Italienische Verführung
haben in der Kirche zu schweigen‘. In der Kirche oder im Theater nicht singen zu dürfen! Man sagt, ihre besten Vorstellungen seien die privaten, wenn sie im Schlafzimmer singt. Aber Ihnen muss ich das ja nicht erzählen, wo Sie doch selbst ihre höchst private Loge besetzt hielten.“
„Genug, Dandolo“, warnte Anthony ihn milde. „Ich will keine Verleumdungen hören.“
Dandolo hob eine seiner sorgfältig nachgezogenen Brauen. „Was wird wohl Ihre neue Geliebte dazu sagen, Mylord? Was wird sie wohl von solcher Loyalität ihrer Vorgängerin gegenüber halten?“
„Meine neue Geliebte?“ Lächelnd nippte Anthony an seinem Wein, bevor er antwortete. Dandolo war ein notorisches Klatschmaul und ließ sich nie eine gute Geschichte entgehen, ganz egal, ob sie nun der Wahrheit entsprach oder nicht. „Ich weiß nicht, was Sie meinen, Sir.“
„Nein, Mylord?“ Dandolo hielt die Hand gegen den Himmel und bewunderte träge den Ring an seinem Finger. „Lucia erzählte mir, wie sehr Sie von einer gewissen hübschen englischen Dame eingenommen sind. Sie schwor auf den Rosenkranz ihrer Mutter, dass es wahr sei und dass wir wegen einer Wette, die sie mit Ihnen abgeschlossen hat, noch vor Weihnachten eine englische Hochzeit feiern würden.“
„Lucia ist ein wenig verwirrt“, meinte Anthony leichthin. „Was diese hübsche englische Dame betrifft, so stimmt es, dass Lucia und ich wegen ihr eine kleine Wette abgeschlossen haben, die ich jedoch zu gewinnen beabsichtige. Lucias Einsatz ist, dass sie auf den Stufen über der Piazza Spagna singen wird. Ein großzügiges Geschenk von ihr an all die Römer, die sie leider nie haben singen hören. Und was meinen Einsatz betrifft – ach, der ist völlig unwichtig, denn ich werde gewinnen, Sir, weil ich gewinnen will.“
„Bei so viel Selbstvertrauen wird Sie meine kleine Neuigkeit wohl kaum interessieren, Mylord“, konterte Dandolo und schnaubte beleidigt. „Ich habe sie von einer zuverlässigen Quelle im Britischen Konsulat, wohlgemerkt. Doch sie ist wohl kaum von Bedeutung für einen großen Lord mit solch unzweifelhaften Verführungskünsten, solcher Könnerschaft im Schafzimmer …“
„Ach, zum Teufel, Dandolo, erzählen Sie mir schon Ihre Neuigkeit.“ Anthony widerte das Spiel des anderen an. Aber noch mehr widerte ihn an, dass er selbst unbedingt mehr über den Skandal wissen wollte, mit dem Dandolo ihn hier lockte. „Was haben Sie gehört?“
Dandolos großer roter Mund verzog sich zu einem glücklichen, verschwörerischen Lächeln. „Sie haben einen Rivalen bei der Dame. Der englische Lord Edward Warwick zeigt entschiedenes Interesse an ihr und sie auch an ihm.“
„Ach, Warwick.“ Anthony war erleichterter, als er es sich eingestehen wollte. „Der bedeutet ihr nichts.“
„Nichts, Mylord? Und warum ziehen dann beide Parteien diskrete Erkundigungen betreffs der, äh, Situation der jeweils anderen ein?“
„Was? Warwick erkundigt sich über die Vergangenheit der Dame?“
„Nein, nein, es ist viel ernster, Mylord“, schnurrte Dandolo. „Er erkundigt sich nach der Höhe ihrer Mitgift und wie hoch sie in der Gunst ihres Vaters steht.“
Anthony runzelte die Stirn. „Wenn ihre Leute sich nach Warwick erkundigen, werden sie erfahren, was für ein elender Gauner er ist.“
„Nein, sie werden vielmehr erfahren, dass seine Familie wohlhabend, adelig und respektabel ist“, erwiderte Dandolo. „Der Konsul ist gut bekannt mit ihr und so sehr bereit, sich für diesen Warwick zu verbürgen, dass er selbst ihrer Familie gegenüber für diese Verbindung wirbt. Man erwartet jeden Tag die Bekanntgabe der Verlobung.“
„Das ist lächerlich, Dandolo“, fuhr Anthony auf und erinnerte sich daran, wie zögernd Diana diesen Warwick verteidigt hatte. „Die Dame ist ihm ganz sicher nicht zugetan.“
Dandolos Lächeln wirkte jetzt leicht verschlagen. „Aber was ist, wenn die junge Dame sich nach der Vernunft richten muss und nicht nach dem Herzen? Was, wenn sie seinen Antrag als ein großes Geschenk betrachten muss – oder vielleicht als das einzige Geschenk, das sie noch zu erwarten hat?“
„Sie ist die Tochter eines Peers, mit der dazugehörenden Mitgift. Und sie ist eine Schönheit. Es wird mehr Männer geben, die nach diesem Köder gieren, als sie zählen kann.“
„Ich habe aber gehört, Engländer würden von ihren adeligen Bräuten erwarten, dass ihnen nicht der geringste Skandal anhaftet“, meinte Dandolo genüsslich. „Und ich habe
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