Jack Fleming 02 - Blutjagd
wohin Sie fahren.«
So kam ich nun gar nicht weiter. »Könntest du das etwas näher erläutern?«
Darüber musste er erst nachdenken. Aber ich wartete geduldig. »Wi-wir wollten nachsehen, wohin Sie tagsüber gehen.«
»Du meinst, wo ich mein Quartier aufschlage?«
Wieder ein Nicken.
»Warum?«
Das war ihm zu viel, und er versuchte wieder zu entwischen. Ich hielt ihn mit einer Hand fest und riet ihm, sich zu beruhigen. Nach einer Minute ging ihm die Puste aus, seine Beine wurden wieder zu Wackelpudding, und ich ließ ihn auf das Trittbrett rutschen, damit er sich erst einmal ausruhte.
Ich hockte mich vor ihm hin. Unsere Augen waren auf gleicher Höhe. »Du scheinst zu wissen, was ich bin. Nicht wahr?«
»Ja.«
»Wollten du und dein Freund die Welt ein wenig sicherer vor Vampiren machen?« Ich hätte es diplomatischer formulieren sollen – seine Augenbrauen verschwanden schon wieder unter seinem Haaransatz.
»Bitte ... nicht ...« Der Bengel hatte solche Angst, dass er zu weinen begann. Er tat mir Leid, und irgendwie war es mir auch peinlich. Schließlich zog ich ein Taschentuch hervor und hielt es ihm hin. Er starrte wie gebannt darauf.
»Komm schon – das beißt nicht.«
Er nahm es und wartete argwöhnisch auf irgendeinen Trick. Als kein Trick kam, schnäuzte er sich lautstark.
Ich schüttelte den Kopf. »Ein Van Helsing bist du jedenfalls nicht.«
Er erstarrte wieder. »Davon haben Sie gehört?«
»Wovon, Dracula? Na klar, der ist Pflichtlektüre, wenn man in die Gewerkschaft aufgenommen werden will. Vielleicht hast du schon von uns gehört. Die Internationale Bruderschaft der Vampire. Ich bin in der Ortsgruppe Drei-Elf von Chicago.«
Er starrte schon wieder. Naja, ich fand es jedenfalls komisch, aber der Junge nahm jedes Wort ernst.
»Matheus – nennt man dich eigentlich Matt?«
»Nein, man nennt mich Matheus.«
Hätte ich mir denken können.
»Also gut, Matheus, ich denke, du solltest mir jetzt gut zuhören, damit du es richtig begreifst. Du und dein Freund, ihr solltet nach New York zurückfahren und euch wieder dem Alltag widmen. Du bist doch sicher ein sehr netter Junge – du solltest nicht in der Wildnis von Indiana Jagd auf Vampire machen, dafür bist du nicht geeignet. Kapiert?«
Er setzte ein störrisches Gesicht auf. Irgendwo tief in seinem Inneren besaß er ein Rückgrat.
»Versteh mich nicht falsch. Ich glaube, du hast eine Menge Mumm, weil du überhaupt versucht hast, mir nachzuspüren. Wie seid ihr überhaupt auf mich gekommen?«
»Durch die Zeitungen.«
»Was war damit?«
»Ihre Anzeige erschien nicht mehr.«
Damit hatte ich ganz und gar nicht gerechnet. »Wie meinst du das?«
»Sie erschien nicht mehr, und wir wollten wissen warum. Also riefen wir bei der Zeitung an und bekamen Ihre Adresse.«
»Woher wusstet ihr davon? Was weißt du über Maureen?«
»Nichts!«
»Was weiß Braxton darüber?« Aber ich bedrängte ihn zu sehr, und der Junge klappte wieder zu wie eine Auster. Ich zählte bis zehn und versuchte es mit einer ruhigeren Stimme. »Kannte er Maureen?«
»Ich glaube schon, aber das ist Jahre her.«
»Wie lange her?«
»Ich weiß es nicht. Ehrlich, wirklich nicht. Aber er wusste, dass Sie mit ihr zusammen waren, ... dass sie ... dass ... Sie so wie sie werden würden ... aber wir waren uns nicht sicher ...«
Ich lockerte meinen Griff. Meine Muskeln fühlten sich wie Wasser an. »Ist Maureen noch am Leben?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, sie ist wie Sie.«
»Ist sie noch am Leben?«
»Ich weiß es nicht!«
»Weiß Braxton es?«
»Oh-oh. Er sagte, dass er ihre Spur verlor; Sie waren seine einzige Verbindung. Als die Anzeige nicht mehr erschien, glaubte er, Sie hätten sie gefunden oder wären tot ...« Ihn musste gerade wieder die Erkenntnis überkommen haben, dass er sich mit einem Toten unterhielt. Seine Arme hingen schlaff an ihm herunter, und er sah mich mit Grauen im Blick an.
»Wie kamt ihr auf meine Spur?«
»Durch die Zeitungen. Wie kamen erst heute Nachmittag in die Stadt und suchten den restlichen Tag nach Ihnen. Wir fanden Ihr Hotel, aber da wollte man uns nicht helfen, nicht einmal, als wir eine Beschreibung von Ihnen gaben. Also warteten wir auf der anderen Straßenseite, bis Sie herauskamen.«
»Braxton wusste also, wie ich aussehe?«
»Ja ... aber ich dachte, Sie seien viel älter.«
Der Junge hatte Recht. Ich war sechsunddreißig, aber mein Zustand und meine Ernährung ließen mich wie etwa zweiundzwanzig wirken.
»Wir sahen,
Weitere Kostenlose Bücher