Jack Reacher 09: Sniper
wird morgen wehtun.«
»Gut gemacht!«
»Ich gebe immer mein Bestes.«
Sie sperrten den Wagen auf und legten die Tote auf den Rücksitz. Der Platz reichte gerade für sie aus. Sandy war eine kleine zierliche Person gewesen. Dann stiegen sie ein und machten sich auf den Weg. Sie holten ziemlich weit nach Osten aus und fuhren das Metropole Palace von rückwärts an. Sie mieden die Ladebucht mit den Mülltonnen und bogen auf die Durchfahrt neben dem Hauptgebäude ab. Dort hielten sie an einem Notausgang. Wladimir stieg aus und öffnete die rechte hintere Tür. Zog den Leichnam an den Schultern heraus und ließ ihn da, wo er auf dem Pflaster zusammensackte. Dann stieg er wieder ein. Tschenko fuhr an, stoppte nach fünf Metern und drehte sich am Steuer sitzend um. Die Tote hockte zusammengesunken an der jenseitigen Mauer der Durchfahrt. Genau gegenüber dem Notausgang. Das sah nach einem plausiblen Szenario aus. Als der Soldat zudringlich geworden war, war sie in panischer Angst aus seinem Zimmer geflüchtet, hatte es vorgezogen, nicht auf den Aufzug zu warten, war die Feuertreppe hinuntergerannt und in die Nacht hinausgestürmt. Vielleicht war sie hier gestolpert, wodurch eine bereits erlittene Verletzung ihr den Rest gegeben hatte. Vielleicht war sie gestolpert und so gegen die Mauer geknallt, dass der Aufprall ihr das schon angeknackste Genick vollends gebrochen hatte.
Tschenko drehte sich wieder um und fuhr weiter, nicht schnell, nicht langsam, ohne Aufmerksamkeit zu erregen, ohne irgendwie aufzufallen, acht Meilen nach Nordwesten, bis zur Villa des Zec.
8
Reacher wachte um Punkt sieben Uhr ohne Wecker auf und verließ das Hotel, um zu sehen, ob er beschattet werden würde, und um einen Drugstore zu finden. Er ging eine halbe Meile weit im Zickzackkurs, ohne jemanden hinter sich zu entdecken. Zwei Blocks östlich des Motor Courts fand er einen Drugstore, in dem er einen Pappbecher Kaffee, eine Packung Einmalrasierer, eine Dose Rasierschaum und eine neue Tube Zahnpasta erstand. Er trug die Einkäufe auf einem Umweg zurück, legte seine Kleidung erneut unter die Matratze, setzte sich aufs Bett und trank den Kaffee. Dann duschte er und rasierte sich, was insgesamt zweiundzwanzig Minuten dauerte. Er wusch sich zweimal die Haare. Dann zog er sich wieder an und ging los, um in dem einzigen Lokal zu frühstücken, das er finden konnte: dem Drive-in-Restaurant, das er am Vortag gesehen hatte. Drinnen gab es eine kleine Esstheke. Er trank noch mehr Kaffee und aß ein englisches Muffin, dessen Füllung aus einer runden Scheibe Schinken und etwas bestand, das wie mit Wasser angerührtes Trockenei aussah. Reacher war beileibe nicht wählerisch, aber in diesem Augenblick hatte er das Gefühl, seine persönliche Toleranzgrenze erreicht zu haben.
Auf den Muffin ließ er ein Stück Zitronenkuchen folgen, um seinen Blutzuckerspiegel zu heben. Der war besser als das Muffin, weshalb er zu seiner zweiten Tasse Kaffee noch ein zweites Stück bestellte. Dann ging er nach Süden zu dem Herrenfriseur weiter. Als er die Tür aufzog und vor dem Spiegel Platz nahm, war es genau halb neun.
Zu diesem Zeitpunkt waren die Ermittlungen wegen des Mordes beim Metropole-Palace-Hotel bereits drei Stunden alt. Die Leiche in dem Durchgang war von einem Raumpfleger entdeckt worden, der um halb sechs zur Arbeit kam. Der Raumpfleger, ein Honduraner mittleren Alters, berührte die Tote nicht. Versuchte nicht festzustellen, ob sie noch lebte. Die Art, wie sie dalag, sagte ihm bereits alles. Der Mann lief ins Hotel und informierte den Nachtportier. Dann ging er wieder nach Hause, denn er besaß keine Green Card und wollte nichts mit polizeilichen Ermittlungen zu tun haben. Der Nachtportier rief die 911 von der Rezeption aus an und trat dann aus dem Seitenausgang, um sich die Leiche anzusehen. War keine dreißig Sekunden später wieder drinnen, weil er diesen Anblick nicht ertragen konnte.
Innerhalb von acht Minuten fuhren zwei Streifenwagen und ein Krankenwagen vor. Die Sanitäter bestätigten, dass die junge Frau tot war, und verließen wieder den Tatort. Die Streifenbeamten sperrten den Durchgang und den Seitenausgang ab und nahmen die Aussage des Nachtportiers zu Protokoll. Um den Illegalen aus Honduras zu schützen, sagte er aus, er sei zum Luftschnappen vor die Tür getreten und habe die Tote gefunden. Das war fast die Wahrheit. Jedenfalls hatten die Polizeibeamten keinen Grund, ihm nicht zu glauben. Dann warteten sie einfach ab, bis Emerson
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