Italienische Verführung
Ihnen“, sagte sie mit leiser, ernster Stimme. „Sie sollten es sich noch einmal überlegen. Wir sind hier in Rom, an einem fremden Ort. Es wäre nicht schicklich für Sie, ohne weitere Begleitung mit einem Mann auszureiten, auch wenn er so ein ehrenwerter Gentleman ist wie Seine Lordschaft.“
„Aber ich bin keine römische Dame, Miss Wood, ich bin eine englische.“ Bereits jetzt war Dianas wollenes Reitkleid zu warm für die nachmittägliche Sonne, und sie spürte, wie es ihr unter dem Hemd immer heißer wurde. Doch nachzugeben würde bedeuten, einen Fehler einzugestehen. „Sie und Reverend Lord Patterson können mit der Kutsche nachfolgen. Und außerdem, wie sollte jemand während des Reitens etwas Unbedachtes tun?“
„Mylady“, sagte Miss Wood in unheilvollem Flüsterton, „sollte es einen Weg geben, werden Sie ihn sicherlich finden. Zeigen Sie doch ein Mal in Ihrem Leben etwas Verstand und …“
„Wir werden reiten, Mylady“, unterbrach Lord Edward sie ruhig.„Auf den Palatin. Wenn Sie es sich wünschen, dann werden wir das auch tun, sobald ich nach geeigneten Reittieren geschickt habe.“
Diana neigte den Kopf zur Seite. Sie forderte ihn heraus. Beide wussten sie das. „Sie wollen mir den Gefallen tun, Mylord?“
„Ich bin bereit, alles zu tun, was Ihnen Freude macht, Mylady.“ Das goldblonde Haar fiel ihm in die Stirn, als er sich leicht vor ihr verbeugte. Er lächelte zwar, doch die Art, wie er den Mund verzog, drückte weder Freude noch Wohlwollen aus. Ja, er würde tun, was sie verlangte. Aber es war klar zu erkennen, dass er darüber nicht glücklich war.
Doch anstatt jetzt vorsichtiger zu werden, empfand Diana sein Missvergnügen als seltsam erregend. So, als wäre es ihr dadurch, da sie zum ersten Mal wieder sie selbst war, gelungen, auch einen ehrlicheren Edward zu entdecken. Vielleicht war er ja stärker und männlicher, als sie ihn eingeschätzt hatte. Vielleicht konnte er sie wirklich vergessen lassen, dass sie Antonio di Randolfo je geküsst hatte.
Die Feder an ihrem Hut kitzelte sie an der Wange, als sie ihm nun die Hand entgegenstreckte. „Wenn Sie so sehr wünschen, mich zu erfreuen, Mylord, nun dann will auch ich mein Bestes tun, Sie zu erfreuen.“
„Das darf ich doch hoffen, Mylady.“ Er nahm die dargebotene Hand und schloss die Finger fest um die ihren. „Das darf ich doch hoffen.“
5. KAPITEL
Der Palatin, wie Diana ihn sich erhoffte, hatte seine Farbigkeit durch Antonios Schilderung erhalten. Sie hatte einen wildromantischen Ort vor sich gesehen, über dem ein frischer Abendwind den Himmel blank fegte und die Sterne am Himmel funkeln ließ. Sie war durch die geisterhaft weißen Ruinen galoppiert, die Mähne ihres Pferdes streifte ihre Hände, und ihr eigenes Haar fiel ihr ungewohnt offen über die Schultern, während der Mann lachend neben ihr ritt.
Doch die Wirklichkeit auf dem Palatin war weit staubiger und unbequemer. Sie hatte nicht bedacht, dass der Hügel so weit von ihrer Unterkunft entfernt war. Alle Sterne, die man ihr versprochen hatte, waren unter der unvermindert heiß niederbrennenden Nachmittagssonne verblasst. Die Wildnis beschränkte sich auf eine große Anzahl räudiger, unterernährter Katzen, die sich zwischen den zerfallenen Mauern verbargen oder dahinter hervorschossen. Und was die Romantik betraf, nun, die war so gut wie gar nicht vorhanden.
„Reiten Sie doch bitte etwas langsamer, Mylady“, murrte Edward, während ihre Stute – eine hübsche kleine Braune mit dem Namen Zucchero – energisch vorwärtsstrebte. „Wir werden sonst schon wieder der Kutsche zu weit voraus sein.“
„Ich bitte Sie, Mylord, Sie scherzen.“ Da er sich auf ihre Seite gestellt und ihr mit den Pferden einen Gefallen erwiesen hatte, war Diana eigentlich bereit, sich mit ihm zu verstehen. Aber sie wünschte, er würde sie nicht herumkommandieren, als wäre er ihr Herr und Meister. „Heute sind die Straßen so voller Menschen, dass ich die Kutsche nicht hätte hinter mir lassen können, auch wenn mein Leben davon abhängen würde.“
„Sie sind eine geübte Reiterin“, sagte er und dirigierte seinen Wallach ungeschickt um einen Mann mit einem Wagen voller Flaschen herum, der sich weigerte, ihm aus dem Weg zu gehen. Bestenfalls konnte man ihn einen unsicheren Reiter nennen. Und das ließ auf gewisse Art das Zugeständnis, das er ihr machte, noch großzügiger erscheinen. „Selbst in dieser verwinkelten Stadt können Sie so schnell reiten, wie es Ihnen
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