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Jacob beschließt zu lieben - Roman

Jacob beschließt zu lieben - Roman

Titel: Jacob beschließt zu lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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dieser neben Elsa in der Kutsche Platz genommen hatte:
    «Wann gibt es denn die amtliche Trauung? Es gibt doch eine amtliche Trauung, nicht wahr? Sonst komme ich in Teufels Küche.»
    «Jeder muss mal in Teufels Küche, da kann man nichts machen. Ob ein Mann Gottes oder nicht, keiner ist davor sicher. Aber wenn es Sie beruhigt: Zuerst wartet die Erde auf uns, und sie wartet nicht lange. Wir haben viel zu tun, pflügen, Kartoffeln, Rüben, Raps und Mais pflanzen. Erst nach Ostern, nachdem wir das Lamm geschlachtet haben, dann werden wir auch beim Staat anklopfen. Bleiben Sie gesund, Herr Pfarrer», erwiderte Jakob.
    Auf dem Rückweg ins Dorf griff Jakob sich plötzlich in die Tasche, holte die Taschenuhr heraus, ließ sie an ihrer Kette baumeln, als ob er Elsa hypnotisieren wollte. «Leider besitze ich nichts, was ich Ihnen schenken könnte, außer dieser Taschenuhr.» Sie ließ die Taschenuhr gedankenverloren in ihren Schoß fallen und spielte mit dem Ring, zog ihn ab und steckte ihn wieder an. Irgendwann würde er einfach auf ihrem geschwollenen Finger stecken bleiben. Sogar ihre Finger würden sich dann gegen sie gestellt haben.
    Zu Hause setzte sich Jakob hin, knöpfte das Hemd auf und zog die Krawatte ab. Immer wieder sah er auf die Uhr, als ob er eine Verabredung hätte, summte sein Lied vor sich hin und ließ den Zeigefinger rhythmisch auf den Tisch klopfen.
    «Ziehen Sie sich nicht um?», fragte ihn Elsa.
    «Noch nicht, und auch Sie sollten es noch nicht tun.»
    «Fahren wir noch irgendwohin?»
    «Ja. Das wird sogar Ihnen gefallen.» Er spuckte herzhaft auf seine Stiefel und polierte das Leder mit dem Jackenärmel.
    «Wohin?», fragte Elsa.
    «Zum Sturmläuten.»
    Als es endlich so weit war, sagte er zu ihr: «Steigen Sie ein, jetzt ist die Zeit gekommen. Sie sitzen bestimmt alle beim Nachtessen.» Auf dem Weg zur Kirche hielt er beim Haus des Burghüters an. Er blieb auf dem Kutschbock sitzen und rief: «Strubert, komm mal heraus!» Es brauchte mehrere Anläufe, bis es klappte. Strubert riss die Tür auf und trat vor sein Haus, die Haare zerzaust. Er bemühte sich, den Arm in den Hemdsärmel zu schieben.
    «Wo brennt es denn?»
    «Es brennt nicht, Strubert, aber es wird Sturm geben.» Jetzt sprang Jakob hinunter und ging auf Strubert zu. Elsa war genauso verwirrt wie der Burghüter.
    «Sturm?», wiederholte Strubert und suchte den Himmel nach Sturmzeichen ab.
    «Genau, und ich brauche dich, damit du die große Glocke läutest.»
    «Aber es gibt doch gar keinen Grund dazu.»
    «Und ob, Strubert, und ob. Du wirst den Grund verstehen, nachdem du das getan hast, was ich möchte.»
    «Die Glocke wird erst wieder morgen früh geläutet, für die Kirche.»
    Jakob machte einen weiteren Schritt auf ihn zu, und Strubert musste zurückweichen. Er trat auf eine leere Weinflasche, verlor das Gleichgewicht und fiel hin. Jakobbaute sich vor ihm auf. «Strubert, du stinkst nach Fusel. Wie viel bezahlt dir das Dorf für deine Dienste? Vielleicht findet man bald einmal heraus, dass es viel zu viel für einen ist, der Orkane und Feuersbrünste nicht rechtzeitig ankündigt. Vielleicht sogar, dass man auf so einen verzichten kann. Könntest du dann von deinem wenigen Stück Vieh und dem bisschen Land leben? Dann müsstest du wohl richtig arbeiten. Also, ich frage dich noch einmal», sagte Jakob, streckte Strubert die Hand hin und half ihm auf die Beine. «Siehst du jetzt den Sturm dort im Westen aufziehen? Die schwarzen Wolken, die sich auftürmen? Schau genau hin.»
    Nur zögerlich antwortete der Burghüter: «Ja, ich glaube, ich sehe was. Da braut sich wohl was zusammen.»
    «Na also, wie konntest du dann sagen, dass du nichts siehst? Du wirst die Glocke läuten, bis sich das ganze Dorf versammelt hat. Ich werde dir zunicken, wenn du aufhören sollst.» Er klopfte Strubert den Staub ab und legte ihm freundschaftlich den Arm um die Schulter. Als Strubert auf den Karren sprang und Elsa grüßte, meinte Jakob noch:
    «Du sollst läuten, als ob es der Jüngste Tag wäre.»
    «Woher soll ich denn wissen, wie man am Jüngsten Tag läutet?»
    «Ich verlasse mich darauf, dass du das weißt.»
    Das Sturmläuten erklang in der Stille eines gemütlichen, friedlichen Samstagabends. Die Menschen eilten auf die Gasse und suchten Himmel und Erde nach Anzeichen einer neuen Gefahr ab. Als sie nichts entdecken konnten und das Läuten schneller und aufdringlicher wurde, machten sie sich einzeln oder in Gruppen zur Kircheauf. Dort wartete Jakob

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