Jack McEvoy 01 - Der Poet
Hände betrachten. Sonst nichts. Aber sie brauchen deine Erlaubnis. Sonst müssten sie vor Gericht gehen, und das ist ein langwieriges Verfahren.«
»Seine Hände? Weshalb, Jack?«
»Das ist eine lange Geschichte. Ich darf dir das eigentlich nicht erzählen, deshalb nur so viel: Sie glauben, dass der Kerl..., derjenige, der das getan hat, versucht hat, Sean zu hypnotisieren. Sie wollen seine Hände untersuchen, um zu sehen, ob es dort Nadelstiche gibt. Das ist der Test, mit dem der Täter möglicherweise festgestellt hat, ob Sean wirklich unter Hypnose stand.«
Es folgte ein weiteres Schweigen.
»Da ist noch etwas«, sagte ich. »Hatte Sean Husten oder eine Erkältung? Du weißt schon, an dem Tag, an dem es passiert ist.«
»Ja«, sagte sie nach kurzem Zögern. »Es ging ihm nicht gut. Mir übrigens auch nicht, und ich bat ihn, an dem Tag bei mir zu bleiben. Jack, weißt du was?«
»Hm?«
»Mir war wohl schlecht, weil ich schwanger bin. Ich habe es am Mittwoch erfahren.«
Das traf mich völlig unvorbereitet. Ich zögerte.
»Oh, Riley«, sagte ich schließlich. »Das ist ja wunderbar! Wissen es die Eltern schon?« »Ja, sie wissen es, und sie sind sehr glücklich. Es ist beinahe ein Wunder, weil ich es nicht gewusst habe und wir es im Grunde überhaupt nicht versucht hatten.«
»Das ist eine großartige Neuigkeit.«
Ich hatte keine Ahnung, wie ich auf das andere Thema zurückkommen sollte. Schließlich ging ich den kürzesten Weg.
»Ich muss jetzt Schluss machen, Riles. Was soll ich ihnen sagen?«
Rachel war bereits im Foyer, als ich aus dem Fahrstuhl trat. Sie hatte ihre Computertasche und ihr Handgepäck bei sich.
»Du ziehst aus?«, fragte ich verständnislos.
»Eine Grundregel des FBI. Lasse nie etwas in deinem Zimmer zurück, weil du nie weißt, wann die Reise weitergeht. Wenn sich etwas Wichtiges ergibt, habe ich nicht die Zeit, hierher zurückzukommen und meine Sachen zusammenzupacken.«
Ich nickte. Für mich war es zu spät zum Packen, aber ich hatte ohnehin fast nichts, was ich hätte packen können.
»Hast du sie angerufen?«
»Ja. Sie hat zugestimmt. Und sie hat auch gesagt, dass er sich an jenem Tag nicht wohlfühlte. Der Hustensaft gehörte ihm. Mir ist übrigens auch klar geworden, weshalb Sean in seinem Wagen umgebracht wurde und nicht zu Hause wie die anderen.«
»Warum?«
»Seine Frau war zu Hause, weil es ihr auch nicht gut ging. Mein Bruder hätte alles getan, was in seinen Kräften stand, um diesen Kerl nicht mit in sein Haus zu nehmen. Nicht, während sie da war.«
Ich verstummte traurig.
»Ich glaube, du hast Recht, Jack. Das passt. Aber hör zu, es hat sich etwas getan. Bob hat es gerade erfahren und mich vom Field Office aus angerufen. Das Treffen mit der Polizei ist verschoben. Wir haben ein Fax vom Poeten bekommen.«
Die Stimmung im Konferenzraum war eindeutig düster. Nur die Agenten aus Quantico waren anwesend. Backus, Thompson, Thorson und ein Agent namens Carter, der auch an der Lagebesprechung in Quantico teilgenommen hatte. Mir fiel auf, dass sich Rachel und Thorson verächtliche Blicke zuwarfen, als wir eintraten.
Ich konzentrierte mich auf Backus. Er schien tief in Gedanken versunken. Auf dem Tisch vor ihm stand sein Laptop, aber er schaute nicht auf den Monitor. Dann erschien auf seinem Gesicht ein nachdenkliches Lächeln, und er sah mich an. »Jack, jetzt können Sie genau sehen, warum uns so viel daran liegt, diese Story nicht publik werden zu lassen. Ein Fünf-Sekunden-Video, mehr war nicht nötig, und schon weiß der Täter, dass wir ihm auf der Spur sind.«
Ich nickte.
»Ich finde, er sollte hier nicht dabei sein«, sagte Thorson.
»Eine Abmachung ist eine Abmachung. Mit der CNN-Story hatte er eindeutig nichts zu tun.«
»Trotzdem glaube ich, dass es nicht...«
»Halt die Klappe, Gordon«, sagte Rachel. »Was du glaubst, spielt keine Rolle.«
»Okay, Schluss mit dem Hickhack. Wir müssen uns auf das Problem konzentrieren«, sagte Backus. »Ich habe das Fax kopiert.«
Er öffnete einen Aktendeckel und schob die Kopien über den Tisch. Ich bekam auch eine. Es herrschte Stille, während wir alle lasen.
Lieber Bob Backus, FBI Agent, und hallo an Sie, Sir. Ich habe Nachrichten gehört und Sie in Phoenix gesehen, Sie Schlaumeier. Ihre Verschlossenheit gegenüber den dämlichen Reportern kann mich nicht täuschen. Ich kenne Ihr Gesicht, Bob. Sie sind hinter mir her, und ich warte begierig auf Ihr Eintreffen. Aber seien Sie vorsichtig, mein Freund
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