Jack McEvoy 01 - Der Poet
Etablissements auf dem Strip von Las Vegas auf. Mitte der siebziger Jahre stand sein Name zusammen mit dem von Sinatra auf dem Plakat von Caesar’s, wenn auch in kleinerer Schrift. Er trat viermal in Carsons Show auf, und beim letzten Mal versetzte er seinen Gastgeber in Trance und holte seine wahre Meinung über die anderen Gäste des Abends aus ihm heraus. Wegen Carsons ätzenden Bemerkungen dachte das Publikum, es sei ein Gag. Aber es war keiner. Nachdem Carson die Aufzeichnung gesehen hatte, untersagte er die Ausstrahlung der Show und setzte Horace den Hypnotiseur auf seine schwarze Liste. Er tauchte nicht wieder im Fernsehen auf, bis er verhaftet worden war.
Seit Carsons Ächtung begann Gombles Stern zu sinken. Die Bühnen, auf denen er auftrat, wurden immer zweitklassiger. Bald arbeitete er in Comedy Clubs und Kabaretts, und am Ende reiste er von einem Jahrmarkt zum anderen. Seine Verhaftung in Orlando beim Orange County Fair war das Ausrufezeichen am Ende dieses Absturzes.
Den Prozessberichten zufolge wurde Gomble vorgeworfen, junge Mädchen missbraucht zu haben, die er sich bei Nachmittagsvorstellungen auf den Jahrmärkten als freiwillige Assistentinnen ausgesucht hatte. Die Anklage behauptete, er habe sich stets ein zehn bis zwölf Jahre altes Mädchen aus dem Publikum gewählt und dann zur Vorbereitung mit hinter die Bühne genommen. In seiner Garderobe gab er dem Opfer eine Cola, die Kodein und Natrium-Pentothal enthielt - beide Substanzen wurden bei seiner Verhaftung gefunden -, und erklärte ihm, er müsse vor Beginn der Vorstellung feststellen, ob es hypnotisierbar sei. Das Mädchen wurde in Trance versetzt, wobei die Drogen als Hypnoseverstärker wirkten, und dann von Gomble missbraucht. Die Anklage erklärte, dass der Missbrauch über wiegend in Fellatio und Masturbation bestanden habe. Akte, die sich durch eine Untersuchung kaum nachweisen ließen. Hinterher löschte Gomble durch hypnotische Suggestion die Erinnerung an das Vorgefallene aus dem Bewusstsein des Opfers.
Wie viele Mädchen insgesamt von Gomble missbraucht worden waren, konnte nicht festgestellt werden. Sein verbrecherisches Tun wurde erst entdeckt, als ein Psychiater, der ein dreizehn Jahre altes Mädchen wegen Verhaltensstörungen behandelte, bei einer hypnotherapeutischen Sitzung herausbekam, dass Gomble sich an ihm vergriffen hatte. Polizeiliche Ermittlungen wurden eingeleitet, und Gomble wurde schließlich des Missbrauchs von vier Mädchen angeklagt.
Beim Prozess argumentierte die Verteidigung, dass die von den Opfern und der Polizei beschriebenen Vorfälle gar nicht stattgefunden hatten. Gomble präsentierte nicht weniger als sechs hoch qualifizierte Experten für Hypnose, die aussagten, dass es völlig ausgeschlossen sei, dass ein Mensch in hypnotischer Trance gezwungen oder dazu überredet werden könne, etwas zu tun oder auch nur zu sagen, das ihn in Gefahr brächte oder ihm moralisch zuwider sei. Und Gombles Anwalt ließ keine Gelegenheit aus, die Geschworenen darauf hinzuweisen, dass es keinerlei körperliche Beweise für einen Missbrauch gab.
Aber die Anklage gewann den Prozess mit nur einem Zeugen. Es handelte sich um Gombles früheren Vorgesetzten bei der CIA, der aussagte, dass Gomble Anfang der sechziger Jahre damit beschäftigt gewesen sei, mit Hypnose zu experimentieren und Drogenkombinationen auszuprobieren, die die moralischen- und Sicherheitshemmungen des Gehirns außer Kraft setzen konnten. Das Ziel war die Kontrolle über den menschlichen Geist. Der frühere CIA-Vorgesetzte sagte weiterhin aus, Kodein und Natrium-Pentothal hätten zu den Drogen gehört, mit denen Gomble bei seinen Untersuchungen positive Resultate erzielte.
Die Jury brauchte zwei Tage, um Gomble des vierfachen Kindesmissbrauchs für schuldig zu befinden. Er wurde zu fünfundachtzig Jahren Gefängnis verurteilt, abzubüßen im Union Correctional Institute in Raiford. Einem Artikel zufolge hatte er Revision eingelegt, mit der Begründung, er sei von einem unfähigen Anwalt vertreten worden, aber der Antrag wurde von allen Instanzen bis hin zum Obersten Gericht von Florida abgewiesen.
Als ich am Ende der Datei angelangt war, fiel mir auf, dass der letzte Artikel nur wenige Tage alt war. Das kam mir merkwürdig vor, weil die Verurteilung von Gomble sieben Jahre zurücklag. Außerdem stammte dieser Artikel aus der L. A. Times und nicht wie alle vorausgegangenen aus dem Orlando Sentinel.
Neugierig begann ich zu lesen, und zuerst dachte ich,
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