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Jack Reacher 01: Größenwahn

Jack Reacher 01: Größenwahn

Titel: Jack Reacher 01: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Beutel mit meinen Sachen, schätze ich«, sagte ich. Ich erinnerte mich, wie Baker das ganze Zeug aus meinen Hosentaschen in einen Beutel gesteckt hatte. Und Stevenson hatte ihn beschriftet.
    »Würde sich der Busfahrer an Sie erinnern?« fragte Finlay.
    »Vielleicht«, sagte ich. »Es war ein unfahrplanmäßiger Halt. Ich mußte ihn darum bitten.«
    Ich fühlte mich wie ein Zuschauer. Die Situation wurde abstrakt. Mein Job hatte sich nicht groß von Finlays unterschieden. Ich hatte das seltsame Gefühl, mich mit ihm über den Fall eines anderen zu beraten. Als wären wir Kollegen, die ein verzwicktes Problem diskutierten.
    »Warum arbeiten Sie nicht?« fragte Finlay.
    Ich zuckte mit den Schultern. Versuchte eine Erklärung.
    »Weil ich keine Lust habe«, sagte ich. »Ich habe dreizehn Jahre gearbeitet, was mir nichts gebracht hat. Ich habe das getan, was alle tun. Zum Teufel damit. Nun versuche ich es auf meine Weise.«
    Finlay saß da und starrte mich an.
    »Hatten Sie irgendwelche Probleme in der Armee?« fragte er.
    »Nicht mehr als Sie in Boston«, antwortete ich.
    Er war überrascht.
    »Was meinen Sie damit?« fragte er.
    »Sie haben zwanzig Jahre in Boston gearbeitet«, sagte ich. »Das haben Sie mir selbst gesagt, Finlay. Warum also sind Sie hier in diesem unbedeutenden, kleinen Kaff? Sie sollten Ihre Pension kriegen und zum Fischen fahren. Nach Cape Cod oder sonstwohin. Wie lautet Ihre Geschichte?«
    »Das ist meine Sache, Mr. Reacher«, sagte er. »Beantworten Sie meine Frage.«
    Ich zuckte die Schultern.
    »Fragen Sie die Army«, sagte ich.
    »Das werde ich«, sagte er. »Darauf können Sie wetten. Hatten Sie einen ehrenhaften Abschied?«
    »Hätte ich sonst eine Abfindung bekommen?«
    »Warum sollte ich annehmen, daß man Ihnen auch nur einen Cent gab?« fragte er. »Sie leben wie ein verdammter Landstreicher. Ehrenhafter Abschied: ja oder nein?«
    »Ja«, sagte ich. »Natürlich.«
    Er machte sich eine weitere Notiz. Dachte eine Weile nach.
    »Wie haben Sie sich gefühlt, als man Sie entließ«, fragte er.
    Ich dachte darüber nach. Zuckte die Achseln.
    »Ich habe gar nichts gefühlt«, sagte ich. »Ich fühlte mich, als sei ich in der Army gewesen und wäre es jetzt nicht mehr.«
    »Waren Sie verbittert? Enttäuscht?«
    »Nein«, sagte ich. »Sollte ich?«
    »Hatten Sie überhaupt keine Probleme damit?« fragte er. Als hätte ich welche haben müssen.
    Ich hatte das Gefühl, ich müßte ihm irgendeine Antwort geben. Aber mir fiel nichts ein. Ich war beim Militär gewesen, seit ich geboren wurde. Jetzt war ich nicht mehr dort. Das fühlte sich großartig an. Fühlte sich nach Freiheit an. Als hätte ich mein ganzes Leben lang leichte Kopfschmerzen gehabt. Die ich nicht bemerkt hatte, bis sie weg waren. Mein einziges Problem war, meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Den Lebensunterhalt zu verdienen, ohne seine Freiheit aufzugeben, war nicht ganz einfach. Ich hatte in den letzten sechs Monaten nicht einen Cent verdient. Das war mein einziges Problem. Aber das würde ich Finlay nicht erzählen. Er würde es als ein Motiv ansehen. Würde denken, ich hätte beschlossen, mein Leben als Landstreicher zu finanzieren, indem ich Leute ausraubte. An Lagerhäusern. Und sie dann umbrachte.
    »Ich schätze, der Übergang ist nicht ganz leicht«, sagte ich. »Vor allem, weil ich seit meiner Kindheit dieses Leben geführt habe.«
    Finlay nickte. Überdachte meine Antwort.
    »Warum gerade Sie?« fragte er. »Haben Sie sich freiwillig gemeldet?«
    »Ich melde mich nie freiwillig«, sagte ich. »Das ist die Grundregel für Soldaten.«
    Wieder Stille.
    »Haben Sie sich spezialisiert?« fragte er. »Beim Militär?«
    »Zunächst habe ich allgemeinen Dienst gemacht«, sagte ich. »So ist das System. Dann habe ich mich fünf Jahre um Verschlußsachen gekümmert. In den letzten sechs Jahren habe ich dann etwas anderes gemacht.«
    Ich ließ ihn nachfragen,
    »Was war das?«
    »Untersuchung von Tötungsdelikten«, sagte ich.
    Finlay lehnte sich zurück. Grunzte. Machte wieder die Spitze mit seinen Fingern. Er starrte mich an und atmete aus. Lehnte sich vor. Zeigte mit dem Finger auf mich.
    »Okay«, sagte er. »Ich werde Sie überprüfen. Wir haben Ihre Fingerabdrücke. Bei der Armee sollte es Unterlagen über Sie geben. Wir werden Ihre Personalakte bekommen. Ihre ganze Laufbahn. Mit allen Einzelheiten, Wir werden uns mit der Busgesellschaft in Verbindung setzen. Ihre Fahrkarte überprüfen. Den Fahrer suchen, die Passagiere.

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