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Jack McEvoy 01 - Der Poet

Jack McEvoy 01 - Der Poet

Titel: Jack McEvoy 01 - Der Poet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Worte durch zusammengebissene Zähne.
    »Hören Sie, Brisbane, ich tue nur meinen Job. Wenn Sie damit ein Problem haben, dann kommen Sie zu mir, und wir werden etwas dagegen unternehmen. Wenn Sie Ihre Scheißkamera haben wollen, brauchen Sie nur herzukommen und sie abzuholen. Aber ich denke nicht daran, mich mit Ihnen zu unterhalten, wenn Sie ...«
    »Haben Sie Kinder, Sweetzer?«
    Es blieb für einen langen Augenblick still, aber Gladden wusste, dass der Detective noch am Apparat war.
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Das haben Sie doch gehört.«
    »Soll das eine Drohung gegen meine Familie sein, Sie widerlicher Scheißkerl?«
    Jetzt war es Gladden, der für einen Moment schwieg. Dann bildete sich tief in seiner Kehle ein leises Geräusch, das zu einem irren Gelächter wuchs. Er ließ es unkontrolliert heraus, konnte nichts anderes mehr hören, an nichts anderes mehr denken. Dann knallte er plötzlich den Hörer auf die Gabel und schnitt das Gelächter wie mit einem Messer in seiner Kehle ab. Auf sei nem Gesicht lag eine hässliche Grimasse, und er brüllte: »Fuck you!«
    Gladden öffnete abermals seinen Laptop und schaltete sich ins Inhaltsverzeichnis für Fotos ein. Der Bildschirm des Computers war das Beste, was man bei einem Laptop bekommen konnte, trotzdem hatten die Grafik-Chips nicht die Qualität, die ein stationärer PC zu bieten hatte. Aber die Bilder waren klar genug, und er konnte sich damit behelfen. Er ging die Datei Foto um Foto durch. Es war eine makabre Kollektion von Toten und Le benden. Irgendwie gelang es ihm, in den Fotos Trost zu finden, das Gefühl zu verspüren, dass er die Dinge in seinem Leben unter Kontrolle hatte.
    Trotzdem löste das, was er vor sich sah und was er getan hatte, Trauer in ihm aus. Diese kleinen Opfer! Dargeboten, damit er seine Wunden salben konnte. Er wusste, wie selbstsüchtig, wie grotesk verderbt das war. Und die Tatsache, dass er mit diesen Opfern auch noch Geld machte, entriss ihm den Trost, verwandelte ihn in den Selbsthass und den Abscheu, die ihn immer wieder überkamen. Sweetzer und die anderen hatten Recht. Er verdiente es, dass man ihn jagte.
    Er legte sich auf den Rücken und betrachtete die Decke. Trä nen füllten seine Augen. Er schloss sie und versuchte zu schla fen, zu vergessen. Aber in der Dunkelheit stand hinter seinen Augen sein Best Pal. Er war wie immer da. Mit starrem Gesicht und einem grauenhaften Schlitz anstelle von Lippen.
    Gladden öffnete die Augen und schaute zur Tür. Jemand hatte angeklopft. Als er das metallische Kratzen eines Schlüssels hörte, der von außen ins Schloss gesteckt wurde, setzte er sich schnell auf. Plötzlich war ihm klar, welchen Fehler er gemacht hatte. Sweetzer hatte dem Anruf nachgespürt. Sie hatten gewusst, dass er anrufen würde!
    Die Zimmertür schwang auf. Eine kleine schwarze Frau in einer weißen Uniform stand mit zwei über den Arm drapierten Handtüchern auf der Schwelle.
    »Zimmerservice«, sagte sie. »Tut mir Leid, dass ich heute so spät dran bin, aber ich hatte viel zu tun. Morgen kümmere ich mich um Ihr Zimmer zuerst.«
    Gladden stieß erleichtert den Atem aus und stellte fest, dass er versäumt hatte, das NICHT-STÖREN-Schild an die Tür zu hängen.
    »Schon gut«, sagte er und stand schnell auf, um zu verhindern, dass sie ins Zimmer kam. »Ich brauche ohnehin nur die Handtücher.«
    Als er vor ihr stand, sah er, dass in ihre Uniform der Name Evangeline eingestickt war. Sie hatte ein hübsches Gesicht, und es tat ihm sofort Leid, dass es ihr Job war, hinter anderen Leuten herzuräumen.
    »Danke, Evangeline.«
    Er registrierte, dass ihr Blick an ihm vorbei ins Zimmer ging und auf dem Bett landete. Es war noch gemacht. Er hatte in der Nacht zuvor die Überdecke nicht heruntergezogen. Dann sah sie wieder ihn an und nickte mit einem Gesichtsausdruck, den er für ein Lächeln hielt.
    »Sonst brauchen Sie nichts?«
    »Nein, Evangeline.«
    »Schönen Tag noch.«
    Gladden schloss die Tür und drehte sich um. Auf dem Bett stand der offene Laptop. Auf dem Bildschirm war eines der Fotos zu sehen. Er trat ans Bett und betrachtete es, ohne den Computer zu bewegen. Dann kehrte er zur Tür zurück, öffnete sie und stellte sich in den Türrahmen, dahin, wo sie gestanden hatte. Er schaute auf den Computer. Das Bild war eindeutig. Der Junge auf der Erde, und was hätte das auf der strahlend weißen Leinwand aus Schnee anderes sein können als Blut?
    Er ging rasch zurück zum Bett und drückte auf die

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