Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten
Sie haben alle geschlafen, verstehen Sie? Einer hatte neben seinem Bett eine Pistole liegen und machte den Fehler, danach zu greifen.»
«Sie haben wirklich alle mitgenommen, sogar die Posten?»
«Selbstverständlich. Sie sind jetzt im Tschad. Diejenigen, die noch leben, werden verhört.»
«Wie haben Sie es hingekriegt, daß der Satellit im richtigen Augenblick da war?» fragte Jack.
Ein lässiges Achselzucken. «Ein zufälliges Zusammentreffen.»
Richtig, dachte Jack. Ein toller Zufall. Ich habe soeben einen kleinen Dokumentarfilm über die Tötung von drei oder vier Menschen gesehen, Terroristen, korrigierte er sich. Abgesehen von der Lagermannschaft, die den Terroristen nur geholfen hat. Das Timing kann kein Zufall gewesen sein. Die Franzosen wollten uns zeigen, daß sie es mit der Terrorismusbekämpfung ernst meinen.
«Warum bin ich hier?»
«Sie haben es doch erst ermöglicht», sagte Jean-Claude. «Ich habe die Ehre, Ihnen im Namen meines Landes zu danken.»
«Was wird mit den Leuten geschehen, die Sie gefangengenommen haben?» fragte Jack.
«Wissen Sie, wie viele Menschen sie auf dem Gewissen haben? Sie werden für diese Verbrechen büßen müssen. Wir werden Gerechtigkeit üben.»
«Sie wollten doch einen Erfolg sehen, Jack», sagte Cantor. «Das war einer.»
Ryan dachte über die Bemerkung nach. Daß die Leichen der Lagerposten mitgenommen worden waren, sagte ihm, wie die Operation enden würde. Niemand sollte wissen, was geschehen war. Sicher, sie hatten ein paar Einschüsse und Blutflecken hinterlassen, aber keine Leichen. Es war nichts da, was auf die Franzosen hinweisen würde. Die Truppen hatten ihre Spuren hervorragend verwischt. Die ganze Operation war «dementierbar». In diesem Sinn war es ein perfektes Kommandounternehmen gewesen. Und wenn man sich so viel Mühe gegeben hatte, es perfekt zu machen, bestand kaum Grund zu der Annahme, daß die Leute von der Action Directe jemals einen Gerichtssaal betreten würden.
Ich habe diese Leute wohl zum Tode verurteilt, wurde ihm dann bewußt. Er erinnerte sich an das Fahndungsfoto ihres Gesichts und an die grobkörnige Satellitenaufnahme eines Mädchens im Bikini.
«Sie hat mindestens drei Menschen umgebracht», sagte Cantor, der Jacks Gedanken las.
«Professor Ryan, sie ist eine eiskalte Killerin. Keinerlei Gefühle. Sie dürfen sich nicht von ihrem hübschen Gesicht täuschen lassen», fügte Jean-Claude hinzu. «Professor Ryan, Sie haben geholfen, das Leben vieler unschuldiger Menschen zu rächen, und Sie haben das Leben anderer Leute gerettet, die Sie nie kennen werden. Sie werden für Ihren Beistand ein offizielles Dankschreiben bekommen, das natürlich geheim bleiben muß.»
«Wir freuen uns, daß wir Ihnen helfen konnten, mon Colonel» y sagte Cantor. Die Herren reichten sich die Hand, und Martin ging mit Jack zurück ins Hauptgebäude.
«Ich weiß nicht, ob ich so was noch mal sehen möchte», sagte Ryan im Korridor. «Ich meine, ich möchte ihre Gesichter nicht kennen. Das heißt ... verdammt, ich weiß nicht, was es heißt. Vielleicht ... Es war fast so wie ein Thriller im Fernsehen, aber es war kein Thriller. Wer ist dieser Kerl überhaupt?»
«Jean-Claude? Er leitet den Washingtoner Sitz des DGSE, und er war der Verbindungsmann. Wir haben vor anderthalb Tagen das erste neuere Foto von ihr bekommen. Sie hatten die Operation schon vorbereitet, und er hat sie in sechs Stunden in Gang gebracht. Eine eindrückliche Leistung.»
«Ich nehme an, sie wollten, daß wir beeindruckt sind. Sie werden sie nicht nach Hause bringen, nicht wahr?»
«Nein. Ich bezweifle sehr, daß diese Leute jemals wieder nach Frankreich kommen, und vor Gericht schon gar nicht. Erinnern Sie sich, was für Probleme sie bekamen, als sie letztes Mal versuchten, Mitgliedern der Action Directe den Prozeß zu machen? Die Geschworenen bekamen plötzlich nächtliche Anrufe, und das ganze Verfahren platzte. Vielleicht wollen sie so etwas nicht noch mal mitmachen.» Cantor runzelte die Stirn. «Na ja, es ist nicht unsere Sache. Wir haben nur einem Verbündeten mit Informationen geholfen.»
«Ein amerikanisches Gericht könnte das als Beihilfe zum Mord werten.»
«Schon möglich», gab Cantor zu. «Ich persönlich nenne es lieber so wie Jean-Claude.»
«Warum gehen Sie dann im August?» fragte Ryan.
Cantor antwortete, ohne ihn anzusehen. «Vielleicht finden Sie den Grund irgendwann selbst heraus, Jack.»
Wieder allein in seinem Büro, konnte Jack seine Gedanken
Weitere Kostenlose Bücher