Italienische Verführung
sie und das Kind, mit dem unsere Beziehung eventuell gesegnet sein wird, angemessen zu sorgen.“
Der Anwalt hob die buschigen weißen Brauen. „Ist diese Hoffnung nicht etwas verfrüht, Mylord?“
„Nein, Franchetti, das ist sie nicht.“ Anthony wusste, dass die vielen Jahre, die dieser Mann im Dienste seiner Familie stand, ihm eine gewisse Offenheit erlaubten. Doch das war immer noch kein Grund für Anthony, ihm die Details seiner Bekanntschaft mit Diana zu erzählen. „Setzen Sie die Schriftstücke auf, und ich werde sie unterzeichnen.“
„Sehr wohl, Mylord.“ Mit einem letzten missbilligenden Naserümpfen beugte der Anwalt sich über den Entwurf und schrieb Anthonys geänderten letzten Willen ab.
Anthony wandte sich ab und ging ans Fenster. Blicklos starrte er in den nächtlichen Himmel über der Stadt. Hinter ihm kratzte Franchetti mit der Feder über die Seite und änderte sein Testament dahingehend, dass er Diana in jeder Hinsicht zu Anthonys Ehefrau machte, außer vor dem Altar. Dank ihres Vaters war sie bereits eine reiche Frau, und Anthony bezweifelte, ob sie der Vorsorge, die er hier traf, wirklich bedurfte. Doch sollte sie sein Kind erwarten, dann wollte er keine Zweifel wegen der Vaterschaft aufkommen lassen. Um ihretwillen wollte er sich so anständig wie möglich verhalten.
Müde rieb er sich den Nacken. Er hatte alles Notwendige getan. Weiß Gott, in solchen Dingen besaß er genug Erfahrung, auch wenn er nie geglaubt hätte, dass er sie noch einmal benötigen würde. Er hatte seine Pistolen kontrolliert und geputzt und hatte sich mit seinen Sekundanten getroffen. Es waren alte Freunde, die ihn natürlich hatten überreden wollen, sich nicht zu duellieren. Er hatte noch einmal Sir Thomas zugehört, der ihm beteuerte, es Diana zuliebe nicht zu tun. Doch in erster Linie hatte er ja ihretwillen Warwicks Herausforderung angenommen. Nie würde er zulassen, dass jemand behauptete, er liebte sie nicht, oder dass er sie nur wegen dieser törichten Wette heiraten würde.
Während er immer geglaubt hatte, der Familie seiner Mutter nachgeraten zu sein, gab es definitiv Wesensarten, die er allein von seinem Vater geerbt hatte. Er besaß einen unfehlbaren, tief verwurzelten, absolut englischen Sinn für Ehre und dafür, wie ein ehrenwerter Gentleman sich zu benehmen hatte. Deswegen bedeutete ihm das Duell auch so viel. Jetzt, da er sich in eine wahre englische Dame aus höchstem Adel verliebt hatte, wollte er sie auch mit allem Respekt und all der Ehrerbietung behandeln, die ihr gebührten. Und wenn das bedeutete, dass er im Morgennebel auf dem Forum – denn dort hatten sie sich verabredet – dem Tod aus der Pistole eines anderen Mannes die Stirn bieten musste, nun gut, dann war es eben so. Seine geliebte Diana war es ihm wert und noch viel, viel mehr.
Anthony verschränkte die Hände hinter dem Kopf und schloss die Augen. Er war erschöpft, doch er wusste, dass es vernünftiger war, jetzt nicht zu Bett zu gehen. Dort würde er sich doch nur unruhig hin und her werfen und immerfort an sie denken müssen. Besser war es, Warwick in diesem Zustand der Gereiztheit gegenüberzutreten, der seine Reflexe schärfte. Er würde gewinnen und seine Satisfaktion bekommen. Anthony bezweifelte, dass Warwick viel Erfahrung mit Duellen hatte. Und noch weniger besaß er gute Nerven. Doch der Ablauf eines Duells war nicht vorhersehbar. Manchmal kniff einer und trat gar nicht erst an. Im falschen Moment konnten Vertreter der Obrigkeit auftauchen und dafür sorgen, dass alle sich zerstreuten. Ein Gegner wurde vielleicht unruhig und drückte den Abzug zu früh. Zu oft hatten die Pistolen Fehlzündungen oder gingen gar nicht los.
Nein, es war besser, nicht an all das zu denken. Lieber dachte er an Diana und daran, wie hinreißend sie auf den zerwühlten Laken seines Bettes ausgesehen hatte. Ihr Haar hatte sich über das Kopfkissen ausgebreitet, und das Zimmer war erfüllt gewesen vom Duft ihres Liebesspiels.
Anthony fragte sich, wie ihre Kinder wohl aussehen würden. Golden und elfenbeinfarben wie sie oder dunkel wie er? Seine beiden Brüder waren rotwangig und hellhaarig, wie es auch sein Vater gewesen war. Also würde es wahrscheinlich bei seinen Kindern genauso sein. Wenn man bedachte, wie viele andere Frauen er gehabt hatte, so war es schon eigenartig, dass er sich jetzt zum ersten Mal ein Kind wünschte. Er wünschte sich, dass Diana guter Hoffnung war. Mit ihrem gemeinsamen Kind. Der Gedanke gefiel ihm. Ein Kind
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