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Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Jack Morrow und das Grab der Zeit: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niel Bushnell
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gesehen hatte, das Leben auf der Straße, die Jahre der Entbehrung, die Tragödie einer kaputten Jugend: Das waren nicht alles Timothy McBrides im Tränentunnel eingelagerte Erinnerungen gewesen. Manches davon war auch aus Daveys Unterbewusstsein hervorgeholt worden. Jack sah seinen Freund an und hatte Mitleid mit ihm.
    Davey klopfte großspurig an die Tür des großen Hauses. Einen Moment später hörten sie jemanden in der Eingangs halle, dann ging die Tür auf, und ein klein gewachsener Mann sah sie misstrauisch an. Er trug die eng anliegende Uniform eines Hausdieners und war zweifelsohne der Butler der McBrides.
    »Guten Morgen, Sir.« Davey strahlte ihn an.
    »Es ist drei Uhr nachmittags«, bemerkte der Butler trocken.
    »Schon?« Davey sah zum grauen Himmel hinauf. »Bitte entschuldigen Sie. Mein Meister schickt mich, Sir. Buchbinderei Morrow und Vale, zu Diensten. Er hat mich beauftragt, ein Buch zur Reparatur abzuholen.«
    Jack war beeindruckt, wie schnell Davey geschaltet hatte. Von seinem breiten Akzent war kaum noch etwas zu hören; es erinnerte Jack an den älteren David, den er 2008 kennengelernt hatte.
    Der Butler sah Davey und Jack aus zusammengekniffenen Augen an und zog eine Halbbrille hervor, die er sich auf das Ende seiner langen Nase setzte. »Wie heißt dein Meister noch gleich, Junge?«
    »Mr. William Vale, Sir. Buchbinderei Morrow und Vale.«
    »Nie von ihm gehört«, zischte der Butler. »Wartet hier.« Er knallte die Tür zu. Und Davey fragte sich, ob er überhaupt noch einmal kommen würde.
    Schließlich öffnete sich die Tür erneut, und ein hochgewachsener eleganter Herr stand vor ihnen.
    »Was soll das mit diesem Buch?«, fragte er. »Ich habe keine Reparatur in Auftrag gegeben.«
    »Ich glaube, es war die Dame des Hauses, die den Auftrag erteilt hat«, sagte Davey prompt. »Der Titel lautet Über das Wesen der Verborgenen Reiche . Wenn Sie es uns bringen könnten, machen wir uns gleich wieder auf den Weg, Sir.«
    Die Erwähnung des Buchtitels versetzte den Mann sicht lich in Anspannung. »Meine Frau ist nicht zu sprechen«, ant wortete er. »Und ich habe kein Interesse an diesem abscheulichen Buch.«
    »Ihre Frau?«, sagte Jack entgeistert.
    »Ja«, antwortete der Mann. »Wieso?«
    »Sie sind Timothy McBride«, sagte Jack. Ihm wurde ganz anders. »Welches Datum haben wir?«
    »Bitte was?« Timothy McBride runzelte die Stirn.
    »Das Datum von heute. Wissen Sie es? Haben wir den Dreizehnten?«
    »Junger Mann, deine Manieren sind ebenso geschliffen wie dein Zeitgefühl zutreffend. Heute ist der Zwölfte.«
    Jack fiel nach hinten und stolperte die steilen Stufen hinunter.
    »Ich werde Mrs. McBride in Kenntnis setzen«, sagte Timo thy McBride knapp zu Davey. »Sie wird sich direkt an deinen Dienstherrn wenden, falls es einen solchen wirklich gibt. Guten Tag.«
    Die Tür fiel ins Schloss.
    »Was sollte das denn?«, fragte Davey und zog Jack an der Schulter. »Du hast es ruiniert. Du hast dich aufgeführt wie einer aus der Klapsmühle.«
    »Irgendwas stimmt hier nicht, Davey. Wir haben den Zwölf ten, nicht den Dreizehnten. Wir sind beim falschen Tag rausgekommen.«
    »Wir sind ein bisschen darüber hinausgeschossen, das ist alles. So was passiert schon mal. Einen Tränentunnel run terzureisen läuft anders als mit dem Zug in einen Bahnhof reinzufahren. Je weiter man zurückgeht, desto … hm … undeutlicher wird der Zielpunkt. Er weicht auf. Verschwimmt. Wir sind also am Zwölften statt am Dreizehnten rausgekom men: Was soll’s?«
    »Was es soll?«, fragte Jack ungläubig. »Timothy ist noch nicht tot. Er stirbt erst morgen. Das war er, das war Timothy.«
    »Ja, und?«
    »Er wird morgen sterben!«, rief Jack. »Begreifst du denn nicht? Wenn wir ihn warnen können, dann stirbt er vielleicht nicht.«
    Davey schüttelte energisch den Kopf. »Das lässt du hübsch bleiben! Mit so was pfuscht man nicht rum. Es bringt die natürliche Ordnung der Dinge durcheinander.«
    »Wir sind gerade hundert Jahre in der Zeit zurückgereist, um ein Buch holen. Was ist daran natürlich?«
    Davey zog unbehaglich die Schultern hoch.
    »Er wird bei einem Unfall mit einem Pferdewagen sterben«, fuhr Jack fort. »Diese Erinnerungen waren im Tränentunnel, wir haben beide mitbekommen, wie es passiert ist. Wenn wir ihn warnen können, wenn wir das ändern können, dann … dann …«
    »Dann was?«, sagte Davey verärgert.
    Dann kann ich meine Mutter retten!, hätte Jack am liebsten gebrüllt. Stattdessen wandte er

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