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Jacob beschließt zu lieben - Roman

Jacob beschließt zu lieben - Roman

Titel: Jacob beschließt zu lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Schulter, dann ging sie ins Haus, um zu beten. Sie tat es seit ihrer Rückkehr immer öfter, mit dem Geld hatte sie auch das Beten aus Amerika mitgebracht, als ob sie damit etwas tilgen wollte. Etwas, das nur unter dem Kruzifix gemurmelt werden durfte. Am nächsten Tag zog sie im Gesindehaus, wo sie jetzt wohnten, ihr schönstes Kleid an, das ihr noch geblieben war, stieg in die einzige Kutsche, die sie noch besaßen, und fuhr zum Haus des Neper.
    Natürlich war Neper von Jakobs Anwesenheit nicht begeistert, aber dieser hatte es erneut mit Schmeicheleien und Drohungen geschafft, ihn einzuschüchtern. Hinzu kam, dass der Apotheker, wie jeder andere Mensch auch, neugierig war und sich von den Ereignissen eine schöne Abwechslung versprach.
    Er ließ Jakob im Stall schlafen und an seinem Tisch sitzen und essen. Inzwischen fragte Jakob gar nicht mehr nach, sondern ging direkt in die Speisekammer. Er holte Würste, Käse, Brot, eingelegte Früchte oder Gurken heraus und stopfte alles in sich hinein, als ob der Hunger, der in ihm wohnte, nicht zu stillen wäre. Als Elsa vor dem Haus anhielt, wischte er sich den Mund ab, zog sein fleckiges Hemd an und ging hinaus. «Steigen Sie bitte ein. Ich möchte Ihnen etwas zeigen», forderte sie ihn auf.
    Sie entfernten sich einige Kilometer vom Dorf, bis sie einen Ort erreichten, wo der Mais sich still wie eine undurchlässige Wand erhob. Natürlich hatte man ihnen aus Gärten und Höfen, hinter Zäunen und Fenstern nachgeblickt, als sie in die Hauptgasse eingebogen und am Ende des Dorfes auf einem Feldweg weitergefahren waren.Elsa hielt an und legte die Zügel ab. Während der Fahrt hatte sie nichts gesagt und ihn kein einziges Mal angeblickt. Nur die Hände in ihrem Schoß verrieten jetzt ihre Aufregung.
    «War Ihr Angebot ernst gemeint?»
    «Wäre ich sonst noch hier?»
    Sie streckte den Arm aus und machte eine ausladende, halbkreisförmige Bewegung. «Das alles gehört uns. Ich habe es nach meiner Rückkehr gekauft.»
    «Du hast die Mittel dazu, Schwester.»
    «Ja, ich habe die Mittel. Und woher soll ich wissen, dass Sie es nicht darauf abgesehen haben?»
    «Aber natürlich habe ich es darauf abgesehen. Ich sagte schon, dass ich einen Hof brauche. So arm, wie ich bin, kann ein wenig Wohlstand nicht schaden. Die Reichen können sich Schuld immer gut leisten, die Armen aber müssen schauen, wie sie durchkommen.»
    Solche Ehrlichkeit entwaffnete sie, sie wusste nicht, ob sie es nun mochte oder ob es sie abstieß. Aber auf jeden Fall war dieser Mann einzigartig, meilenweit von den amerikanischen Männern entfernt, die geschliffen, gedämpft und letztlich langweilig waren. Bei diesem hier würde sie immer wissen, woran sie war. Das meinte sie jedenfalls.
    «Sind Sie immer so ehrlich?», fragte sie.
    «Warum nicht, wenn ich es brauchen kann?»
    «Aber wenn Sie mir das alles von vornherein erzählen, könnte es doch sein, dass mich das stört.»
    «Das könnte sein. Aber lieber sage ich es klipp und klar, sodass keine Missverständnisse entstehen. Ich bin so, wie ich bin. Außerdem: Welchem Bauer, der heiratet, ist die Mitgift nicht wichtig?»
    Sie blickte zur Seite und räusperte sich. «Mein Vater meint, dass ich mich nicht darauf einlassen darf. Wir sind immerhin Obertins und Sie ein Niemand.»
    «Das kann schon sein, aber was nützt es dir denn, eine Obertin zu sein, wenn du keine Erben hast?»
    Er stieg aus und ging einige Schritte vor. Über dem Kornfeld drehte ein Bussard seine Runden, dann stieß er aus großer Höhe herab, bremste ab und stieg wieder auf.
    «Was meinst du zu dem, was dein Vater sagt?», fragte er.
    «Ich sehe das anders. Mir ist das nicht so wichtig. Aber ich kenne Sie nicht.»
    «Das kann sich schnell ändern.»
    «Wenn Sie wollen, dass ich Sie heirate, dann müssen Sie Geduld haben. Und Sie müssen einen Beruf erlernen. Es geht nicht, ohne dass Sie etwas Anständiges gelernt haben.»
    «Du schickst mich in die Schule, Schwester? Ich habe kein Geld.»
    «Ich schon. Immerhin können Sie lesen.»
    «Lesen und schreiben. Ich war in der Grundschule. Vater hat es so gewollt.»
    Als sie ihn an jenem ersten Tag zurückbrachte, er ausgestiegen war und sich schon entfernen wollte, sagte sie noch: «Und Jakob-ohne-Nachnamen, wir werden uns siezen. Wir werden uns immer siezen.» Daran hielt sich Mutter ein Leben lang. Es war, als ob sie einen Sicherheitsabstand brauchte, wie um zu zeigen, dass sie nicht ganz nachgegeben hatte.
    Jeden Tag zur selben Zeit stand die Kutsche

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