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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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irgendetwas. Ich sah Coombs an.
    Er hatte sein Hemd durchgeschwitzt. Der Knoten seiner Krawatte, Sammelpunkt von all dem Schweiß, der ihm übers Gesicht und den Hals rann, war klatschnass. Er sah aus wie jemand, der den größten Teil der letzten Stunde damit verbracht hat, sich zu übergeben.
    »Gladden, lassen Sie Mr. Coombs gehen. Er hat mit der ganzen Sache nichts zu tun.«
    »Nein, das werde ich nicht tun.«
    Das Telefon läutete, er nahm den Hörer ab, sagte nichts. Dann legte er ihn wieder auf. Ein paar Augenblicke später läutete es abermals. Er ging dran und drückte rasch auf den Warteknopf. Dann griff er nach dem anderen Telefon, wählte eine Nummer und schaltete auch diese Leitung auf Warten. Jetzt konnte ihn niemand mehr anrufen.
    »Sie bauen Scheiße«, sagte ich. »Reden Sie mit denen, Mann, die werden sich etwas ausdenken.«
    »Wenn ich Ihren Rat hören will, dann prügle ich ihn schon aus Ihnen raus. Und nun halten Sie endlich die Klappe!«
    »Okay.«
    »Ich habe gesagt, Sie sollen die Klappe halten!«
    Ich hob meine Hände in einer resignierenden Geste.
    »Ihr verdammten Medien-Arschlöcher wisst ohnehin nicht, worüber ihr redet. Sie - wie heißen Sie übrigens?«
    »Jack McEvoy.«
    »Haben Sie einen Ausweis?«
    »In meiner Tasche.«
    »Werfen Sie ihn her.«
    Ich zog langsam meine Brieftasche heraus und schob sie über den Boden zu ihm hin. Er öffnete sie und betrachtete den Presseausweis.
    »Ich dachte, Sie - Denver? Was, zum Teufel, tun Sie dann in L. A.?«
    »Das habe ich schon gesagt. Es geht um den Mord an meinem Bruder.«
    »Stimmt, und ich habe Ihnen gesagt, dass ich niemanden umgebracht habe.«
    »Und was ist mit dem da?«
    Ich deutete mit dem Kopf auf Thorsons reglosen Körper. Gladden schaute erst den Toten an und dann wieder mich.
    »Er hat das Spiel begonnen. Ich habe es beendet. Ganz normale Spielregeln.«
    »Der Mann ist tot. Das ist kein Spiel.«
    Gladden hob die Waffe und richtete sie auf mein Gesicht.
    »Wenn ich aber sage, es ist ein Spiel, dann ist es ein Spiel.«
    Ich erwiderte nichts.
    »Bitte«, flehte Coombs. »Bitte ...«
    »Bitte was? Sie halten den Mund! Hören Sie ... äh, Zeitungsfuzzi, was werden Sie schreiben, wenn das hier vorbei ist? Vorausgesetzt, dass Sie dann noch schreiben können.«
    Ich dachte mindestens eine Minute lang nach. Er drängte mich nicht.
    »Ich werde schreiben, warum Sie es getan haben, wenn Sie das wollen«, sagte ich schließlich. »Das ist immer die interessanteste Frage. Warum haben Sie es getan? Darüber werde ich schreiben. War es wegen diesem Kerl in Florida? Beltran?«
    Er schnaubte höhnisch. Offenbar missfiel ihm, dass ich den Namen genannt hatte.
    »Das hier ist kein Interview. Und wenn es eines wäre: kein Kommentar.«
    Gladden schaute auf die Waffe in seiner Hand. Ich glaube, in dem Moment erkannte er die Ausweglosigkeit der Situation, in der er sich befand. Er wusste, dass er nicht mehr rauskam, und ich nehme an, er hatte schon immer gewusst, dass sein Weg schließlich so oder ähnlich enden würde. Er schien Schwäche zu zeigen, und ich versuchte es abermals.
    »Sie sollten denen da draußen sagen, dass Sie mit Rachel Walling reden wollen«, sagte ich. »Sie ist Agentin. Sie erinnern sich doch an sie? Sie hat in Raiford mit Ihnen gesprochen. Sie weiß alles über Sie, Gladden, und sie wird Ihnen helfen.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ich musste Ihren Bruder umbringen«, sagte er leise, ohne mich anzusehen. »Ich musste es tun.«
    Ich wartete, aber es kam nichts mehr.
    »Warum?«
    »Es war die einzige Art, ihn zu retten.«
    »Wovor zu retten?«
    »Verstehen Sie das denn nicht?« Jetzt sah er mich an, seine Augen drückten gleichzeitig Schmerz und Wut aus. »So zu werden wie ich. Sehen Sie mich an! So zu werden wie ich!«
    Ich war im Begriff, eine weitere Frage zu stellen, als ich plötzlich das Geräusch von splitterndem Glas hörte. Ein dunkler Gegenstand, der ungefähr die Größe eines Baseballs hatte, rollte durch den Raum auf uns zu. Ich erkannte, was es war, krümmte mich zusammen, schirmte meinen Kopf, meine Augen mit Armen und Händen ab. Fast im selben Augenblick gab es eine gewaltige Detonation, einen grellen Lichtblitz, gleißend, und anschließend eine starke Erschütterung. Es fühlte sich an, als sei meinem ganzen Körper ein heftiger Schlag versetzt worden.
    Ich riss mich zusammen und öffnete die Augen gerade weit genug, um einen Blick auf Gladden erhaschen zu können. Er wand sich stöhnend auf dem Boden, mit weit

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