Jäger der Nacht (German Edition)
Sascha?“, fragte Lucas und hielt sie in der Taille fest, als sie an ihm vorbeikam.
Sie lehnte sich gegen ihn. „Vielleicht irre ich mich auch, aber nur eine Medialenfamilie in dieser Gegend hat viele Rothaarige. Das rezessive Gen tritt besonders häufig im Geschlecht der NightStar auf.“ Sascha hörte sich in diesem Augenblick sehr wie eine Mediale an. Das war auch nicht anders zu erwarten, sie war ja erst ein paar Monate bei den Katzen. Sie brauchte noch Zeit.
„Das Geschlecht der NightStar?“ Lucas’ Finger fuhren spielerisch durch Saschas Haare.
„Miteinander verwandte Familien, die unter dem Namen NightStar einen Clan bilden.“
„Du hast mir vor kurzem erzählt, V-Mediale würden einen Clan brauchen.“ Vaughn verschränkte die Arme, es juckte ihn in den Fingern, die flammendroten, seidigen Haare der Frau zu spüren, die genauso geschickt klettern konnte wie alle ihm bekannten Katzen.
Sascha nickte. „Der NightStar-Clan bringt immer wieder V-Mediale hervor. Sie sind sehr selten, aber NightStar hat in jeder Generation mindestens einen. Manchmal nur schwache, manchmal aber auch sehr starke. In dieser Gegend ist Faith NightStar die einzige kardinale V-Mediale.“
Faith.
Vaughn ließ den Namen auf der Zunge zergehen und er schien genau zu passen. „Sie heißt genauso wie der Clan?“
„Ja. Ich weiß nicht warum, aber so ist es nun mal bei ihnen. Sie fühlen sich mehr dem Clan als ihrer Familie zugehörig.“ Sascha biss sich auf die Lippen. „Die Augen einer Kardinalen, rote Haare und dazu noch ein abgeschiedenes Leben – das könnte auf Faith passen, aber ich kenne natürlich nicht jeden Medialen, der hier lebt.“
„Bist du ihr nie begegnet?“, fragte Lucas.
„Nein. Die V-Medialen sind wie Schatten. Man bekommt sie kaum zu Gesicht. Selbst niedrige Ränge hält man für zu wichtig, um sie ungeschützt zu lassen.“
„Warum sollte eine V-Mediale dich sprechen wollen?“ Lucas sah Vaughn an. „Hat sie sonst noch etwas gesagt?“
„Nein, aber sie wartet jetzt schon mehr als eineinhalb Stunden, wenn sie noch dort ist.“ Aus irgendeinem Grund wurde Vaughn langsam nervös. „Wir sollten uns darum kümmern.“
„Ich will mit ihr reden“, sagte Sascha.
„Kommt nicht infrage.“
„Nein.“
Beide Männer hatten gleichzeitig geantwortet. Lucas als beschützender Mann und Vaughn als Wächter. Sascha verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. „Ihr zwei werdet es wohl nie begreifen. Ich werde nie ein gehorsames Weibchen sein.“
Lucas warf ihr einen finsteren Blick zu.
„Keiner von euch beiden weiß, wie man mit ihr umgeht, welche Fragen man stellen muss. Vaughn hat ihr wahrscheinlich so viel Angst eingejagt, dass sie sowieso nichts mehr sagt.“ Sie sah ihn mit nachtschwarzen Augen an.
„Mediale haben doch keine Angst.“ Aber ihr Handgelenk war sehr zart gewesen. „Sie ist viel kleiner als du.“ Und Sascha war schon trotz ihrer Größe im Vergleich zu den Gestaltwandlern sehr zart gebaut.
Sascha nickte. „Das spricht dafür, dass sie wirklich eine V-Mediale ist. Nun kommt schon. Und keine weiteren Diskussionen.“
Lucas ließ ein leises Knurren hören. Vaughn verließ vorsichtshalber den Raum und nutzte die Gelegenheit, um auf der Veranda die Jeans auszuziehen, in der immer noch die Uhr steckte, und sich zu verwandeln. Er wartete, bis Lucas und Sascha herauskamen.
„Lauf voraus und erkunde die Gegend. Sascha und ich werden dir im Wagen folgen.“ Lucas hörte sich nicht gerade begeistert an und Vaughn konnte ihm keinen Vorwurf machen. „Und wenn dir irgendetwas auffällt, gib Sascha Bescheid.“
Vaughn nickte. Sascha war mit den Wächtern im Sternennetz verbunden; Vaughn war nicht besonders wohl dabei, aber manchmal war es durchaus nützlich. Sie konnten zwar nicht telepathisch miteinander kommunizieren, aber sie konnten einander Gefühle übermitteln. Dieser bedeutende Unterschied zum Medialnet dämpfte ein wenig Vaughns aggressive Impulse.
Er nickte noch einmal und sprang vom Baumhaus hinunter auf den Waldboden. Die Nachtluft strich kühl und zart über ihn hinweg und er spürte die weiche Erde unter seinen Pfoten. Er rannte los.
4
Faith wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, seit die Raubkatze ihr die Uhr abgenommen hatte. Sie vermutete, dass es mindestens zwei, wenn nicht drei Stunden her war. Wenn er nun nicht die Absicht hatte wiederzukommen? Sie atmete tief durch und zwang sich zur Konzentration. Wenn er nicht zurückkam, würde sie eben wieder in den
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