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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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beginnen, Ihnen alles zu erzählen. Schalten Sie Ihre Taschenlampen ein. Ich werde hier im Dunkeln leben und sterben.
    Der Mensch ist gelegentlich außerordentlich, leidenschaftlich ins Leiden verliebt.
    Ich bin nicht der Erste, der das geschrieben hat, aber ich wollte, ich wäre es. Doch das spielt keine Rolle, weil ich davon überzeugt bin. Mein Leiden ist meine Passion, meine Religion. Es verlässt mich nie. Es lenkt mich. Es ist ich. Das ist mir jetzt klar. Ich glaube, diese Worte bedeuten, dass unser Leiden der Pfad ist, auf dem wir die Reisen unseres Lebens unternehmen und auf dem wir unsere Entscheidungen treffen. Es pflastert gewissermaßen den Weg für alles, was wir tun und werden. Deshalb heißen wir es willkommen. Wir beschäftigen uns eingehend mit dem Leiden und lieben es, all seinen Härten zum Trotz. Uns bleibt keine andere Wahl.
    Ich empfinde, was das betrifft, eine große Klarheit, ein völliges Verständnis. Wenn ich kehrtmache und auf meinem Pfad zurückblicke, kann ich erkennen, wie der Schmerz all meine Entscheidungen getroffen hat. Jetzt wandere ich im Grunde nicht mehr auf dem Pfad. Er bewegt sich unter mir, wie ein großes Band durch die Zeit. Er hat mich hierher befördert.
    Mein Schmerz ist der Fels, auf dem ich stehe. Ich bin der Täter. Das Eidolon. Wahre Identität ist Schmerz. Mein Schmerz. Bis dass der Tod uns scheidet.
    Fahrt vorsichtig, meine Freunde
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    Gladden las es noch einmal und fühlte sich zutiefst bewegt. Es rührte an sein wahres Herz.
    Er kehrte zum Haupt-Menü zurück und klinkte sich in die Tauschbörse ein, um zu sehen, ob es irgendwelche neuen Angebote gab. Es gab keine. Er tippte auf G für Goodbye. Dann schaltete er den Laptop aus und klappte ihn zusammen.
    Gladden wünschte sich, die Cops hätten ihm nicht seine Kamera weggenommen. Er konnte es nicht riskieren, sie von ihnen zurückzuverlangen, aber mit dem Geld, das ihm geblieben war, konnte er es sich auch kaum leisten, eine neue zu kaufen. Doch ohne Kamera konnte er keine Aufträge erfüllen und damit auch kein Geld verdienen. Die Wut, die sich in ihm aufgestaut hatte, fühlte sich an wie Rasierklingen, die sich durch sein Blut bewegten und ihn von innen her zerschnitten. Er beschloss, sich weiteres Geld aus Florida kommen zu lassen und dann eine neue Kamera zu kaufen.
    Gladden trat ans Fenster und betrachtete die auf dem Sunset langsam dahinkriechenden Wagen. Ein endloser sich bewegender Parkplatz. All dieser qualmende Stahl, dachte er. All dieses Fleisch. Wo wollte es hin? Er fragte sich, wie viele von den Leuten in diesen Autos so waren wie er. Wie viele hatten den Drang, und wie viele spürten die Rasierklingen? Wie viele hatten den Mut, es durchzustehen? Wieder drängte die Wut durch seine Gedanken. Jetzt war sie etwas Greifbares, eine schwarze Blüte, die ihre Blätter in seiner Kehle ausbreitete und ihn zu ersticken drohte.
    Er ging ans Telefon und wählte die Nummer, die Krasner ihm gegeben hatte. Nach viermaligem Läuten nahm Sweetzer den Hörer ab.
    »Beschäftigt, Sweetzer?«
    »Wer sind Sie?«
    »Ich bin’s. Wie geht’s den Kindern?«
    »Was ... mit wem spreche ich?«
    Seine Instinkte befahlen Gladden, sofort aufzulegen. Lass dich nicht mit ihrer Sorte ein. Aber er war so neugierig.
    »Sie haben meine Kamera«, sagte er.
    Es folgte ein kurzes Schweigen.
    »Mr. Brisbane, und wie geht es Ihnen?«
    »Besten Dank, Detective, mir geht es gut.«
    »Ja, wir haben Ihre Kamera, und Sie haben ein Recht darauf, sie zurückzuerhalten, weil Sie sie für Ihren Lebensunterhalt brauchen. Sollen wir einen Termin für die Abholung vereinbaren?«
    Gladden schloss die Augen und umklammerte den Telefonhörer, bis er das Gefühl hatte, er würde ihn zermalmen. Sie wussten Bescheid. Andernfalls hätten sie gesagt, er solle die Kamera vergessen. Aber sie wussten etwas. Und sie wollten, dass er zu ihnen kam. Die Frage war nur, wie viel sie wussten. Gladden wollte schreien, aber das Bedürfnis wurde von einem klaren Gedanken überlagert, der ihn anwies, nicht die Beherrschung zu verlieren. Keine falsche Bewegung, befahl er sich.
    »Darüber muss ich noch nachdenken.«
    »Also, es ist wirklich eine schöne Kamera. Ich weiß nicht genau, wie sie funktioniert, aber ich hätte nichts dagegen, so eine zu haben. Sie ist hier, wenn Sie ...«
    »Fuck you, Sweetzer.«
    Die Wut gewann die Oberhand. Gladden zischte die

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