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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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einrichten kann«, sagte ich. »Sobald ich es einrichten kann.«
    »Schön«, sagte sie lächelnd. »Mach’s gut, Jack. Viel Glück mit der Story. Ruf mich im Field Office an und lass mich wissen, ob du sie hier schreiben kannst. Vielleicht können wir sogar schon heute Abend wieder zusammen sein.«
    Das war ein besserer Grund, in Phoenix zu bleiben, als alle, die mir bisher eingefallen waren.
    Sie streckte die Hand aus und berührte meinen Bart, wie sie es schon einmal getan hatte. Und als ich bereits im Begriff war, auszusteigen, sagte sie, ich solle noch einen Moment warten. Sie holte eine Karte aus ihrer Handtasche und schrieb eine Nummer auf die Rückseite. Dann gab sie sie mir.
    »Das ist die Nummer meines Piepsers, für den Fall, dass sich irgendetwas tut. Es geht über Satellit, du kannst mich also überall anpiepsen.«
    »Auf der ganzen Welt?«
    »Auf der ganzen Welt. Bis der Satellit abstürzt.«
32
    Gladden betrachtete die Worte auf dem Monitor. Sie waren herrlich, wie von der unsichtbaren Hand Gottes geschrieben.
    So richtig.
    So wissend.
    Er las sie noch einmal.
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    Sie wissen jetzt über mich Bescheid, und ich bin bereit. Ich erwarte sie. Ich rechne damit, meinen Platz im Pantheon der Gesichter einzunehmen. Mir ist zumute wie einst als Kind, als ich darauf wartete, dass die Schranktür geöffnet wurde, damit ich ihn empfangen konnte. Der Lichtstreifen am unteren Rand. Mein Leitstrahl. Ich beobachtete das Licht und den Schatten, den jeder seiner Schritte warf. Dann wusste ich, dass er da war und dass mir seine Liebe gewiss war. Seinem Augapfel.
    Wir sind das, was sie aus uns machen, und dennoch wenden sie sich von uns ab. Wir sind Ausgestoßene. Wir werden zu Nomaden in der Welt voll Pein. Die Zurückweisung ist meine Pein und meine Motivation. Ich trage die Rachsucht all der Kinder in mir. Ich bin das Eidolon. Ich werde der Räuber genannt, derjenige, nachdem man Ausschau halten muss. Ich bin der Cucoloris, das Verschwimmen von Hell und Dunkel. Meine Geschichte ist nicht eine der Entbehrungen und des Missbrauchs. Die Berührung war mir willkommen. Ich kann es eingestehen. Könnt ihr es auch? Ich wollte die Berührung, sehnte mich nach ihr, hieß sie willkommen. Es war die Zurückweisung - als meine Knochen zu groß wurden die mich so tief getroffen hat und mir das Leben eines Wanderers aufzwang. Ich bin der Ausgestoßene. Und die Kinder müssen ewig jung bleiben.
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    Er schaute auf, als das Telefon läutete. Es stand auf dem Tresen in der Küche, und er starrte es an. Es war der erste Anruf, den er bekam.
    Nach dreimaligem Läuten schaltete sich der Anrufbeantworter mit Darlenes Meldung ein. Gladden hatte sie auf ein Stück Papier geschrieben und sie gezwungen, sie dreimal vorzulesen, bevor sie beim vierten Mal aufgezeichnet wurde. Dämliche Person, dachte er, als er jetzt zuhörte. Sie war keine große Schauspielerin - jedenfalls nicht angezogen.
    »Hallo, hier ist Darlene. Ich ... ich bin nicht zu Hause. Es ist ein Notfall eingetreten, und ich musste verreisen. Nach meiner Rückkehr werde ich die Nachrichten - äh, die Nachrichten abhören und so bald wie möglich zurückrufen.«
    Sie hörte sich nervös an, und Gladden befürchtete, dass der Anrufer an der Wiederholung des einen Wortes merken würde, dass sie den Text ablas.
    Nach dem Piepton vernahm er eine wütende Männerstimme.
    »Darlene, verdammt noch mal! Ruf mich gefälligst an, sobald du zurück bist. Du hast mich ganz schön in die Klemme gebracht. Du hättest Bescheid sagen müssen! Wenn du zurückkommst, Mädchen, kann es durchaus sein, dass du keinen Job mehr hast.«
    Gladden war überzeugt, dass es funktioniert hatte. Er stand auf und löschte die Nachricht. Ihr Boss, vermutete er. Aber Darlene würde nicht zurückrufen.
    Er bemerkte den Gestank, als er an der Küchentür stand. Er holte die Streichhölzer, die neben seinen Zigaretten auf dem Couchtisch im Wohnzimmer lagen, und ging ins Schlafzimmer. Er betrachtete die Leiche für ein paar Sekunden. Das Gesicht war blassgrün, aber dunkler als beim letzten Mal. Körpersäfte sickerten aus Mund und Nase - der Körper entledigte sich der Zersetzungsflüssigkeit. Das wusste er aus einem der Bücher, die er beim Aufseher in Raiford mit Erfolg beantragt

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