Jack Ryan 02 - Die Stunde der Patrioten
das Geoffrey Watkins weniger als eine Stunde nach Cooleys Verschwinden geführt hatte. Ashley spielte ihn ab. Das Gespräch dauerte nur zwanzig Sekunden. Und der Anrufer war nicht Cooley. Wenn er es gewesen wäre, hätten sie Watkins auf der Stelle festgenommen. Trotz all ihrer Bemühungen hatten sie immer noch kein einziges stichhaltiges Indiz gegen Geoffrey Watkins.
«Im Gebäude arbeitet tatsächlich ein Bursche namens Titus. Der Anrufer nannte sogar seine korrekte Nummer. Er könnte sich wirklich verwählt haben.»
«Aber er hat es natürlich nicht.»
«Sie wissen ja, so wird es gemacht. Man hat bestimmte Codebotschaften, die vollkommen unverfänglich klingen. Wer immer diese Leute ausgebildet hat, war ein Könner. Was ist mit dem Laden?»
«Diese Beatrix scheint absolut nichts zu wissen. Das Geschäft wird noch durchsucht, und bisher hat man nichts als diese verdammten alten Schwarten gefunden. Das gleiche in seiner Wohnung.» Owens stand auf und redete kopfschüttelnd weiter. «Ein simpler Elektriker ... Monatelange Arbeit, und alles umsonst, weil er den falschen Draht rauszieht!»
»Er wird wieder auftauchen. Er kann nicht viel Bargeld bei sich gehabt haben. Er muß seine Kreditkarte nehmen.»
«Er ist bereits im Ausland. Sagen Sie nicht nein. Wenn er gerissen genug für das ist, was er getan hat ...»
«Ja.» Ashley nickte langsam und widerstrebend. «Man kann nicht immer gewinnen, James.»
«Schöner Trost!» brummte Owens. »Diese Schufte haben alle unsere Schritte einkalkuliert. Der Polizeipräsident wird mich gleich fragen, warum wir nicht rechtzeitig handeln konnten, und was soll ich ihm antworten?»
«Was ist also der nächste Schritt?»
«Wir haben wenigstens genug Fotos ... Wir ... wir teilen den Amerikanern selbstverständlich alles mit, was wir wissen. Ich habe heute abend eine Besprechung mit Murray. Er hat angedeutet, daß bei ihnen etwas läuft, worüber er nicht sprechen kann, wahrscheinlich irgendeine CIA-Operation.»
«Oh? Hier oder dort?»
«Dort.» Owens hielt inne. «Ich habe diesen verdammten Laden langsam satt.»
«Commander, Sie sollten Ihre Erfolge gegen Ihre Mißerfolge in die Waagschale werfen», sagte Ashley. «Sie sind der beste Man, den wir seit Jahren auf diesem Posten gehabt haben.»
Owens schnaubte nur über die Bemerkung. Er wußte, daß sie zutraf. Unter seiner Leitung hatte die Antiterror-Abteilung einige größere Schläge gegen die Provisorischen geführt. Aber auf diesem Posten hörte man von seinen Vorgesetzten die gleiche Frage wie andernorts: «Was haben Sie heute geschafft? Gestern ist der Schnee vom letzten Jahr.»
«Watkins' mutmaßlicher Kontakt hat sich abgesetzt», berichtete Owens drei Stunden später.
«Was ist passiert?» Murray lauschte mit halbgeschlossenen Augen und schüttelte bekümmert den Kopf. «Wir haben so was auch schon erlebt», sagte er, als der Commander ausgeredet hatte. «Ein übergelaufener CIA-Mann. Wir beobachteten sein Haus und ließen es zu einer gemütlichen Routine werden, und dann schlug er dem Überwachungsteam auf einmal ein Schnippchen und war weg. Eine Woche später tauchte er dann in Moskau auf. So was kommt vor, Jimmy.»
«Nicht bei mir», fuhr Owens hoch. «Das heißt, bisher noch nie.»
«Wie sieht er aus?»
Owens schob einen Stoß Fotos über den Schreibtisch. Murray betrachtete sie kurz. «Ein unauffälliger Wicht, nicht wahr? Fast kahlköpfig.» Der FBI-Mann dachte kurz darüber nach, nahm dann den Hörer ab und tippte vier Ziffern. «Fred? Hier Dan. Können Sie für eine Minute in mein Büro hoch kommen?»
Der Mann erschien ein paar Augenblicke später. Murray stellte ihn nicht als CIA-Beamten vor, und Owens fragte nicht. Er brauchte es nicht. Er hatte Murray zwei Abzüge von jedem Foto gegeben.
Fred nahm seine Abzüge an sich und betrachtete sie. «Wer soll das sein?»
Owens erläuterte kurz und schloß mit den Worten: «Er ist jetzt wahrscheinlich schon außer Landes.»
«Hm, wenn er in einem von unseren Netzen auftaucht, sagen wir Ihnen Bescheid», versprach Fred und ging wieder.
«Wissen Sie, was sie vorhaben?» fragte Owens.
«Nein. Ich weiß nur, daß etwas geschieht. Das Bureau und die Agency haben einen gemeinsamen Einsatzstab gebildet, aber es ist supergeheim. Ich brauche noch nicht alles zu wissen.»
«Haben Ihre Leute bei der Sache gegen die Action Directe mitgemacht?»
«Ich weiß nicht, wovon Sie reden», sagte Murray salbungsvoll. Wie zum Teufel hast du davon erfahren, Jimmy?
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