Jäger der Dämmerung
immer noch sagen, dass es an den Schmerzmitteln liegt, die er bekommt. Ja, das würde das Krankenhauspersonal ihr ganz sicher abkaufen!
Doch es könnte auch sein, dass keine Ausreden nötig waren. Erin holte tief Luft und begann: »Sie müssen wissen, Lee, dass es in dieser Welt sehr viel mehr gibt, als den meisten Menschen bewusst ist …«
Jude wartete auf sie, als sie aus dem Krankenzimmer kam. Er hatte sie leise reden gehört und war erstaunt gewesen.
Wenn auch gewiss nicht so erstaunt wie Lee Givens gewesen sein dürfte, als Erin ihm eröffnete, dass sie eine Art Werwolf war.
Mit gesenkten Schultern war sie aus dem Zimmer getreten, doch ein Strahlen war über ihr Gesicht gegangen, sowie sie ihn sah. Ein gutes Zeichen. Er nahm ihre Hand und ging mit ihr zum Fahrstuhl. Mittlerweile war es fast ein Uhr nachts. Im Wartebereich saß eine Frau mit einem schlafenden kleinen Jungen auf dem Schoß. Sie strich dem Kleinen über die Locken und weinte dabei leise summend vor sich hin.
Erin sah zu den beiden, ehe sie in den Fahrstuhl stieg.
Jude wartete, bis die Türen geschlossen waren. »Er schien es ziemlich gefasst aufzunehmen.«
»Seine Großmutter war eine Hexe. Er wusste bereits von den Anderen. «
Jude hatte es von draußen gehört, ließ Erin aber trotzdem weitererzählen, denn er glaubte, dass sie es brauchte.
»Ich dachte, er würde mir die Schuld geben.«
Die Lichter an der Fahrstuhlwand blinkten, während sich die Kabine nach unten bewegte.
»Das hat er nicht«, sagte sie verwundert. »Er hat mir gedankt. Er ließ mich ausreden, ihm alles über Harper erzählen und hat sich bedankt !«
Vielleicht war Lee Givens doch kein solches Arschloch, wie Jude immer geglaubt hatte.
»Er meinte, es würde vieles anders für ihn, weil er eine zweite Chance bekommen hatte.«
Und zweite Chancen waren selten.
Das letzte Licht leuchtete auf. Sie waren im Erdgeschoss, und die Türen glitten leise auf. Erin machte einen Schritt vorwärts, dann zögerte sie. »Ich möchte heute Nacht nicht nach Hause. Nicht dorthin, nicht heute.«
Und er wollte auch nicht mit ihr zu seiner Hütte fahren, denn dann müsste er mit ihr am Tatort vorbeifahren.
»Keine Sorge«, sagte er, nahm ihre Hand und führte sie an seine Lippen. Sie lebte. Immer wieder musste er sich das sagen, denn ihm wollte das Bild von dem aufgerissenen Wolfsmaul über ihrer Kehle nicht aus dem Kopf. »Ich habe schon alles arrangiert, Süße.« Er blickte in ihre goldenen Augen. »Es ist alles geregelt.«
Als er die Eingangstür des Hotels aufstieß, saß derselbe Punk am Empfang wie beim letzten Mal.
Der Junge riss die Augen weit auf. Aha, er erkannte Jude also wieder. Er sah kurz zu Erin, dann zurück zu Jude. »Wieder zwei Zimmer?«
Ein bisschen zu keck. Jude knallte das Geld auf den Tresen. »Eines, mit einem großen Bett.«
Die Akne des Punks war keinen Deut besser geworden. »Sind Sie sicher, dass Sie nur ein Zimmer wollen?« Die Frage richtete sich an Erin.
Wieso musste Jude sich mit diesem Idioten herumschlagen? Hatte er in den letzten Stunden nicht schon genug Mist erlebt?
»Ein Zimmer«, bestätigte sie mit einer Stimme, die Verführung pur war.
Der Junge schluckte und schob eine Schlüsselkarte über den Tresen.
Jude legte einen Arm um Erin und ging mit ihr zur Treppe.
»Glückspilz.« Der Bursche dachte sicher, Jude würde ihn nicht hören, und wäre er menschlich, hätte er es auch nicht.
Jude drehte sich zu ihm um. »Ja, der bin ich.« Und er hoffte sehr, dass sein Glück anhielt. Denn nun, da die Gefahr überstanden war, wollte er Erin nicht wieder verlieren.
Schweigend gingen sie nach oben. Erin stieg langsam und sichtlich erschöpft die Stufen hinauf. Zweifellos war sie nach dieser Nacht kurz vor dem Zusammenbruch.
Jude schob die Schlüsselkarte in den Schlitz. Das Licht blinkte grün, und Erin öffnete die Tür.
Es war ein anderes Zimmer als letztes Mal, allerdings im gleichen Stil gehalten.
Jude bemühte sich, nicht darauf zu achten, dass er vollständig erregt war und am liebsten sofort über Erin herfallen wollte.
Rücksicht war geboten, also wäre er rücksichtsvoll. »Du musst dich ausruhen«, sagte er, als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel.
Erin nickte und zog sich das hässliche grüne Kittelhemd über den Kopf. Ihr weißer BH war blutverschmiert. Genauso wie ihre Brust. »Erstmal brauche ich eine Dusche.« Sie kehrte ihm den Rücken zu, so dass sein Blick unweigerlich zu ihren wunderbaren Hüften und dem wahrhaft
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