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Ivanhoe

Ivanhoe

Titel: Ivanhoe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
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Selbständigkeit habe ich zu den Füßen meiner Oberen niedergelegt. Ein Leibeigener in allem, wenn auch nicht dem Namen nach, kann der Templer weder Land noch Gut besitzen, er lebt, bewegt sich und atmet nur nach dem Willen eines anderen.«
    »Ach,« sagte Rebekka, »welche Vorteile können denn für so große Opfer Ersatz geben?«
    »Die Macht der Rache und die Aussicht auf Ehre.«
    »Ein trauriger Ersatz für Rechte, die die teuersten der Menschheit sind.«
    »Das sage nicht, Mädchen,« antwortete der Templer. »Rache ist ein Fest für Götter. Und die Ehre ist eine Versuchung, gegen die selbst die Seligkeit des Himmels nichts ist.« Er hielt einen Augenblick inne, dann fuhr er fort: »Rebekka, wer den Tod der Schande vorzieht, muß eine starke Seele haben. – Du mußt mein werden. Nein, starre mich nicht so an, nur mit deiner Einwilligung und auf die Bedingungen hin, die du stellen wirst. Du sollst mit mir Hoffnungen teilen, die weiter gehen als die eines Monarchen auf dem Throne. – Höre mich an, ehe du Antwort gibst, und bilde dir erst ein Urteil, statt gleich nein zu sagen. Der Templer verliert alle gesellschaftlichen Rechte, alle Selbständigkeit, aber dafür wird er ein Glied eines gewaltigen Körpers, vor dem Throne zittern. Eine schwellende Flut ist unser Orden, und ich bin kein geringes Glied in ihm, sondem schon einer der ersten Befehlshaber. Bald kann ich die Hand nach des Großmeisters Stabe ausstrecken. Die Herrschaft des von euch lange erwarteten Messias wird euern Stämmen keine so große Macht verleihen als die, nach der ich trachte. Und lange habe ich nach einem verwandten Geiste gesucht, der sie mit mir teilen sollte, den habe ich nun in dir gefunden.«
    »Sprichst du so zu einer aus meinem Volke?« fragte Rebekka. »Überlege dirs.«
    »Antworte nicht mir so,« erwiderte der Templer, »führe nicht den Religionsunterschied zwischen uns beiden an. In unseren geheimen Konklaven lachen wir über solche Ammenmärchen. Unser Orden hat lange kühnere und weitere Gesichtspunkte angenommen, als sie noch unsere Stifter in ihrem blinden Götzendienste hatten, und für bessere Entschädigung unserer Opfer ist jetzt gesorgt. Unsere unermeßlichen Besitzungen in jedem Königreiche Europas, unser hoher, militärischer Ruhm, der alle ersten und besten Ritter jedes christlichen Landes in unseren Kreis führt, all das wollen wir zu Zwecken ausnutzen, von denen sich unsere frommen Stifter nicht haben träumen lassen. Weiter aber will ich dir den Schleier unserer Geheimnisse nicht lüften. – Da ruft ein Horn! – Seine Töne verkünden, daß man meiner bedarf. Denke an das, was ich dir gesagt habe. Lebe wohl! Ich bitte nicht um Verzeihung, daß ich dir mit solcher Gewalttat drohte. Das war nötig, damit sich mir dein Charakter offenbarte. Gold wird nur durch den Prüfstein erkannt. Ich komme bald wieder und rede weiter mit dir.«
    Er ging aus dem Turmgemach und die Treppe hinunter. Rebekka blieb zurück. Ihr Schrecken über einen so furchtbaren Tod, der ihr so nahe gedroht hatte, war nicht weniger nachdrücklich als ihr Grausen vor dem wilden Ehrgeiz des Mannes, in dessen Gewalt sie zu ihrem Unglück war. Sie stieg in das Turmgemach hinab und verrichtete ein Gebet des Dankes für den Schutz, den ihr der Gott ihrer Väter gewährt hatte, und flehte diesen Schutz auch in Zukunft für sich und ihren Vater herab. Und noch ein Name schlich sich in ihr Gebet – der des verwundeten Christen, der in die Hände seiner blutdürstigsten Feinde gefallen war. Wohl machte sie sich Vorwürfe darüber, daß sie für einen mitbetete, dessen Schicksal nie mit dem ihren verbunden werden konnte – für einen Nazarener, einen Feind ihres Glaubens, aber sie hatte ihr Gebet einmal gesprochen, und selbst die strengsten Vorurteile ihres Glaubens vermochten Rebekka nicht zu veranlassen, daß sie das einmal Erflehte widerrufen hätte.

Zweiundzwanzigstes Kapitel.
    Als der Templer die Schloßhalle betrat, war de Bracy schon dort. »Ihr scheint in Eurer Liebeswerbung durch das Hornsignal gestört worden zu sein wie ich,« redete ihn der Ritter an, »aber Ihr kommt später und langsam, und da vermute ich, Ihr habt mehr Glück gehabt als ich.«
    »Habt Ihr denn von der sächsischen Erbin einen Korb bekommen?« fragte der Templer.
    »Bei den Gebeinen des Thomas a Bekett,« antwortete de Bracy, »die Lady Rowena muß wissen, daß ich keine Weibertränen fließen sehen kann.«
    »Warum nicht gar!« versetzte der Templer. »Ihr als

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