl in acht, nicht zum zweiten Male auf eine ähnliche Weise der Gerechtigkeit zu verfallen! Wir würden ihr dann ungehindert ihren Lauf lassen und, nachdem du unsere gegenwärtige unverdiente Güte gemißbraucht hättest, wahrlich anderen an dir ein warnendes und abschreckendes Beispiel stiften.«
Pisti sagte den Richtern für die eine wie für die andere ihm erwiesene Gnade unendlichen Dank und schilderte ihnen, wie keineswegs eine vorbedachte Absicht ihn zu dem Morde des Riminesers angetrieben, wohl aber eine gewiß gerechte und unwillkürliche Erbitterung ihn dazu gereizt habe, in die er durch die höchst ungerechten Kränkungen versetzt worden sei, die jener auf öffentlichem Markte seiner eigenen Ehre und der Ehre seiner Gattin angetan habe. Was seine zukünftige Aufführung anlange, so verspreche er, diese so einzurichten, daß er von ihnen darum vielmehr zu beloben als zu bestrafen sei.
Seine Worte erregten das hohe Wohlgefallen seiner Richter, und sie bestärkten ihn in seinen guten Vorsätzen. Nachdem er nun aber für seine eigne Person ihre Huld und Milde erfahren hatte, wollte er doch auch versuchen, ob er von ihnen nicht für jenen Ehrenmann Gnade erwirken könne, der sein Leben so großherzig gegen seine eignen Söhne zuvor beschützt hatte. Er sprach zu ihnen: »Ihr edlen Herren! Die Erhabenheit eurer gegenwärtigen Handlungsweise gegen mich erweckt in mir den Mut, euch eine Gelegenheit zu geben, sie auch gegen einen anderen Schuldigen auszuüben, der ihrer noch würdiger sein mag als ich selbst. Ich lege nämlich hiermit eine demütige Fürbitte bei euch für einen Mann ein, dem ich die Erhaltung dieses meines Lebens verdanke, das mir eure Großmut heute wiedergeschenkt hat.«
Er erzählte ihnen hierauf, wie jener Edelmann, in dessen Macht es zwar gestanden, seine eigene Rückkehr in das Vaterland durch seine Auslieferung zu erkaufen, es doch vorgezogen hatte, in der Verbannung zu beharren, als seine Hände mit dem Blute eines Menschen, der ihn nie beleidigt, zu beflecken, und fügte schließlich nochmals die dringende Bitte hinzu, daß die Richter ihm dafür auch gnädig sein und ihm durch Aufhebung seines Bannes sein Verschulden verzeihen möchten.
Die Herren von Venedig zogen in Betracht, daß das Vergehen des Edelmanns, für den Pisti bat, kein großes war, und daß er es bereits durch die geraume Zeit, die er in der Verbannung zugebracht, gutenteils abgebüßt hatte. Und also willigten sie in den Wunsch des dankbaren Pisti um so lieber, als sie nun an diesem einen Tage Gelegenheit gefunden, ihre Milde in einem rechten Glanze und in ihrem vollen Umfange zu betätigen. Die ganze Stadt war darauf voller Freude und Fröhlichkeit, und es konnte nur etwa jener Hauptmann mit einem gewissen Rechte unzufrieden scheinen, weil er den Mörder allerdings vor Gericht geführt und dennoch Eugenia statt seiner dafür den Lohn erhalten hatte; aber es wurde ihm durch die schon angeführten Gründe dargetan, daß er sich irre, und nachdem er mit einem billigen Anteil an der Summe des Preises abgefunden worden, fand auch er sich zufriedengestellt.
Giovanni Battista Giraldi
Bestrafte Habgier
(Johann Peter Hebel, Der kluge Richter)
Filargiro war ein griechischer Kaufmann aus Korfu, der sich nach Mantua zurückgezogen hatte, nachdem er viel in Italien herumgekommen war, um seine Handelsgeschäfte zu betreiben. Er war vor allen Habgierigen besonders habgierig auf Geld, und obwohl er eine große Menge davon hatte und seine Zahl von Tag zu Tag wuchs, wollte er nichtsdestoweniger immer mehr haben, als er in seinem Besitz wußte, weil in ihm mit dem Geld das Verlangen danach sich vervielfachte.
Eines Tages hatte er nach dem Verkauf einer guten Menge von Waren 400 Goldskudi in eine Geldbörse gesteckt, um sie wegzuschließen, sobald er zu Hause wäre. Aber während er noch mit dem Verkauf seiner anderen Waren beschäftigt war, ließ er die Börse fallen, und ohne daß er es merkte, ging er nach Hause; und wie er hier die Hand an den Ärmel legte, um das Geld hervorzuholen und in die Geldkiste zu verschließen, wo er viele andere Tausende hatte, und seine Börse nicht darin fand, wurde er sehr bestürzt, kehrte auf dem Wege zurück, den er gekommen
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