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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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lebendigen Überlieferung, bemächtigte er sich Pistis, band ihm die Hände auf den Rücken und wollte ihn abführen.
    Darüber, daß sein Tod nun, anstatt den Seinigen, dem Hauptmanne zugute kommen mußte, empfand Pisti ein so heftiges Leid, daß er nahe daran war, entseelt zu Boden zu sinken; die beiden Frauen aber hätten durch den Ausdruck ihrer Verzweiflung über dieses unerwartete neue Mißgeschick wohl Steine zu Mitleiden bewegen können. Sie erbaten sich und erlangten vom Hauptmanne die Erlaubnis, Pisti nach dem Gerichtshofe zu begleiten, um ihm dort das letzte Lebewohl zu sagen. Sie legten Trauerkleider an und erschienen, um Erbarmen flehend, mit ihm vor den Herren von Venedig, die der Hauptmann folgendermaßen anredete: »Dieser gefangene arme Sünder ist jener Pisti, dem ihr schon lange Zeit vergeblich nachstellt, um die Strafe seines Verbrechens an ihm zu vollziehen. Ich überliefere ihn hiermit lebendig der Gerechtigkeit und bitte euch, den von euch dafür ausgesetzten Lohn mir zufließen zu lassen.«
    Wie nun hierauf die Herren Pisti in so übler Lage sahen, fragten sie ihn, warum er so einfältig gewesen sei, seinem schmählichen Tode gerade entgegenzulaufen? Er stand wie betäubt ihnen gegenüber und erwiderte nichts. Eugenia jedoch brach unter kläglichen Gebärden in die folgenden Worte aus: »Vernehmt, ihr Herren, das allerärgste Mißgeschick, das jemals einen sterblichen Menschen betreffen konnte: Dieser mein Ehegatte, der Vater des unglücklichen Mädchens hier, hörte in seiner Verbannung, welche Not wir beide um des Umstandes willen litten, daß uns, auf euren Befehl alle unsere Habe weggenommen worden war, und zog sich diese dermaßen zu Herzen, daß er, in der Besorgnis, der Hunger werde am Ende mich und meinen kleinen Sohn töten und vielleicht gar die Tugend unserer Tochter wankend machen, nach Venedig mit dem Vorsatze zurückkehrte, mich zu überreden, ich solle ihn euch gefänglich zuführen und mit dem Lohne dieser Tat meinen Lebensunterhalt und die Aussteuer meiner Tochter bestreiten. Ich weigerte mich, dies als etwas unerhört Schmähliches zu tun, das mich selbst den Hunden verächtlich machen müsse, weinte mit meiner Tochter über unser Leiden und versuchte noch, ihn durch Bitten und Beschwörungen, wiewohl vergebens, von seinem festen Entschlusse abzubringen, – als der Hauptmann unser Schreien und Weinen hörte, in unser Haus eindrang und ihn aus unseren Armen riß, um ihn euch in Banden hierher zu bringen, wo der Arme vor euch steht und über seine letzten fehlgeschlagenen Hoffnungen die Besinnung verloren hat. Ihr Herren Richter mögt jetzt selbst urteilen, ob wir in solcher Bedrängnis gerechte oder ungerechte Tränen weinen und Klagen erheben. Und da euch niemals ein betrübterer und eures Mitleids würdigerer Fall vorgekommen ist, so bitte ich euch, gesetzt, daß die Bitten Unglücklicher über eure großmütigen Herzen etwas vermögen, daß ihr diesmal die Strenge der Gesetze zu unseren Gunsten mildern und Gnade vor Recht wollet ergehen lassen, als worauf wir die einzigen und letzten Hoffnungen setzen, die uns für dieses Leben geblieben sind.«
    Hier schwieg Eugenia still, denn sie konnte vor ihrem eigenen Weinen und Schluchzen nicht weiterreden.
    Die Herren von Venedig waren von der Außerordentlichkeit dieses Falles betroffen. Es nahm sie höchlich wunder, daß der zum Tode verdammte Pisti zurückgekehrt sei, aus unendlicher Liebe zu Frau und Kindern freiwillig sein Leben hinzugeben, und da diese seltene Großherzigkeit ihre notwendige Einwirkung auf ihre Herzen nicht verfehlte, so geschah es, daß sie in ihrer desfallsigen Beratschlagung von Mitleiden mit ihm, seiner Frau und seinen Kindern bewogen wurden, ihm das Leben zu schenken. Sie ließen dazu sogar die zweitausend Skudi herbeibringen und händigten sie Eugenia mit den Worten ein: Da sie eigentlich habe diejenige sein sollen, durch die ihr Mann, der nur darum zurückgekehrt sei, sich den Gerichten habe überliefern zu wollen, so befänden sie für gut, von dem Umstande, der die Ausführung dieses Planes verhindert habe, abzusehen und ihr die zweitausend Skudi, die ihr Gatte ihr zugedacht, hiermit desungeachtet und zwar zu der Ausstattung ihrer Tochter auszuzahlen. Zu Pisti selbst aber gewendet, fuhren sie zu reden fort: »Was dich anbetrifft, so geht unsere Meinung nicht bloß dahin, dir das nackte Leben allein zu schenken. Wir wollen im Gegenteile vielmehr, daß du fernerhin des Mangels überhoben seist, in dem

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