Italienische Verführung
nicht vor, jetzt damit anzufangen.
Er hob sein Glas. „Auf den Sieg der Männer, nicht wahr, Dandolo?“, meinte er mit seinem verwegensten Grinsen. „Und auf die Wette, die ihn besiegeln wird.“
Langsam folgte Diana ihrer Gouvernante die Treppe hinunter, wo unten bereits die Kutsche mit Edward und seinem Onkel auf sie wartete. Bei jedem Schritt zögerte sie und achtete darauf, dass Miss Wood ein ganzes Stück vor ihr ging. Jetzt war sie fast schon an der Tür.
Vor zwei Wochen – sogar vor zwei Tagen! – hätte sie nicht einmal gewagt sich vorzustellen, was sie jetzt in die Tat umsetzen wollte. Sie unterdrückte ihre Aufregung und genoss das altvertraute Gefühl der Rebellion, das sie noch aus einer Zeit kannte, in der sie sich nicht hatte ändern wollen. Schließlich blieb sie auf einer der mittleren Stufen stehen.
„Oh, Miss Wood, ich habe etwas in meinem Zimmer vergessen!“, rief sie und drehte sich um. „Gehen Sie nur voraus und entschuldigen Sie mich bei den Herren. Ich komme sofort nach.“
„Lady Diana.“ Die Hände in die Hüften gestemmt, sah Miss Wood zu ihr herauf. „Gehen Sie, gehen Sie, aber lassen sie uns nicht länger warten als unbedingt nötig.“
„Ja, Miss Wood.“ Diana freute sich, dass ihre Gouvernante ihr vergnügtes Lächeln nicht sehen konnte und auch nicht mitbekam, wie sie, kaum dass sie ihr Zimmer erreicht hatte, die Schuhe von den Füßen schleuderte und den Hut vom Kopf riss, ohne sich Zeit zu nehmen, die Hutnadeln herauszuziehen.
„Schnell, Deborah, mach rasch!“, befahl sie der Kammerzofe, während sie sich aus ihrem Kleid schälte. „Mein Reitkostüm!“
„Ihre Reitkleidung, Mylady?“, fragte Deborah, während sie schon eilte, um das fein gearbeitete, marineblaue Oberteil des Kleids zu holen. Ihre Finger flogen über die in einer Doppelreihe angeordneten Zinnknöpfe und schlossen sie. „Ich wusste nicht, dass Sie ausreiten würden, Mylady, sonst hätte ich Ihnen die richtigen Sachen bereitgelegt.“
„Das wusste keiner, Deborah“, entgegnete Diana atemlos und zog sich die Stiefel an, ohne der Zofe Zeit zu lassen, ihr dabei zu helfen. „Schnell, meinen Hut!“
„Ja, Mylady.“ Deborah trat einen Schritt zurück und ließ Diana sich selbst den Hut aufsetzen.
Diesen ganz besonderen Reithut mochte Deborahs am liebsten. Er war aus hellblau gefärbtem Biberpelz mit einer Feder, die neckisch über einem Auge wippte. Diana schob sie etwas zur Seite und zog sie dann herunter, dass sie beinahe ihre Wange streifte. Wenn das einen Gentleman nicht auf den Gedanken brachte, sie zu küssen, dann würde ihn nichts dazu bringen. Diana warf ihrem Spiegelbild einen Kuss zu. Statt ihres Sonnenschirms griff sie nach ihrer Reitgerte und lief die Treppen hinunter, durch die Tür, die ihr von einem verblüfften Diener, der sie mit offenem Mund anstarrte, aufgehalten wurde, hinaus auf die Straße zu der Kutsche mit den anderen.
Ein Blick in die drei Gesichter vor ihr genügte, um zu wissen: Sie hatte das Richtige getan. Es war verantwortungslos und impulsiv, aber es war das Richtige für sie.
Miss Wood sprach als Erste. „Mylady, darf ich fragen, warum Sie diese Kleidung angezogen haben?“
„Weil ich es satt habe, wie eine brave Bauersfrau auf dem Rücksitz eines offenen Wagens herumkutschiert zu werden“, antwortete Diana fröhlich. „Lord Edward, ich habe beschlossen, dass wir stattdessen heute reiten. Ich möchte die Ruinen auf dem Palatin besichtigen. Sie sollen faszinierend sein, wie ich gehört habe.“
Verständnislos starrte er sie an, gerade so, als hätte sie ihn aufgefordert, wie Ikarus die Arme zu schwingen und zur Sonne aufzusteigen. „Reiten, Mylady? Auf einem Pferd?“
„Ja, auf einem Pferd“, erklärte sie und sah ihn dabei fest an. „Außer, es gibt hier irgendein anderes Tier, auf dem die Römer reiten.“
„Meine liebe Lady Diana“, begann sein Onkel und faltete betulich die Hände vor dem Bauch. „Ich weiß, wie sehr Sie sich in der Kutsche eingesperrt fühlen müssen. Doch ich versichere Ihnen, dies ist für Damen die erwiesenermaßen bequemste Art, sich in Rom fortzubewegen.“
„Das mag für römische Damen gelten, Reverend Mylord“, meinte Diana. „Doch heute sollte ich dem Reiten den Vorzug geben. Wollen Sie mich begleiten, Lord Edward?“
Miss Wood trat einen Schritt vor. Auch sie hielt die Hände gefaltet, und der schmale Rand ihres Hutes zitterte.
„Bitte, Mylady. Es mag verlockend sein, aber es ist sehr unbesonnen von
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