Jaeger
aufgerissenen Augen kauerte sie auf der obersten Stufe einer in die Tiefe führenden Holztreppe. Marina beugte sich hinunter und riss Josephina in ihre Arme.
»Ist ja gut, ist ja schon gut, Mami ist jetzt da …«
Mit ihrer Tochter im Arm stand sie auf. Sie hielt sie fester, als sie sie jemals zuvor gehalten hatte. Sie wollte sie nie wieder loslassen.
Josephina ging es nicht anders. Sie klammerte sich an ihre Mutter, als hinge ihr Leben davon ab. Marina strich ihr die von Tränen und Flusswasser durchnässten Haare aus dem Gesicht. Sie selbst schluchzte hemmungslos und konnte vor lauter Tränen kaum noch etwas sehen. Wie oft hatte sie in den letzten Tagen daran gezweifelt, dass sie ihre Tochter jemals wiedersehen, sie jemals wieder im Arm halten und ihre Stimme hören würde? Und nun waren sie tatsächlich wiedervereint.
»Haben sie dir weh getan, Liebes? Haben sie …«
Marina spürte, wie Josephina an ihrer Brust den Kopf schüttelte.
»Ich wollte die ganze Zeit zu dir, Mami …«
»Das weiß ich, mein Schatz, das wollte ich auch.« Marina umklammerte ihre Tochter noch fester. »Aber jetzt bin ich ja da, und ich lasse dich nie wieder weg, versprochen.«
Statt etwas zu erwidern, krallte Josephina die Finger in die Jacke ihrer Mutter.
Marina griff in ihre Handtasche und zog das schmutzige, zerliebte Stofftier ihrer Tochter hervor. »Schau mal«, sagte sie. »Lady ist auch gekommen. Sie wollte dich unbedingt sehen.«
Josephina nahm den Hund und drückte ihn fest an sich.
»Nein, wie herzerweichend.«
Ruckartig hob Marina den Kopf. In der Tür stand Amy alias Dee Sloane. Sie war immer noch nackt, ihr Gesicht eine blutige Fratze.
In der Hand hielt sie die Pistole.
118 Sandros Schlag saß. Der Golem taumelte ein paar Schritte zurück.
»Treffer«, stieß Sandro zwischen heftigen Atemzügen hervor.
Der Golem jedoch hatte sich rasch erholt und funkelte Sandro an. Er hatte schon wieder dieses unheimliche Grinsen im Gesicht.
»Du kannst mir nicht weh tun«, sagte er. »Du kannst mich nicht töten.«
Die Fäuste vor dem Gesicht, tänzelte Sandro von einem Fuß auf den anderen. Er überlegte, was er als Nächstes tun, auf welche Körperstelle er zielen, von wo er am besten angreifen sollte. »Ach ja? Also, ich finde, dass du ziemlich ramponiert aussiehst. Als hätte dich vor mir schon jemand anders in die Mangel genommen.«
Genau wie Sandro blieb auch der Golem die ganze Zeit über in Bewegung, wenngleich er nicht so flink und leichtfüßig war wie Sandro. Er war kein ausdauernder Kämpfer, sondern verließ sich normalerweise auf seine Kraft und Größe.
»Ich bin nicht ramponiert.« Ein Auflachen. »Ich bin unverwundbar. Niemand kann mich besiegen.«
»Wenn du meinst.«
Insgeheim jedoch beschlich Sandro die Ahnung, dass an den Worten dieses Golem vielleicht doch etwas dran sein könnte. Die Tote auf dem Fußboden sprach eine deutliche Sprache. Und allein seine Körpergröße … Sandro hatte schon gegen große Männer gekämpft, und es waren harte Fights gewesen. Wenn große Kerle ihr ganzes Gewicht in einen Schlag legten, konnten sie damit ziemlich üblen Schaden anrichten. Er hatte jeden erdenklichen Trick anwenden müssen, nur um zu verhindern, von solchen Gegnern gnadenlos untergepflügt zu werden. Und keiner von denen war so ein Hüne gewesen wie dieser hier. Er musste den Fight gewinnen. Denn wenn er ihn verlor, war er tot.
Der Golem griff an. Schneller, als Sandro erwartet hatte. Er hatte gerade noch Zeit auszuweichen, als die Faust des Riesen auf ihn zugeflogen kam.
Er nutzte den Schwung des Ausweichmanövers, tauchte seitlich unter dem Arm seines Gegners hindurch und landete ein paar Geraden gegen seine Rippen. Seine Finger schrien vor Schmerz, und er hatte das Gefühl, auf eine Betonwand einzudreschen, aber als er einen Blick auf die Stelle warf, wo er den Golem getroffen hatte, sah er, dass unter dessen T-Shirt Blut hervorsickerte.
Na, bitte , dachte Sandro. Die Wunde am Arm ist also nicht seine einzige. Das ist doch schon mal ein Anfang.
Erneut schwang er die Fäuste, doch der Golem war auf den Angriff vorbereitet. Er holte aus und schlug Sandro mit der flachen Hand ins Gesicht, so dass dieser nach hinten flog. Er stolperte über die Leiche der Frau und fiel in den verrotteten Vorhang vor dem Fenster. Er wollte sich daran festhalten, um den Sturz zu bremsen, riss dabei jedoch den Vorhangstoff samt Stange herunter.
Sofort stand der Golem über ihm.
Verzweifelt versuchte Sandro sich
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