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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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aber ihn gegenwärtig nur höchst ungern so gefährdet vor sich sah. Sie sagte zu ihm: »Ganz gewiß bist du zu uns gekommen, teurer Mann, mir und deinen Kindern Hilfe in der Not zu bringen; aber konntest du sie uns denn gar nicht durch einen andern senden, ohne dich in so offenbare Gefahr zu stürzen? Würde es bekannt, daß du hier bist, so könnte dich keine menschliche Gewalt erretten. Darum besorge schnell, was du zu besorgen hast, und entferne dich dann schleunigst wieder; beträfe dich unsertwegen irgendein Unglück hier, ich würde mich zeitlebens nicht darüber zufrieden geben.«
    Pisti antwortete: »Ich bin allerdings da, eure Not zu lindern und die Ehre meiner Tochter sicherzustellen; da ich mich aber zu dieser Absicht nicht wohl eines anderen bedienen konnte, so bin ich persönlich gekommen, um dir anzugeben, wie du fürder gemächlich und ehrbar mit den Kindern leben magst.«
    Eugenia bat ihren Mann, sich zu beeilen, damit er wieder entfliehen könnte, ehe er etwa verraten würde, und Pisti ließ die Tochter durch die Mutter holen und sagte zu beiden, als sie vor ihm standen: »Ich habe vielfältig bedacht, meine Lieben, wie ich unserem allseitigen Elend ein endliches Ziel setzen könnte; aber es ist mir durchaus nichts als die Überzeugung in den Sinn gekommen, wie ich dies allein dadurch bewirken kann, daß ich den von den Herren von Venedig auf meine Auslieferung gesetzten Preis unserem eigenen Hause zuwende. Groß genug, was man uns geraubt hat, zu ersetzen, ist er zwar nicht; indessen reicht er hin, euch vor Nahrungssorgen und die Ehre unserer Tochter vor den drohendsten Gefahren zu schützen. Ich fordere dich daher auf, Eugenia, morgen zu unserer Obrigkeit zu gehen, von ihr den Lohn einzufordern, den sie demjenigen versprochen hat, der mich lebendig in ihre Hände liefere, und mich ihrer Willkür alsdann zu überantworten; denn ich will viel lieber hundertfältigen Tod erleiden, als die etwaige Schande meiner Tochter erleben.«
    Auf diese Worte wurde die Jungfrau feuerrot im ganzen Gesichte und schämte sich so sehr, daß sie die Augen zu Boden schlug und vor bitterlichem Weinen nichts erwidern konnte. Eugenia aber, die eher alles andere geglaubt, als daß Pisti in dieser Absicht zurückgekommen, warf es sich innerlich vor, ihm jene Mitteilungen über ihre Tochter gemacht zu haben, die nunmehr einen so üblen Erfolg hatten. Ein Strom von Tränen stürzte aus ihren Augen, indem sie anhub zu sagen: »Also soll mich, Pisti, das furchtbare Schicksal treffen, daß ich meinen Gatten verkaufe, um sein Blut von der Hand des Henkers vergießen zu sehen, und daß ich von dem Ertrage dieses Handels mein Leben friste, das ich doch mit Freuden für das deinige hingeben möchte? Nimmermehr geschehe das! Ich will lieber sterben, als daß man von mir sage, ich habe mir das Leben um einen solchen Preis erkauft. Ja, da ich mit dir, mein teurer Gatte, nicht leben kann, so laß uns miteinander sterben und unsere Not also auf einmal enden!«
    Nach diesen von Schluchzen und Weinen viele Male unterbrochenen Worten wollte Eugenia sich an die Brust ihres Mannes werfen; er hielt es aber nicht aus, wich ein wenig zurück und sagte: »Eugenia, du hast kein Verbrechen begangen, wodurch du verdient habest, mit mir zugleich zu sterben; dein Tod würde, im Gegensatze zu dem meinen, unserer Familie von keinem Nutzen sein: weine also nicht mehr, Eugenia, und auch du nicht, meine Tochter, und bereite dich, meinen Willen zu befolgen! Tust du das nicht, so verlaß dich darauf, daß ich selber mich den Gerichten überliefere.«
    Sowie sie diese Rede vernahmen, fingen die beiden Frauen laut an zu weinen und zu schreien. Derweil sie sich aber also ihrem Schmerze überließen und Pisti sie tröstete und zu seiner Meinung zu überreden suchte, trug es sich zu, daß der die Wache habende Hauptmann von ungefähr an dem Hause vorüberging, den Jammer hörte und, weil er nicht begriff, was derselbe zu bedeuten habe, Einlaß begehrend an die Türe klopfte. Ein unerhörtes Unglück wollte, daß Pistis kleiner Sohn gerade bei der Hand war, das Türseil, ohne zu wissen, was er tat, anzog und damit die Tür so schnell öffnete, daß Pisti keine Zeit übrigbehielt, sich zu verbergen. Der Hauptmann trat mit einigen Schergen ein, sah Pisti zwischen den beiden weinenden Frauen vor sich stehen und erstaunte über dessen Verwegenheit, auf Gefahr seines Lebens hin wiedergekommen zu sein. Hocherfreut indessen über den ihm also zufallenden Preis seiner

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