Jack Fleming 02 - Blutjagd
»Wie viel?«
Escott deutete auf die fünfundzwanzig Hundertdollarscheine auf der Schreibtischunterlage. »Ich glaube, so viel sollte genügen, aber diesmal sollen sie nicht gekennzeichnet sein.«
»Das ist doch Erpressung«, murrte Swafford.
»Vor nicht allzu langer Zeit waren Sie noch durchaus bereit, diese Summe für die Wiedererlangung Ihrer Briefmarke auszugeben.«
»Wenigstens hätte ich dann die Briefmarke zurückbekommen.«
»Diese Möglichkeit besteht immer noch. Das ist davon abhängig, wie schnell Sie Ihren Tresor öffnen können. Unsere Diebin drohte, sie zu verbrennen, als sie die Kennzeichnung der Scheine bemerkte. Ich finde die Idee gar nicht schlecht. Welch ein Aufwand um ein kleines blaues Papierchen von der Größe meines Daumennagels. Ich frage mich wirklich, ob die Welt sich nicht mehr dreht, wenn ich es den Flammen preisgebe.«
Bevor Escott es noch einmal in die Nähe Kerzenflammen halten konnte, schwang Swafford den Renoir zur Seite und betätigte mit fliegenden Fingern das Kombinationsschloss. Im Tresor lag viel mehr als nur zweitausendfünfhundert Dollar, und sicher machte er sich Sorgen, dass wir auch darauf aus waren. Er warf mir einen verängstigten Blick zu. Dazu hatte er auch allen Grund – ich trug immer noch die Klamotten eines hartgesottenen Schlägers, und der Geruch nach billigem Fusel, der von meinem schmutzigen Hemd aufstieg, verstärkte diesen Eindruck noch. Ich neigte mich leicht nach vorne und versuchte wie ein harter Bursche auszusehen. Rasch holte er ein Bündel Scheine hervor und schloss hastig die Tresortür.
Escott stand immer noch dicht bei den Kerzenflammen. Ihr Tanz aus Licht und Schatten verlieh seinem vagen Lächeln etwas Boshaftes. »Würde es dir etwas ausmachen, es nachzuzählen, Jack?«
Aber keineswegs. Es ergab einen hübschen kleinen Stapel: Zwanzig Hunderter und zehn Fünfziger. »Es passt«, sagte ich und steckte es ein.
»Gut. Jetzt werden Sie das hier unterzeichnen, Mister Swafford. Es ist nur eine Quittung für meine Dienste mit der Zusage, die genannte Summe bis morgen an Ruthie zu zahlen. Sie stimmen sicherlich mit mir überein, dass sie für Ihre Steuerunterlagen sehr nützlich sein wird.«
Swafford unterzeichnete und schmiss den Stift auf den Schreibtisch. Escott steckte das Original in seine Tasche. Sinnend betrachtete er den zusammengefalteten Zettel in seiner Hand, dann hielt er ihn plötzlich in die Kerzenflamme. Swafford riss die Augen auf, er japste und hob die Hand, als wolle er einen Eid schwören. Der Zettel verbrannte zu Asche, die Escott auf den Tisch rieseln ließ. Er machte ein nachdenkliches Gesicht.
»Eigenartig. Ich hätte angenommen, dass fünftausend Dollar viel eindrucksvoller in Rauch aufgehen.«
Sein ehemaliger Klient war sprachlos und sah aus, als stünde er kurz vor einem Herzinfarkt.
»Nun ja, zweifellos wird sich Ihre Versicherung darum kümmern – ach herrje, Sie meinen, sie war gar nicht versichert? Wie unachtsam von Ihnen, etwas so Wertvolles und Transportfähiges einfach unversichert herumliegen zu lassen. Andererseits muss man auf so etwas auch Steuern zahlen. Als guter Bürger bezahlen Sie doch sicher Ihre Steuern, oder?«
»Ich werde Sie verklagen«, hauchte Swafford. »Ich ziehe Ihnen das Fell über die Ohren ...«
»Für das nächste Mal, Mister Swafford, schlage ich vor, dass Sie die Ihnen erteilten Anweisungen buchstabengetreu befolgen. Das ist einfach nur gutes Geschäftsgebaren, besonders wenn Zuwiderhandlungen Sie teuer zu stehen kommen können. Ich hoffe, dies war Ihnen eine Lehre. Behalten Sie sie im Gedächtnis.«
Mit raschen Schritten durchquerte Escott den Raum, und wir traten in die Eingangshalle und ließen Swafford wie erstarrt an seinem Schreibtisch zurück. Der Butler wartete schon und schloss hinter uns die Tür ab. Escott blieb stehen, zählte bis fünf, ging wieder zurück und betätigte die Klingel.
Der Butler war zu müde, um sich zu ereifern. Escott streckte die Hand aus und gab ihm einen gefalteten Zettel. Er sah genauso aus wie der, den er vorher verbrannt hatte. »Ich habe vergessen, das hier Mister Swafford zu geben. Würden Sie es ihm bitte mit meinen besten Empfehlungen überreichen?«
Der Butler nahm das Papier kommentarlos entgegen und schloss die Tür mit einem festen und endgültigen Einschnappen.
Als wir davonfuhren, lachte Escott immer noch in sich hinein.
»Irgendwann wird dich einer deiner Klienten für diese Tour über den Haufen schießen«, sagte ich.
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