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Jack Reacher 09: Sniper

Jack Reacher 09: Sniper

Titel: Jack Reacher 09: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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erschien.
    Emerson traf um 6.25 Uhr ein. Er brachte seine Stellvertreterin Donna Bianca, den städtischen Gerichtsarzt und Bellantonio mit. Die erste halbe Stunde war für technische Dinge reserviert: Fotografieren, Messungen, Spuren sichern. Dann durfte Emerson endlich näher treten … und stand sofort vor dem ersten großen Problem. Die junge Frau hatte keine Handtasche, keinerlei Ausweis bei sich. Niemand hatte die geringste Ahnung, wer sie war.
    Ann Yanni kreuzte um 7.15 Uhr hinter dem Metropole auf. Sie brachte ein NBC-Team mit, das aus einem Kameramann und einem Tontechniker mit einem Mikrofon an einem langen Teleskopstab bestand. Das Mikrofon war gegen Windgeräusche mit Plüsch überzogen, und der Stab ließ sich drei Meter weit ausfahren. Der Typ beugte sich über das Absperrband, mit dem die Polizei den Tatort gesichert hatte, streckte die Arme aus und hatte nun Emersons Stimme in seinem Kopfhörer. Emerson sprach mit Bianca über Prostitution.
    Der Gerichtsarzt hatte Armbeugen, Schenkel und Zehenzwischenräume der jungen Frau untersucht, ohne Einstiche zu finden. Sie war also nicht hier gewesen, um sich Drogen zu beschaffen. Also war sie vielleicht eine Nutte. Wer sonst wäre mitten in der Nacht und in dieser Aufmachung aus dem Nebenausgang eines innerstädtischen Hotels gekommen? Sie war noch jung und sehr hübsch. Deshalb würde sie nicht billig gewesen sein. Deshalb hätte sie eine große Handtasche voller Zwanziger dabeihaben sollen, die irgendein Geschäftsmann am Abend zuvor aus einem Geldautomaten gezogen hatte. Hier war sie jemandem begegnet, der ihr aufgelauert hatte. Jemand, der speziell auf sie gewartet oder nur darauf gehofft hatte, eine Frau wie sie werde aus dem Hotel kommen. Jedenfalls hatte er ihr die Handtasche entrissen und sie etwas heftiger niedergeschlagen, als nötig gewesen wäre.
    Einer Neunzehn- oder Zwanzigjährigen, nicht Drogenabhängigen, waren die Fingerabdrücke wahrscheinlich noch nie abgenommen worden, falls sie nicht irgendwo aufgrund eines Sittlichkeitsdelikts aufgegriffen worden war. Das vermutete Emerson eigentlich nicht, weshalb er nicht davon ausging, ihre Identität durch Nachforschungen in Polizeidatenbanken klären zu können. Aussichtsreicher erschienen ihm Nachforschungen im Hotel selbst: beim Nachtportier, durch dessen Vermittlung sie ins Haus gelangt war, oder dem Hotelgast, der das Mädchen herbestellt hatte.
    »Niemand verlässt das Haus«, sagte er zu Bianca. »Wir befragen sämtliche Gäste und das Personal einzeln. Suchen Sie sich also einen Raum dafür. Und weisen Sie unsere Leute an, auf einen Kerl zu achten, der mit neuen Zwanzigern um sich wirft.«
    »Einen großen Kerl«, sagte Bianca.
    Emerson nickte. »Einen echt großen Kerl. Das war ein gewaltiger Schlag.«
    Der Gerichtsarzt ließ die Tote ins Leichenschauhaus bringen. Donna Bianca richtete sich in der Hotelbar ein. Die Befragungen waren um halb neun Uhr zu zwei Dritteln abgeschlossen.
     
    Der Friseur war ein erfahrener alter Mann, der den Kunden seinen Standardhaarschnitt – beim Militär als »Weißwandreifen« bekannt – vermutlich seit annähernd fünfzig Jahren verpasste. Er ließ oben vier Zentimeter stehen und benützte seine Haarschneidemaschine, um das Haar hinten und seitlich sehr kurz zu schneiden. Dann drehte er sie um, schor die Koteletten waagrecht ab und säuberte den Nacken von Flaum. Dieser Schnitt war Reacher vertraut. Er hatte ihn sein Leben lang bis auf die Zeiten getragen, in denen er zu faul gewesen war, zum Friseur zu gehen, oder sich den Schädel hatte rasieren lassen, um ein halbes Jahr Ruhe zu haben.
    Der Friseur hantierte mit dem Handspiegel, um Reacher zu zeigen, wie sein Hinterkopf aussah.
    »Zufrieden?«, fragte er.
    Reacher nickte. Der Schnitt war in Ordnung, aber das verbliebene Haar war von einem fingerbreiten weißen Streifen gesäumt. In Miami war sein Haar noch länger gewesen und hatte die Haut vor der Sonne geschützt. Der Friseur bürstete den Kragen aus und nahm ihm den Umhang ab. Reacher zahlte seine sieben Dollar und gab einen Dollar Trinkgeld. Danach machte er einen Rundgang um den Block. Niemand beschattete ihn. Er ging auf sein Zimmer, wusch sich das Gesicht und rasierte sich nochmals unter den Koteletten. Dort standen noch Bartstoppeln. Die alte Haarschneidemaschine des Friseurs war ein bisschen stumpf gewesen.
     
    Die Befragungen im Metropole Palace waren um 9.20 Uhr abgeschlossen und brachten Emerson keinen einzigen Schritt weiter.
    Der

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