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Ivanhoe

Ivanhoe

Titel: Ivanhoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
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Ende dieses unheimlichen Kerkers war ein großer Feuerrost angebracht worden, über dem ein paar vom Rost fast zerfressene Eisenstangen lagen.
    Der Anblick dieses Raumes hätte auch ein mutigeres Herz, als in der Brust Isaaks saß, erschüttern können. Aber es war nicht das erstemal, daß sich Isaak in solcher Gefahr befand, und er hatte Erfahrung darin, so daß er gefaßt war und die Hoffnung hegte, es werde auch diesmal wie so oft nicht zum äußersten kommen. Vor allem kam ihm die Hartnäckigkeit seiner Rasse zustatten, und hier machte sich die starre, unbeugsame Festigkeit geltend, mit der das Volk der Juden schon öfter die schwersten Übel, die ihnen Macht und Grausamkeit haben auferlegen können, ertragen hat, ehe sie die an sie gestellten Forderungen bewilligt haben. Isaak saß, seinen pelzverbrämten Rock zusammenhaltend in einen Winkel gekauert da, die Hände gefaltet, Haupt- und Barthaar verwirrt, die hohe Mütze zerknüllt.
    Drei Stunden lang blieb so der Jude regungslos sitzen, als sich endlich Schritte vernehmen ließen. Die Riegel knarrten, die Tür kreischte in ihren Angeln, und herein trat Reginald Front-de-Boeuf. Ihm folgten die beiden sarazenischen Diener des Templers. Front-de-Boeuf, ein langer, starker Mann, dessen Leben sich aus lauter Krieg, öffentlichen und Privatfehden, zusammengesetzt hatte, trug die Male seiner wilden und schlimmen Leidenschaften offen in seinem Antlitz. Es paßte vollkommen zu seinem Charakter. In einem anderen Gesicht hätten die vielen Narben Ehrfurcht und Interesse erweckt als Zeichen der echten Tapferkeit, in seinem Gesicht aber trugen sie nur dazu bei, das Wilde und Furchtbare des Eindrucks zu erhöhen. Der entsetzliche Mann trug ein Lederwams, das eng anlag und hie und da Flecke von der Rüstung zeigte, im Gürtel trug er nur einen Dolch und ein Bund rostiger Schlüssel. Die schwarzen Sklaven, die Front-de-Boeuf folgten, hatten jetzt an Stelle ihres prächtigen Kostümes Jacken und grobleinene Hosen an. Sie hatten die Hemdärmel aufgestreift wie Metzger, wenn sie schlachten wollen. Jeder hatte einen kleinen Korb in der Hand. Sie blieben an der Tür stehen, die Front-de- Boeuf sorgfältig hinter sich wieder abschloß.
    Der Edelherr kam nun langsam auf den Juden zu, das Auge fest auf ihn geheftet, als wollte er ihn schon durch den Blick lähmen, wie es manche Tiere der Sage nach mit ihrer Beute machen sollen. Und wie es schien, machte der finstere und böse Blick auch einen solchen Eindruck auf den unglücklichen Juden. Er sperrte den Mund auf und sah den wilden Baron mit solchem Entsetzen an, daß in der Tat seine Gestalt in sich zusammenzuschrumpfen und kleiner zu werden schien. Der Bedauernswerte vermochte nicht einmal aufzustehen, um sich zu verbeugen, nicht einmal den Hut vermochte er abzunehmen oder ein bittendes Wort zu sprechen, so fest war er überzeugt, daß Tod und Marter seiner harrten.
    Die riesige Gestalt des Normannen schien im Gegenteil immer größer zu werden, wie die eines Adlers, der sein Gefieder aufbläht, wenn er im Begriff ist, auf seine Beute herabzuschießen. Drei Schritte vor dem Winkel, in den sich der Jude zurückgezogen hatte, und von dem er den denkbar kleinsten Teil für sich in Anspruch nahm, blieb er stehen. Front-de-Boeuf gab den Sklaven ein Zeichen, heranzutreten, einer von ihnen kam näher und nahm aus seinem Korbe eine Wageschale und verschiedene Gewichte, er legte sie Front-de-Boeuf zu Füßen und entfernte sich dann wieder. Die Bewegungen dieser Menschen waren langsam und feierlich, als gingen sie mit einem Vorhaben grausamer und entsetzlicher Art um. Front-de-Boeuf leitete diesen Auftritt ein, indem er den unglücklichen Gefangenen folgendermaßen anredete:
    »Verwünschter Hund aus verfluchtem Volke!« sagte er, mit tiefer, hohler Stimme das Echo des Kerkers weckend, »Siehst du die Wagschale dort?« Der arme Jude antwortete mit einem leisen Ja. »In dieser Wagschale sollst du mir tausend Pfund Silber abwägen,« fuhr der unbarmherzige Baron fort, »nach dem Maß und Gewicht vom Tower in London.«
    »Heiliger Abraham!« versetzte der Jude, dem dieses gräßliche Verlangen die Sprache wiedergab. »Hat man je eine solche Forderung gehört? Welches Menschen Auge hat je die Seligkeit genossen, soviel Geld auf einmal zu sehen? Wer hat je selbst in den Märchen eines fahrenden Sängers gehört von tausend Pfund Silber? – Und wolltet Ihr mein und meiner Brüder Häuser plündern, in den Mauern von ganz York könntet Ihr die

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