Jack McEvoy 01 - Der Poet
hatte. Forensische Pathologie. Gladden wünschte sich, er hätte eine Kamera, damit er die Veränderungen an Darlene dokumentieren konnte.
Er zündete vier weitere Jasmin-Räucherstäbchen an und deponierte sie in Aschenbechern an allen vier Ecken des Bettes.
Nachdem er das Schlafzimmer verlassen und die Tür zugemacht hatte, legte er diesmal ein nasses Handtuch auf die Schwelle, in der Hoffnung, dass es verhinderte, dass sich der Gestank in die übrigen Zimmer ausbreitete. Er musste immer noch zwei Tage warten.
33
Ich brachte Greg Glenn dazu, dass er mich die Story in Phoenix schreiben ließ. Den Rest des Vormittags saß ich in meinem Zimmer, telefonierte, sammelte Kommentare von den Beteiligten, von Wexler in Denver bis Bledsoe in Baltimore. Danach schrieb ich volle fünf Stunden, und der Einzige, der mich störte, war Greg Glenn selbst, der nervös fragte, wie ich zurechtkäme. Um fünf Uhr, eine Stunde vor dem Redaktionsschluss, schickte ich zwei Artikel an die Lokalredaktion. Danach kribbelten meine Nerven, und ich hatte fast unerträgliche Kopfschmerzen. Ich hatte anderthalb Kannen Kaffee getrunken und eine Schachtel Marlboro geraucht - so viel wie seit Jahren nicht mehr in so kurzer Zeit. Während ich im Zimmer umherwanderte und auf Greg Glenns Rückruf wartete, rief ich abermals den Zimmerservice an und bestellte eine Packung Aspirin.
Sobald ich es hatte, spülte ich drei Tabletten mit Mineralwasser aus der Minibar hinunter. Danach fühlte ich mich sofort besser. Anschließend rief ich meine Mutter und Riley an und sagte ihnen, dass meine Story am nächsten Tag in der Zeitung stehen würde. Ich wies sie darauf hin, dass Reporter von anderen Medien vielleicht versuchen würden, mit ihnen zu reden. Beide sagten, sie dächten nicht daran, mit irgendwelchen Journalisten zu reden, und ich sagte, das wäre gut so, wobei mir die Ironie nicht entging, dass ich selbst einer war.
Schließlich fiel mir ein, dass ich vergessen hatte, Rachel Bescheid zu sagen, dass ich immer noch in Phoenix war. Ich rief das Field Office des FBI an, aber der Agent, der den Anruf entgegennahm, teilte mir mit, sie sei fort.
»Was meinen Sie mit >fort Ist sie noch in Phoenix?«
»Das darf ich Ihnen nicht sagen.«
»Könnte ich dann mit Agent Backus sprechen?«
»Der ist auch fort. Mit wem spreche ich bitte?«
Ich legte auf und rief die Rezeption an. Sie war ausgezogen. Backus ebenfalls. Und auch Thorson, Carter und Thompson.
»Scheiße«, sagte ich, nachdem ich aufgelegt hatte.
Es hatte sich etwas getan. Etwas anderes war nicht denkbar. Dafür, dass alle fort waren, konnte es nur diesen Grund geben. Mir wurde bewusst, dass meine Zeit als Insider offensichtlich vorüber war. Ich stand auf und wanderte abermals im Zimmer umher, fragte mich, wohin sie wohl so eilig verschwunden waren. Dann erinnerte ich mich an die Karte, die Rachel mir gegeben hatte. Ich holte sie aus der Tasche und tippte am Telefon die Piepser-Nummer ein.
Ich war überzeugt, dass zehn Minuten mehr als genug waren, um meine Nachricht zum Satelliten und dann wieder zu ihr herunter zu befördern, wo auch immer sie sich befand. Aber zehn Minuten vergingen, und das Telefon läutete nicht. Weitere zehn Minuten, dann eine halbe Stunde. Nicht einmal Greg Glenn rief an. Ich untersuchte sogar das Telefon, um mich zu vergewissern, dass es nicht plötzlich kaputt war.
Rastlos schaltete ich den Laptop an und klinkte mich bei der Rocky ein. Ich rief meine Nachrichten auf, aber es gab nichts von Bedeutung. Ich ging meine privaten Dateien durch und rief dann die mit dem Namen HYPSTORIES auf. Die Datei enthielt mehrere Artikel über Horace Gomble, in chronologischer Reihenfolge. Ich begann mit dem ältesten Artikel und las dann weiter, wobei mir wieder einfiel, was ich über den Hypnotiseur wusste.
Es war eine interessante Geschichte. Gomble hatte in den Sechzigern als Arzt und Rechercheur für die CIA gearbeitet und danach als Psychiater in Beverly Hills, wo er sich auf Hypnotherapie spezialisiert hatte. Er hatte sein Wissen und seine Fähigkeiten in der Kunst der Hypnose, wie er es nannte, in Form einer Nachtclub-Nummer zu Geld gemacht und war als Horace der Hypnotiseur aufgetreten. Anfangs war er nur abends in irgendwelchen Clubs von Los Angeles aufgetreten. Aber seine Nummer wurde ungeheuer populär, und es folgten wochenlange Engagements in Las Vegas. Bald arbeitete Gomble nicht mehr als Psychiater, sondern war nur noch Entertainer und trat auf den Bühnen der besten
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