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Jack Reacher 09: Sniper

Jack Reacher 09: Sniper

Titel: Jack Reacher 09: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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sind sichtbar, Soldat.«
    Reacher sagte: »Was für ein Nachtsichtgerät haben Sie auf diesem Ding?«
    »Litton«, sagte Cash.
    »Teuer, stimmt’s?«
    »Dreitausendsiebenhundert Dollar.«
    »Muss besser als eine kümmerliche Thermalkamera sein.«
    Cash gab keine Antwort.
    Reacher sagte: »Na ja, hoffentlich.«
    Er ging weiter. Dies war vermutlich das Unnatürlichste, wozu ein Mensch sich zwingen konnte: langsam und stetig auf ein Haus zuzugehen, aus dem wahrscheinlich ein Gewehr auf seine Körpermitte gerichtet war. Hatte Tschenko halbwegs Verstand, würde er warten, bis sein Ziel ganz nah war. Und Tschenko schien sehr clever zu sein. Fünfzig Meter wären gut. Oder fünfunddreißig wie Tschenkos Schussentfernung aus dem Parkhaus. Aus fünfunddreißig Metern war Tschenko recht gut. Das hatte er hinlänglich bewiesen.
    Er ging weiter. Holte das Kampfmesser aus der Tasche, zog es aus der Scheide und hielt es tief und locker in der Rechten. Nahm das Handy von der rechten in die linke Hand und hielt es ans Ohr. Hörte Cash sagen: »Sie sind jetzt völlig sichtbar, Soldat. Sie leuchten wie der Polarstern. Als ob sie in Flammen stünden.«
    Noch vierzig Meter.
    Neununddreißig.
    Achtunddreißig.
    »Helen?«, sagte er: »Bitte noch mal.«
    Er hörte ihre Stimme: »Okay.«
    Er ging weiter. Hielt den Atem an.
    Fünfunddreißig Meter.
    Vierunddreißig.
    Dreiunddreißig.
    Reacher atmete aus. Er ging unbeirrt weiter. Noch dreißig Meter. An seinem Ohr vernahm er ein Keuchen. Das war Helen, die rannte. Im Hintergrund hörte er Yanni fragen: »Wie nahe ist er?« Hörte Cash antworten: »Nicht nahe genug.«
     
    Wladimir beugte sich nach vorn und sagte: »Da ist es wieder.« Er legte seine Fingerspitze auf den Monitor, als könnte er sich durch die Berührung Gewissheit verschaffen. Sokolow sah zu ihm hinüber. Er hatte weit mehr Erfahrung mit den Kameras als Wladimir. Die Primärüberwachung war immer sein Job gewesen. Raskins und seiner.
    »Das ist kein Fuchs«, sagte er. »Viel zu groß.«
    Er beobachtete es noch fünf Sekunden lang. Das Bild bewegte sich am äußersten Rand des Erfassungsbereichs der Kamera im Zickzack. Erkennbare Größe, erkennbare Form, unerklärliche Bewegungen. Er stand auf und ging zur Tür. Hielt sich mit beiden Händen am Rahmen fest und beugte sich in den Flur hinaus.
    »Tschenko!«, rief er. »Nord!«
    Hinter ihm auf dem Westmonitor wuchs ein zuvor nur daumengroßer Fleck an. Er sah aus wie eine mit nummerierten Farbfeldern kolorierte Gestalt: limonengrün an den Rändern, dann eine mehrheitlich chromgelbe Fläche mit leuchtend rotem Kern.
     
    Tschenko hastete durch ein leeres Schlafzimmer und schob das Fenster so hoch wie überhaupt möglich. Dann trat er in die Dunkelheit zurück. So war er von unten unsichtbar und außer durch einen Schuss aus dem zweiten Stock eines benachbarten Gebäudes unverwundbar – und hier gab es keine Nachbargebäude. Er schaltete das Nachtsichtgerät ein und hob das Gewehr. Suchte das freie Gelände bei zweihundert Metern beginnend systematisch ab: von links nach rechts, auf und ab.
    Er entdeckte eine Frau.
    Sie flitzte wie verrückt barfuß herum, schlug Haken und lief vor und zurück, als tanzte sie oder übe Fußball ohne Ball. Tschenko dachte: Was? Er nahm Druckpunkt am Abzug und versuchte, ihre nächste Pirouette vorauszuberechnen. Versuchte zu erraten, wo ihr Oberkörper sich eine Drittelsekunde nach Abgabe seines Schusses befinden würde. Er wartete. Dann hörte sie plötzlich auf, sich zu bewegen. Stand dem Haus zugekehrt völlig still und breitete die Arme weit aus, wie um ein besseres Ziel zu bieten.
    Tschenko drückte ab.
    Dann begriff er plötzlich. Er hastete auf den Korridor hinaus.
    »Scheinangriff!«, brüllte er. »Scheinangriff!«
     
    Cash sah das Mündungsfeuer, rief »Schuss abgegeben!« und richtete sein Nachtsichtgerät aufs Nordfenster. Die untere Hälfte war hochgeschoben, die obere Scheibe geschlossen. Durch die Öffnung zu schießen, wäre zwecklos gewesen. Die schräge Schusslinie garantierte einen Fehltreffer. Also schoss er auf die Scheibe. Er rechnete sich aus, dass ein dadurch erzeugter scharfer Glassplitterhagel jemandem die Nacht verderben könnte.
     
    Sokolow beobachtete das verrückte Wärmebild auf Wladimirs Monitor, als er Tschenkos Schuss und seine gebrüllte Warnung hörte. Er blickte kurz zur Tür hinüber und wandte sich wieder dem Südmonitor zu. Nichts zu sehen. Dann hörte er, wie das Feuer erwidert wurde und oben im

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