Italienische Verführung
Geschichten über gewisse, äh, Abenteuer ihrerseits in Paris vernommen, in die ein gemeiner alter Lüstling verwickelt war. Das dürfte ihren jungfräulichen Wert etwas schmälern.“
„Sodass nur noch Warwick als Ehekandidat für sie infrage kommt?“ Anthony legte in keiner Weise Wert darauf, dass das Mädchen noch Jungfrau war. Im Allgemeinen hielt er Jungfräulichkeit für ziemlich überbewertet und eher für ein Ärgernis, das oft zu hysterischen Anfällen führte. Doch vermutlich würden alle seine englischen Cousins darauf bestehen, bei ihren Ehefrauen der Erste zu sein. „Wie schade für sie.“
„Aber ein großer Vorteil für Sie und Ihre Wette, Mylord.“ Dandolo kicherte schelmisch. „Wenn die Dame der Neigung bereits zugeneigt ist, dann wird ganz Rom sicherlich bald dem Lied der hübschen Lucia lauschen können.“
Anthony stimmte in sein Lachen ein. In Gedanken war er jedoch wieder bei Diana, erinnerte sich, wie sie errötet war und wie ihre blauen Augen Funken gesprüht hatten, während er sie über die Rücklehne der Kutsche hinweg geneckt hatte. Sie war so lebhaft und geistreich, dass es ihn traurig stimmte, sie sich an Warwicks Seite vorzustellen. Sollte sie zu einer so enttäuschenden Verbindung gezwungen werden, dann verdiente sie ein paar wunderschöne Erinnerungen, von denen sie für den Rest ihres Lebens würde zehren können. Und, Wette hin oder her, Anthony würde sie ihr gerne schenken. Aber er musste jetzt schneller handeln, als er eigentlich geplant hatte. Wenn Warwick erst einmal Anspruch auf sie erhob, würde er selbst keine Gelegenheit mehr bekommen, die Wette zu gewinnen.
Er ließ den Wein in seinem Glas kreisen. „Haben Sie Lucia schon davon erzählt?“
„Bei allen Heiligen, nein“, meinte Dandolo spöttisch. „Wir Männer müssen doch zusammenhalten, nicht wahr, Mylord? Warum sollte ich Ihnen eine Heirat gegen Ihren Willen wünschen? Ich werde Ihnen Karten für eine unserer morgigen Proben zukommen lassen. Bis jetzt ist unsere Truppe nichts als ein zusammengewürfelter Haufen. Die Musiker sind schlecht gelaunt und ungeschickt und die Kulissen nicht viel besser als Ruinen. Und doch verzehren sich die englischen Damen nach unseren Possen wie nach einer großen Schüssel voll Schlagsahne mit Honig.“
„Und sie ist durch und durch englisch.“ Anthony lachte leise und stellte sich das Entzücken des Mädchens über eine solche Einladung vor. Nicht, dass er ihr die Karten direkt zuschicken würde. Er hatte einen anderen Plan im Kopf, eine unterhaltsamere Art und Weise, sie beide wieder zusammenzubringen. „Höchstwahrscheinlich werden sie und ihre Gouvernante es für Sahne und Honig halten und auch noch für diesen abscheulichen englischen Sirup dazu. Ich danke Ihnen, Dandolo.“
„Nicht, dass Sie meinen armseligen Köder wirklich benötigten“, meinte Dandolo verschmitzt. „Sie doch nicht. Sie sind so ein gerissener Fuchs, dass sie dem jungen Ding noch nicht einmal Ihren Namen genannt haben.“
„Ich ließ sie im Glauben, ich sei Italiener“, erwiderte Anthony achselzuckend. „Antonio di Randolfo. Es erschien mir … weniger kompliziert.“
„Und man spart sich einige Unannehmlichkeiten, wenn sie den Namen dessen nie erfährt, der ihren Ruf gänzlich ruiniert.“ Dandolo grinste schadenfroh und spreizte affektiert den kleinen Finger ab. „Lord Anthony Randolph, jüngster Sohn des ach so englischen Earl of Markham.“
Anthony blickte über das Balkongitter hinüber zu dem Haus in der Ferne, wo er Diana jetzt schlafend in ihrem Bett wusste. Nein, sie würde nie seinen wirklichen Namen erfahren oder seinen Titel oder die Tatsache, dass er zur Hälfte genauso untadelig englisch war wie sie. Nie würde sie von der Wette zwischen ihm und Lucia wissen. Alles, was die goldhaarige Lady Diana wissen würde, wäre, dass er ihr größere Freuden geschenkt hatte, als sie je bei ihrem tölpelhaften Ehemann finden würde. Nicht mehr als eine bittersüße Erinnerung würde er für sie sein. Eine Erinnerung, die mit der Zeit verblasste wie eine zwischen Liebesbriefen gepresste Rosenknospe, die langsam zerfiel.
Das war alles, was er für sie sein wollte. Doch wenn er sich an ihr Lächeln erinnerte, verspürte er eine unerwartete Melancholie bei der Vorstellung, ebenso dahinzuschwinden wie die kleine zerbrechliche Rose.
Im Stillen mahnte er sich selbst zur Ordnung. Was war bloß über ihn gekommen? Noch nie zuvor war er wegen einer Frau sentimental geworden, und er hatte
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