Jack West 03 - Der fünfte Krieger
Salzbergwerke hervorragende Gräber ab«, fügte Jack hinzu, »denn Salzkristalle versiegeln Türen, lassen keinen Sauerstoff eindringen und konservieren somit alles, was sich in ihrem Innern befindet.« Auf dem Weg den Hügel hinauf kamen sie zu einer kleinen Süßwasserquelle - Ein Aradhim, wo Jakobus auf seiner Reise nach Van einen scheinbar unnötigen Zwischenstopp eingelegt hatte.
Die Quelle war nur eine kleine mit gurgelndem Wasser gefüllte Vertiefung, aus der ein dünnes Rinnsal floss. Es führte so wenig Wasser mit sich, dass es längst verdunstet war, bevor es das Tote Meer erreichte.
Nicht weit von der Quelle führte ein schon seit langem aufgelassener Bergwerksstollen in das Innere des Salzhügels.
Vor dem mit Holzbrettern verschlossenen Eingang hatte der Wind im Lauf der Jahrhunderte einen beachtlichen Sandhaufen angeweht. Auf einem Gleis, das unter der Bretterwand hindurch in das Bergwerk führte, standen mehrere verrostete Hunte. Über den Boden waren zerbrochene Petroleumlampen verstreut.
Verwitterte Schilder warnten auf Englisch, Hebräisch und Arabisch:
»VORSICHT - HERABFALLENDE STEINE
ZUTRITT VERBOTEN
VORSICHT - LEICHT ENTZÜNDLICHE GASE (METHAN)
KEIN OFFENES FEUER .«
»Ein Bergwerk aus den 1930er Jahren, englisch«, bemerkte Iolanthe mit einem Blick auf die Herstellungsplakette eines der kleinen Transportwagen. »Diese Hunte wurden 1922 in Sheffield gebaut.«
»Aber vermutlich handelt es sich dabei nur um eine Erweiterung eines wesentlich älteren Bergwerks aus der Römerzeit«, sagte Jack. »Das Methan dürften erst die modernen Bergleute entdeckt haben, denn die Römer haben sicher offenes Feuer verwendet.« »Wenn in einem Bergwerk entzündliche Gase austreten, kann das übel enden«, warnte Iolanthe.
Jack deutete auf einen sperrigen blauen Leinwandsack, den er hinten in den Jeep geladen hatte. »Für den Fall, dass wir einen gefährlichen Stollen luftdicht abschließen müssen, habe ich ein paar Atemgeräte und eine aufblasbare Luftschleuse mitgebracht.«
»Ist das der einzige Eingang?«, fragte Lily.
»Das glaube ich nicht«, sagte Jack. »Das Innere des Bergs ist vermutlich von einem kilometerlangen Netz von Stollen und Schächten durchzogen, zu denen es höchstwahrscheinlich mehrere Zugänge gibt.«
»Und was machen wir jetzt genau?«, wollte Iolanthe wissen.
»Wir gehen da jetzt rein«, sagte Jack, »und sehen, was wir finden.«
Mit einer Brechstange entfernte Jack die alten Holzbretter, die den Eingang verschlossen. Dann fuhren die drei mit dem Jeep in das Bergwerk.
Es war eine Traumwelt, die sich ihnen dort im Licht der Scheinwerfer auftat: Wände und Decke waren aus reinem Salz und vollkommen weiß. Wegen ihrer kristallinen Transparenz hatte man den Eindruck, sich in einem Palast aus Eis zu befinden. Außerdem waren die weißen Böden höllisch glatt.
Obwohl jeder Stollen mit einer Nummer gekennzeichnet war, war es schwer, sich in dieser Welt aus Weiß zurechtzufinden. Jack fiel nur eine einzige Möglichkeit ein, den Weg zu markieren, den sie nahmen, und zwar der uralte
Trick, den Theseus im Labyrinth des Minotaurus angewendet hatte: Er legte unterwegs immer wieder einen Leuchtstab aus, damit sie wieder herausfinden würden.
Immer weiter drangen sie in das undurchschaubare Labyrinth aus weißwandigen Stollen vor, die ständig die Richtung änderten und bald nach oben, bald nach unten führten.
Dabei fiel ihnen eine seltsame Veränderung auf: In der Nähe des Eingangs waren die Stollen breiter und exakter aus dem Salz gehauen, außerdem waren in den größten Gleise für die Hunte und Stromleitungen für die Beleuchtung verlegt. Je weiter sie jedoch in das Innere des Salzbergs vordrangen, desto weniger wurden die Errungenschaften moderner Bergbautechnik.
Die Stollen wurden primitiver und enger, die hölzernen Streben zum Stützen der Decke dicker und archaischer. Und die Nummern der einzelnen Stollen waren jetzt in stark verwitterten römischen Ziffern in die Salzwände geritzt. Jack hielt an.
»Jetzt sind wir im ursprünglichen römischen Salzbergwerk.« Misstrauisch nahm er die uralten Holzstützen in Augenschein. »Hoffentlich halten diese Balken noch etwas länger. Für den Jeep wird es hier zu eng. Gehen wir zu Fuß weiter.«
Er nahm den Leinwandsack aus dem Heck des Jeeps und warf ihn sich über die Schulter.
Sie gingen etwa eine halbe Stunde zu Fuß.
»Jack«, bemerkte Iolanthe skeptisch, »weißt du eigentlich, was du hier überhaupt willst?
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